David gegen Goliath
17.03.2020 OberdorfZuzüger Tino Kobler fordert Polit-Profi Hannes Schweizer heraus
Es ist auf den ersten Blick ein ungleiches Duell: Zuzüger Tino Kobler, 33 Jahre, tritt gegen den langjährigen Titterter Gemeindepräsidenten und SP-Landrat Hannes Schweizer (68) an. Gekämpft wird um den ...
Zuzüger Tino Kobler fordert Polit-Profi Hannes Schweizer heraus
Es ist auf den ersten Blick ein ungleiches Duell: Zuzüger Tino Kobler, 33 Jahre, tritt gegen den langjährigen Titterter Gemeindepräsidenten und SP-Landrat Hannes Schweizer (68) an. Gekämpft wird um den fünften Sitz im Oberdörfer Gemeinderat.
Christian Horisberger
Es sei nicht sein Plan gewesen, sich nur acht Monate nach dem Umzug nach Oberdorf um einen Gemeinderatssitz zu bewerben, sagt Tino Kobler. Das habe er sich eigentlich für später aufgehoben. Aber es kam anders: Die erwartete stille Wahl des Oberdörfer Gemeinderats scheiterte, weil sich der Bisherige Salman Fistik (SP) nicht rechtzeitig angemeldet hatte. Bei der Urnenwahl verpasste Fistik als einziger der fünf Kandidierenden die Wahl und zog sich zurück. Noch am Wahlabend erhielt Kobler die Anfrage, ob er sich eine Kandidatur vorstellen könnte.
Auf sich aufmerksam gemacht hatte der Zuzüger, als er sich an einer Informationsveranstaltung der BLT zum Neubau der Waldenburgerbahn zu Wort gemeldet habe, sagt er. Auch an den Gemeindeversammlungen habe er seit seinem Zuzug teilgenommen. Ausserdem ist er bereits Mitglied der Freischützen Oberdorf.
Kobler entschloss sich für die Kandidatur – im Glauben, der einzige Kandidat zu sein. Er irrte sich. Denn auch der langjährige Titterter Gemeindepräsident und Landrat Hannes Schweizer (SP) reichte seine Kandidatur ein, nachdem er im ersten Wahlgang, ohne offiziell zu kandidieren, 119 Stimmen erhalten hatte (bei einem absoluten Mehr von 227 Stimmen). Es kommt somit zur Kampfwahl.
Kobler ist 33-jährig, wuchs im Kanton Bern auf und zügelte im August mit seiner Lebenspartnerin, die in der Region verankert ist, von Liestal in ein Einfamilienhaus in Oberdorf. Nach einer Elektriker-Lehre bildete sich Kobler an einer Fachhochschule zum Informatik-Ingenieur weiter. Als IT-Sicherheitsspezialist sorgt er im Departement für Finanzen und Ressourcen dafür, dass die Mitarbeitenden des Kantons Aargau die für ihre jeweiligen Aufgaben notwendigen Informatik-Zugriffsberechtigungen erhalten.
Er wolle sich für seinen Wohnort engagieren, eigene Ideen einbringen, für andere etwas bewirken und die Zukunft Oberdorfs mitprägen, sagt der Gemeinderatskandidat. «Ich möchte mitgestalten, in guten wie in schlechten Zeiten.» Mit seinen 33 Jahren sieht sich Kobler als gute Ergänzung zu den ansonsten älteren Gemeinderäten. Ein Seitenhieb gegen den bereits 68-jährigen Schweizer? Kobler verneint. Schweizer verfüge über viel Erfahrung. Auch in der Wirtschaft setze man auf einen Mix aus erfahrenen und frischen Kräften.
Der Polit-Neuling sieht sich am Sonntag nicht als krassen Aussenseiter. Nicht mehr. «Als ich mit meinen Wahlflyern von Haus zu Haus ging, habe ich aus der Bevölkerung sehr viele positive Rückmeldungen erhalten», sagt er: Es werde für gut befunden, dass es jemanden gibt, der den Routinier herausfordert.
Kobler tritt als Parteiloser an. Er bezeichnet sich durch sein Hobby, die Imkerei, selber als «eher auf der grünen Schiene» und wirtschaftsfreundlich. Er fühle sich frei von jeglicher Ideologie der Sache verpflichtet und bietet sich als Alternative zu einem Politiker an, der es aus dem Parlamentsbetrieb gewohnt sei, mit harten Bandagen zu kämpfen. Es sei denkbar, so Kobler, dass Polit-Fuchs Schweizer den Gemeinderat, insbesondere die Neuen, dominiert und mitreisst – mit seiner Ideologie anstatt mit dem Blick aufs Dorf.
Schweizer hat vom Kantonsparlament das gleiche Bild wie sein Gegner. Die ideologischen Grabenkämpfe aus den Parteien-Schützengräben in Liestal hätten ihm je länger, je weniger behagt, sagte Schweizer dem «Regionaljournal Basel» von Radio SRF.
Nur nicht noch höhere Steuern
Was hält der Polit-Neuling dem «Silberrücken» Schweizer entgegen? Wo glaubt er punkten zu können? Mit frischen Ideen, Erfahrungen aus dem Berufsleben, aber auch seiner Unvoreingenommenheit, sagt der Aussenseiter. «Ich bin vorurteilsfrei und habe einen neutralen Blick.»
Als wichtige Themen in der kommenden Legislatur nennt Kobler den Neubau der Waldenburgerbahn, die insbesondere den Detailhandel tangieren werde, «wenn vor der Ladentür gebaut wird». Auch dem Erhalt der Dorfbilds und der Attraktivität der Gemeinde müsse während der Bauzeit Rechnung getragen werden. Gleiches gelte für die Finanzen: Oberdorf, einstiges Steuerparadies im Waldenburgertal, hat den Gemeindesteuerfuss kürzlich um 5 Punkte auf 65 Prozent der Staatssteuer angehoben. «Es muss das Ziel des Gemeinderats sein, die Steuern nicht weiter zu erhöhen», sagt Kobler. Als Instrument dafür schwebt ihm eine Schuldenbremse vor.
Ursprünglich hatte Hannes Schweizer vorgehabt, diese und weitere Aufgaben jüngeren Kräften zu überlassen und nur dann für den Gemeinderat zu kandidieren, wenn sich niemand anderes bewirbt. Seine Kehrtwende begründet der pensionierte Landwirt mit dem Ausgang des ersten Wahlgangs: Er fühle sich den 119 Personen verpflichtet, die seinen Namen auf ihren Wahlzettel gesetzt haben.