AHNIG VO BOTANIK
31.03.2020 BaselbietSchaum, Kraut und Speuz
Andres Klein
Wer sich jetzt in den Garten wagt, kann auf der aperen Gartenerde kleine, weiss blühende Pflanzen entdecken, die Blattrosetten ausbilden und einen mehrblütigen Stängel aufweisen. Dieses ...
Schaum, Kraut und Speuz
Andres Klein
Wer sich jetzt in den Garten wagt, kann auf der aperen Gartenerde kleine, weiss blühende Pflanzen entdecken, die Blattrosetten ausbilden und einen mehrblütigen Stängel aufweisen. Dieses einjährige Kraut hat sich in Mitteleuropa seit den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts stark ausgebreitet. Die Pflanze bildet als Frucht längliche Schoten, die beim Reifen aufspringen und so die Samen in einem Umkreis von mehreren Metern verteilen. Wie bei den Wildschweinen können pro Jahr mehrere Generationen zur Geschlechtsreife gelangen. Auch wenn diese Pflanze auf guten Böden ganze Teppiche bilden kann, lässt sie sich zum Glück dank der kurzen Pfahlwurzeln leicht jäten. Der Name lautet Behaartes Schaumkraut. Obwohl sich die feine Behaarung an den Blättern und am Stängel kaum feststellen lässt, hat die Pflanze ihren Artnamen aufgrund dieser Eigenschaft. Sie gehört zu den Kohlgewächsen und hat den typischen Kohloder Senfgeruch. Wie alle Kohlgewächse hat sie vier Kronblätter.
Eine verwandte Art, die meist Wiesenschaumkraut genannt wird, aber bei uns als Guggerblume eher frische Wiesen ziert, ist etwas grösser und hat hellviolette Blüten. Sie ist mehrjährig und verträgt den mehrmaligen Schnitt in den Mähwiesen. Sie blüht etwas später im Jahr. Spannend ist, dass der deutsche und der Mundartname etwas miteinander zu tun haben. Weil in den Blattachseln des Schaumkrauts hie und da eine Zikade sitzt, die sich zum Schutz mit einem Schaum umgibt, bekam sie diesen Namen. Bevor der Kuckuck bei uns ausgerottet wurde, sagte man im Volksmund diesen Schaumkugeln an den Blättern Guggerspeuz, was dazu führte, dass die Pflanze mit viel Guggerspeuz zur Guggerblume wurde. Es ist zu befürchten, dass dieser schöne alte Name so rasch verschwinden wird wie sein Namenspate, der Kuckuck. Dafür könnte es ja sein, dass auf Fussballfeldern bald eine neue Art von Schaumkräutern entdeckt wird, die in den Blattachseln sehr häufig Schüttelerspeuz aufweist.
An feuchten Stellen, an Bachufern und an Weihern wächst das Bittere Schaumkraut. Wenn man nicht Liebhaber von Wermut-Tee oder anderen bitteren Getränken ist, sollte man diese weiss blühende Pflanze mit den sechs violetten Staubblättern weder zerkauen noch als Tee aufgiessen. Da die Blätter und der Standort der Brunnenkresse sehr ähnlich sind, empfiehlt es sich, die Pflanze zu probieren, bevor sie in der Salatsauce schwimmt.
Zwei weitere Arten aus der Gattung der Schaumkräuter sind bei uns in kalkreichen Buchenwäldern verbreitet. Sehr oft werde ich gefragt, wie diese weissen oder violetten grossblütigen Pflanzen heissen, die an steilen Stellen im Wald stehen. Die weisse heisst Fiederblättrige Zahnwurz, hat sieben, und die violette nennt sich Fingerblättrige Zahnwurz und hat fünf Teilblätter. Sehr auffällig sind die grossen Schoten, deren Samen beim Aufspringen sehr weit geschleudert werden. Der Name Zahnwurz kommt vermutlich vom unterirdischen Spross, dem Rhizom, das oft kleine Zähnchen aufweist. Hinweise, dass die Pflanze gegen Zahnschmerzen hilft, gibt es keine.
Andres Klein ist Biologe. Er lebt in Gelterkinden.