Frisch gestrichen
21.04.2020 Bezirk Waldenburg, BretzwilFrisch gestrichen sind im neu besetzten Bergrestaurant Stierenberg nicht nur die Innenwände, gestrichen ist vorerst auch der Umsatz. Dass dem neuen Wirtepaar das Lachen dennoch nicht vergeht, liegt auch an der Bürgergemeinde Bretzwil, die den beiden für die Zeit der Coronakrise die Miete fürs ...
Frisch gestrichen sind im neu besetzten Bergrestaurant Stierenberg nicht nur die Innenwände, gestrichen ist vorerst auch der Umsatz. Dass dem neuen Wirtepaar das Lachen dennoch nicht vergeht, liegt auch an der Bürgergemeinde Bretzwil, die den beiden für die Zeit der Coronakrise die Miete fürs Restaurant erlässt.
Sebastian Schanzer
Das nennt man dann wohl einen Start unter erschwerten Bedingungen: Als neue Pächter haben Andrea Kämpfer und Konrad Andermatt das Bergrestaurant Stierenberg in Bretzwil am 15. Februar eröffnet. Erste Gäste kamen, man lernte sich kennen, knüpfte Kontakte und das Wirtepaar konnte bereits zahlreiche Anfragen für Reservierungen entgegennehmen. Die folgenden Tage und Wochen bestätigten der Wirtin aus dem Bernbiet und dem Landwirt aus dem Kanton Zug, was sie bereits vom Hörensagen wussten: Der Stierenberg ist eine der beliebtesten Wanderdestinationen im Baselbiet. «Wir waren bereit für eine super Saison», sagt Kämpfer. Alle Wände im Innern des Restaurants wurden vorab frisch gestrichen. «Es wäre alles so schön gewesen.»
Wäre. Das Coronavirus hat den Beizern den Start in die Saison gründlich ruiniert. Einen Monat nach der Eröffnung mussten die beiden auf Geheiss der Behörden den Laden wieder dichtmachen – auf unbestimmte Zeit. Trotz derzeit schönsten Wanderwetters und entsprechendem Wandervolk können Kämpfer und Andermatt keine Getränke ausschenken, keine Pommes frites servieren, nicht einmal Sitzgelegenheit dürfen sie den Passanten anbieten. Ein Kühlschrank mit Snacks, kalten Getränken und Glaces im Eisfach ist das Einzige, was die Besucher auf dem Stierenberg erwartet.
Diese zeigten sich zu Beginn enttäuscht. «Noch vor Ostern kamen die Leute aus allen Winkeln und wollten sich bei uns hinsetzen und sich ausruhen», erzählt Andrea Kämpfer. Deshalb musste man den Zugang zur Terrasse schliessen. Mittlerweile hätten die Wanderer aber Verständnis und zeigten grosse Solidarität.
Auch trockene Weiden bereiten Sorgen
Dabei geht es dem Wirtepaar verglichen mit anderen Beizern noch gut. Die Bürgergemeinde Bretzwil hat als Eigentümerin des Betriebs den Pächtern die monatliche Pacht von 1500 Franken für das Restaurant und den Stall erlassen – so lange, bis der Betrieb wieder öffnen darf. Wann es so weit sein wird, ist unklar. Die am vergangenen Donnerstag kommunizierte Ausstiegsstrategie des Bundes liess bei den Gastronomen nur wenig Hoffnung auf eine baldige Lockerung aufkommen. Immerhin: «Wir wohnen hier oben und haben wegen des Mieterlasses für den Restaurantbereich nur geringe Auslagen», sagt Konrad Andermatt. Zudem habe man ein Gesuch für Kurzarbeit eingereicht. «Wie lange wir mit dieser Situation klarkommen, hängt davon ab, ob unser Gesuch bewilligt wird oder nicht», so Kämpfer. Seit mehr als zwei Wochen warten die beiden auf den Entscheid. «Diese Ungewissheit ist schwer zu ertragen», sagt ihr Partner. Denn bis die allfällige Abhilfe durch den Staat kommt, schrumpft das Betriebskapital.
Ein Einkommen ist dem Paar allerdings sicher: Konrad Andermatt ist zu rund 20 Prozent bei der Bürgergemeinde als Hirt des Sömmerungsbetriebs angestellt. Rund 15 Rinder und 40 Mutterkühe mit ihren Kälbern verbringen jährlich den Sommer auf den für Baselbieter Verhältnisse hoch gelegenen Weiden um den Stierenberg. Die Bürgergemeinde hatte sich bei der Ausschreibung der Stelle gewünscht, dass der Betreiber des Gasthauses auch für den Sömmerungsbetrieb verantwortlich sein soll. Allerdings sind auch die Einnahmen der Bürgergemeinde durch den Sömmerungsbetrieb in Gefahr. Wenn es weiterhin so trocken bleibt, wird auf den Weiden kaum Futter zu holen sein.