Brand-Management | In sechs Schritten zur führenden Brauerei
Allerorts kämpfen regionale Bierhersteller ums Überleben. Das muss nicht sein! Unser Ratgeber erklärt anhand einer boomenden Sissacher Brauerei, wie es auch anders geht.
Bier Fux
1. Sammeln Sie Geld!
Wenn Sie eine lokale Brauerei eröffnen wollen, merken Sie sich als Erstes den wichtigsten Leitsatz: Es geht nicht um Bier, es geht um Hoffnung. Genau so sollten Sie an mögliche Investoren herangehen: Das Produkt ist zweitrangig. Sie brauchen Stutz! Schenken Sie, wenn Sie wollen, fremdes Bier aus, aber sammeln Sie vor allem als Allererstes Geld. Verkaufen Sie Aktien. Schwurbeln Sie etwas von regionalem Bezug und solchen Sachen. Lassen Sie noch zwei-, dreimal das Wort «traditionell» fallen, aber vor allem «regional». Als Namen wählen Sie etwas Verwurzeltes, etwas Altes. Warum nicht den einer lokalen Ruine? Tradition sells.
2. Seien Sie wählerisch!
Nur Anfänger finden in diesem Business sofort eine Bleibe und mieten sich in einer günstigen Garage oder einem kleinen Lokal ein. Widerstehen Sie der Versuchung! Tingeln Sie durch die Dörfer der Region, der Sie Ihr regionales Bier «schenken». Kommunizieren Sie überall, dass die Suche bald beendet sei und dass es in diesem oder jenem Dorf bald eigenes Bier, ein eigenes Restaurant gar gibt. So verkaufen Sie Aktien. Weil das Projekt aber immer teurer wird, erhöhen Sie an jeder GV Ihr Aktienkapital. Jahr für Jahr, aber immer ohne eigenes Bier. Lassen Sie Sätze fallen wie: «Manchmal ist der längere der bessere Weg.» Dann kommt die Kapitalerhöhung jeweils einstimmig durch.
3. Schmürzelen Sie nicht!
Es ist ein Zeichen von Unsicherheit, sich zu früh mit Zahlen abzugeben. Klotzen Sie! Lassen Sie sich die Zuversicht, dass Sie sich beim Finden einer Bleibe auf gutem Weg befinden, ruhig etwas kosten: Stellen Sie früh einen Braumeister an. Das zieht beim Aktienverkauf. Als regionale Brauerei stehen Sie zudem für Qualität. Also sollten Sie auch bei der Brauanlage nicht sparen. Wählen Sie Rolls-Royce statt Hyundai, versprechen Sie grossen Output und reden Sie stets davon, dass die Anlage ausbaubar sei: The sky is the limit!
4. Bestimmen Sie!
Regional ist relativ. Sie definieren den Region-Begriff. Wenn Sie also einem Brauer im Ausland sagen, wie er Ihr Bier brauen, abfüllen und liefern soll, ist es doch irgendwie auch «von hier». Falls Sie fürchten, dass Ihre Kunden meckern könnten, dass Sie da gegen Ihr eigenes Mantra verstossen, reichen Sie das Bier in neuen Schläuchen … ehm … Büchsen. Das saufen doch die Jungen immer auf dem Weg an den FCB-Match. Da müssen Sie als regionales Bier mitmischen! Es ist auch egal, wenn das Design ganz anders aussieht als Ihre sonstigen Biere. Hauptsache, es ist billiger als die anderen und fährt ein. Und wenn Sie am Ende doch ein bitzeli viele unverkaufte Büxen haben: Keine Angst, Sie haben das Bier ja von einem grossen Unternehmen brauen und abfüllen lassen. Das findet in Xi’an oder Hangzhou zum Ausverkaufspreis schon noch Abnehmer für die Ware. Hauptsache, das Zeug kommt weg.
5. Helfen Sie Ihren Kunden!
Ihre Kunden sollten Sie nie überschätzen. Das sind ja immer noch Biertrinker, die wollen angeleitet werden. Wenn es also wider Erwarten knapp werden sollte mit dem Geld, verpacken Sie Ihr gewohntes Bier einfach schicker und verkaufen Sie es zum doppelten Preis. Wenn die verdutzten Kunden seltsam finden, dass dasselbe Bier nun mehr kostet, erklären Sie ihnen: «Ihr wart bisher einfach zu doof, die exquisite Qualität unseres Produkts zu erkennen.» Die seligen Biertrinker werden das verstehen und froh sein, dass Sie ihnen erklären, dass sie schon längst ein Premium-Produkt schluckten, aber das einfach nicht gemerkt haben. Der mindestens verdoppelte Preis wird das Seinige zum endgültigen Verständnis der Qualität Ihrer Ware beitragen. Sie sind ja jetzt Premium. Wenn irgendein Schweizer Getränkehandel Ihr Produkt wegen des Preises aus seinem Sortiment streicht, behaupten Sie einfach, das sei Ihnen schnurz. Sie müssen ja nicht an die grosse Glocke hängen, wie viel Umsatz Ihnen dadurch wegbricht.
6. Nehmen Sie es nicht zu genau!
Premium bedeutet: neues Design. Berufen Sie sich auf Ihre angebliche Herkunft: die Ruine. Nehmen Sie die Jahreszahl einer vor langer Zeit zugrunde gegangenen Brauerei aus der Region. Die Kunden werden das kaum merken, wenn mehr als 100 Jahre zwischen der Schliessung der namengebenden alten und der Eröffnung Ihrer neuen Brauerei liegen. Es sind ja nur Biertrinker! Die merken auch nicht, wenn Sie auf dem neuen Premium-Flyer unterschiedliche Zahlen verwenden. Hauptsache, etwas Altes. 1862 oder 1897 oder so – oder beides! Beim Slogan müssen Sie nicht weit suchen. Eine andere Brauerei in der Region hat sicher eine gute Idee. Da kupfern Sie ab und übersetzen ihn, ins Baseldytsche zum Beispiel. So sind sie vor Plagiatsvorwürfen sicher.
So hat Ihr Bier eine schäumende Zukunft vor sich.