CARTE BLANCHE
07.04.2020 PolitikLieferkette à la Kienberg
Adriana Gubler, Gemeindepräsidentin Kienberg, FDP
Praktisch über Nacht ist alles anders. Wir sollen, wenn möglich, zu Hause bleiben, ältere Personen erst recht. Der Halt in der Dorfbeiz, das ...
Lieferkette à la Kienberg
Adriana Gubler, Gemeindepräsidentin Kienberg, FDP
Praktisch über Nacht ist alles anders. Wir sollen, wenn möglich, zu Hause bleiben, ältere Personen erst recht. Der Halt in der Dorfbeiz, das Stammtischgespräch, das gesellschaftliche Leben, die alltäglichen Gewohnheiten: von einem Tag auf den anderen ersatzlos gestrichen.
Die bundesrätlichen Anordnungen sind für unsere Gesellschaft Neuland. Wir wissen nicht, wie lange der Lockdown noch dauert und welche neuen Massnahmen und Verbote auf uns zukommen. Das Coronavirus sorgt für Unbehagen, Verunsicherung und Ängste. In dieser Zeit ist deshalb vor allem eines gefordert: Solidarität. Niemand soll sich in diesen Zeiten auf sich allein gestellt fühlen.
In unserem Dorf ist eine regelrechte Solidaritätswelle ausgebrochen. Verschiedene freiwillige Helferinnen und Helfer haben die Ärmel hochgekrempelt und springen dort ein, wo Unterstützung gebraucht wird. Es sind die kleinen Bemühungen, die eine ganz grosse Wirkung erzielen: Den Hund einer Person ausführen, die selber nicht mehr nach draussen gehen kann. Einen alleinstehenden Senior anrufen, um ihm mitzuteilen, dass man für ihn da ist. Oder die Hauslieferung des dringend benötigten Medikaments organisieren.
In Kienberg wird die Nachbarschaftshilfe traditionell grossgeschrieben. Innert Tagesfrist haben freiwillige Personen eine funktionierende Lebensmittel- und Medikamenten-Lieferkette auf die Beine gestellt. Sie sichern damit die Versorgung von Einwohnerinnen und Einwohnern, die vorläufig nicht selber einkaufen gehen können oder sollen. Wer seine Bestellung bis 16 Uhr aufgibt, erhält diese am Folgetag bis spätestens 12 Uhr. Das Angebot ist handgestrickt. Es sind beispielsweise drei Brüder im Kindergarten- beziehungsweise Schulalter, die zu Fuss die ersten Bestellungen im Dorf ausgetragen haben. Wir können auch mit wenigen Mitteln Wertvolles leisten.
Die Solidaritätswelle in Kienberg zeigt: Wir sind in Krisenzeiten in der Lage, zusammenzuhalten und uns gegenseitig zu unterstützen. Es werden Kooperationen möglich, wo sie vor der Notsituation infolge des Coronavirus wohl nicht möglich gewesen wären – aus welchem Grund auch immer. Ich bin unheimlich stolz auf die Solidaritätswelle in unserer Gemeinde und möchte mich bei allen engagierten Personen von ganzem Herzen bedanken. Sie leisten einen bedeutenden Einsatz und tragen dazu bei, dass ältere Personen gemäss bundesrätlicher Empfehlung zu Hause bleiben können!
Eine Gesellschaft, die zusammensteht, meistert noch so schwierige Herausforderungen. Und gerade hier zahlt sich die Kleinräumigkeit unserer Schweiz aus, denn die Solidarität beginnt im Kleinen oder im Dorf. Man hilft dem Nachbarn, den man kennt. Es ist meine tiefste Überzeugung, dass sich das gemeinnützige Engagement auch für die Helfenden auszahlt – und damit meine ich zuallerletzt eine finanzielle Abgeltung.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.