CARTE BLANCHE
31.03.2020 PolitikKuba – ein Land wird im Stich gelassen
Urs Roth, Landrat SP, Niederdorf
Eigentlich wollte ich in dieser «Carte blanche» meine Argumente gegen die Begrenzungsinitiative unter die Leute bringen und gegen die Annahme dieser für ...
Kuba – ein Land wird im Stich gelassen
Urs Roth, Landrat SP, Niederdorf
Eigentlich wollte ich in dieser «Carte blanche» meine Argumente gegen die Begrenzungsinitiative unter die Leute bringen und gegen die Annahme dieser für die Schweiz verheerenden SVP-Initiative kämpfen. Aber angesichts des aktuellen Ausnahmezustands hat der Bundesrat die Abstimmung vom 17. Mai verschoben. Verschoben ist damit auch die Debatte. Die Auseinandersetzung über diese wichtigen Fragen zu unserer künftigen Europapolitik und zur Klärung des Verhältnisses zwischen der Schweiz und der EU muss uns jedoch bereits zeitnah wieder beschäftigen.
Auch der vor einigen Wochen aufgedeckte Skandal rund um den Zuger Chiffriergerätehersteller Crypto AG ist in diesen Tagen des Corona-Notstands in den Hintergrund getreten. Aber auch diese Thematik wird uns wieder einholen. Denn der Umstand, dass unter Anleitung des US-Geheimdienstes Geräte manipuliert und mithilfe der Schweiz auf diese Weise Staaten während Jahrzehnten abgehört wurden, ist und bleibt ein Skandal.
In dieser «Carte blanche» möchte ich die Gelegenheit nützen, auf einen anderen inakzeptablen Zustand hinzuweisen, der angesichts der aktuellen Coronakrise international in Vergessenheit zu geraten droht. Wie im Titel angekündigt, geht es um Kuba, ein Land, das aktuell im Stich gelassen wird. Kuba erlebt zunehmend Schwierigkeiten, da die US-Blockade noch nie so erdrückend und erstickend war, wie es momentan der Fall ist. Der amerikanische Präsident will Kuba unbedingt in die Knie zwingen, und dazu sind ihm alle Mittel, auch die scheusslichsten, recht. So versucht er, mit sehr hohen Bussen jeden Öltransport nach Kuba zu verhindern, was die zunehmende Benzinknappheit auf der Insel erklärt. Auch wird es immer schwieriger, eine Bank oder eine Finanzorganisation zu finden, die bereit ist, Geld nach Kuba zu überweisen. Die Lage gleicht zusehends derjenigen, welche die Insel während der berüchtigten «periodo especial» Anfang der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts erlebt hat. Und das gilt auch für die Situation in den Spitälern, wo immer mehr Medikamente, Instrumente und Material fehlen; auch Medikamente für die Krebsbehandlung von Kindern, wie Franco Cavalli, der ehemalige SP-Nationalrat und bekannte Onkologe aus dem Tessin und Kenner der Problematik, kürzlich in einer Publikation festgehalten hat.
Cavalli weist in seinem Bericht auch auf die Bedeutung hin, die medizinische Diagnostik in Kuba auf einen höheren Stand zu bringen. Gerade die jetzige Krise mit dem Coronavirus beweist zur Genüge, wie wichtig es ist, heutzutage so schnell wie möglich den richtigen infektiösen Erreger nachweisen zu können.
Kuba selber beweist Solidarität: In der zweiten Märzhälfte sind in Mailand über 50 hoch spezialisierte kubanische Ärzte eingetroffen, um die norditalienische Metropole in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg zu unterstützen. Statt Machtpolitik, wie sie der US-Präsident in seiner Kuba-Politik auf unterstem Niveau verfolgt, wäre internationale Solidarität gefragt, um umgekehrt auch Kuba bei der Bewältigung seiner Probleme zu helfen.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.