Kampf um den Gemsacker
12.03.2020 BöcktenReferendumsabstimmung zu Wohnüberbauung
Am 22. März entscheiden die Böckter in einer Referendumsabstimmung über den Quartierplan für eine Wohnüberbauung mitten im Dorf. Der Widerstand richtet sich nicht gegen das Zubetonieren einer Grünfläche, ...
Referendumsabstimmung zu Wohnüberbauung
Am 22. März entscheiden die Böckter in einer Referendumsabstimmung über den Quartierplan für eine Wohnüberbauung mitten im Dorf. Der Widerstand richtet sich nicht gegen das Zubetonieren einer Grünfläche, sondern gegen den Mehrverkehr.
Christian Horisberger
Der Abstimmungskampf um den Böckter Quartierplan Gemsacker ist in vollem Gang. Anfang Woche flatterte ein Flugblatt des Referendumskomitees gegen die Wohnüberbauung in die Briefkästen, heute kontern die Planer. Am 22. März fällt an der Urne der Entscheid.
Strittiger Punkt ist der Mehrverkehr, der in Böckten durch die 29 neuen Wohneinheiten mit 80 bis 90 Bewohnern generiert wird; das Gegenkomitee spricht von 100 bis 150 zusätzlichen Fahrten pro Tag. Die zu erstellende Zufahrtsstrasse zum neuen Quartier sei im Gegenverkehr geplant und bleibe sehr schmal. Das sei Stückwerk ohne Bezug zu einem Gesamtkonzept, kritisieren die Gegner. Wünschenswert sei eine Ringstrasse im Einbahnverkehr. Auch vor dem Bauverkehr während «mindestens drei bis fünf Jahren» wird gewarnt. «Wie kann die Sicherheit auf dem Schulweg in dieser Zeit gewährt werden?», fragt das Komitee in seinem Flugblatt.
Das Referendum gegen den Gemeindeversammlungsbeschluss vom 13. Dezember war nicht erwartet worden. Am Projekt zwischen dem Bahndamm und längst bestehenden Wohnbauten wird seit rund zehn Jahren geplant, geprüft, diskutiert und nachgebessert. Gemeinde und Bevölkerung konnten sich einbringen, auf fast alle in der Vernehmlassung kritisierten Punkte sei eingegangen worden, sagt der verantwortliche Architekt Reto Buess. Die Gemeinde habe gemischte Angebote gewünscht, die Planer entwarfen eine Siedlung mit zwei Mehrfamilien-, sechs Einfamilien- und acht Doppeleinfamilienhäusern. Auf eine stark verdichtete Bauweise sei bewusst verzichtet worden, erklärt Buess. Der Kanton und die Gemeinde würden den Bebauungsplan befürworten.
Nun also das Referendum. Dabei hatte die Gemeinde erst vor zwei Jahren die Zufahrt und einen Fussweg zum entstehenden Wohnquartier in den kommunalen Strassennetzplan aufgenommen. Buess bestreitet eine Verkehrszunahme nicht. Aber das Mass sei verträglich: Eine von der Gemeinde in Auftrag gegebene Studie habe ergeben, dass es zu keiner Überbeanspruchung des Strassennetzes kommen wird, sagt der Planer.
Die Qualität und Sicherheit der Strasse, die zum Quartier führt, würde markant verbessert – auf die Rechnung der Bauherrschaft. So ist an einem bisherigen Engpass im Bereich Schulweg/Bündtenweg ein Trottoir vorgesehen. Um den Dorfplatzcharakter des Bereichs bei einem Brunnen zu erhalten, werden die Strasse verschoben und der Brunnen versetzt. Dadurch macht die Strasse neu einen Schlenker, was die Geschwindigkeit – es gilt Tempo 30 – zusätzlich drosselt. Das seien alles Anliegen, die aus der Vernehmlassung hervorgingen, erklärt Buess.
Befremdet von Referendum
Nur der Einbahnverkehr, den das Komitee zur Verkehrserschliessung der neuen Wohnungen und Häuser fordert, habe nicht realisiert werden können, sagt der Planer. Der Bereich einer möglichen «Ausfahrt» aus dem Quartier ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. «Wir haben zusammen mit der Gemeinde alle Möglichkeiten analysiert», versichert er. Die gewählte Variante sei die einzige Option.
Die weiteren Argumente der Gegner sind breit gefächert. Zum Teil wirken sie gesucht: Es existiere keine Studie darüber, ob die Überbauung der Gemeinde und der Dorfschule einen effektiven Gewinn bringen kann. Böckten benötige zuerst ein umfassendes Gesamtkonzept über Verkehr, Wasserversorgung, Schule und andere Einrichtungen, da ein weiteres Wohnprojekt die Einwohnerzahl zusätzlich ansteigen lasse. Eine Steuererhöhung könne ein Thema werden, damit die Gemeinde den wachstumsbedingten Verpflichtungen nachkommen könne. Der Kredit über 775 000 Franken und weitere Kosten wie eine Schulhauserweiterung könnten ein Thema werden.
Architekt Buess hält dazu fest: Beim Kredit über eine Dreiviertelmillion Franken handle es sich um eine Vorfinanzierung der Gemeinde, das Geld werde vollumfänglich in Form von Anschlussgebühren in die Kanalisations- und Wasserkasse zurückfliessen. Falsch seien laut Buess die Behauptungen, dass der «Hinter-Dorfkern» um den Brunnen verloren gehe und die Bauzeit drei bis fünf Jahre betrage. Jener Platz werde vielmehr aufgewertet und die Überbauung dauere höchstens drei Jahre.
Kein Thema ist auf dem Flugblatt der Gegner der Wunsch nach Genossenschaftswohnungen. Diesen hatte Referendums-Initiant Donat Oberson neben der Verkehrszunahme als Hauptargument gegen die Überbauung angeführt. Gemäss Architekt Buess habe er Oberson vor dem Referendum in einem persönlichen Gespräch seine Bereitschaft signalisiert, in der Detailplanungsphase darauf einzugehen. Vorausgesetzt, ein Interesse an entsprechenden Wohnungen sei erkennbar. «Wir waren offen für Wünsche und Anregungen. Da befremdete es uns, dass Herr Oberson das Referendum dennoch lancierte.»