Der Fluch des Pistenfahrzeugs
14.02.2020 PorträtDer Fluch des Pistenfahrzeugs
Bleibt der Schnee weiterhin aus, wird der Wegenstetter Skilift die dritte Saison in Folge keinen einzigen Skifahrer die Föhrlimatt hochschleppen. Und das «neue» Pistenfahrzeug müsste weiter auf seinen ersten Einsatz ...
Der Fluch des Pistenfahrzeugs
Bleibt der Schnee weiterhin aus, wird der Wegenstetter Skilift die dritte Saison in Folge keinen einzigen Skifahrer die Föhrlimatt hochschleppen. Und das «neue» Pistenfahrzeug müsste weiter auf seinen ersten Einsatz warten.
Christian Horisberger
Herr Schreiber, wir treffen Sie beim Skilift Föhrlimatt. Die Piste ist grün statt weiss. Sie lächeln trotzdem.
Christoph Schreiber: Es ist ein bitteres Lächeln. Aber was würde es schon helfen, wenn ich heulen würde. Wir können es ja nicht ändern und müssen das Wetter nehmen, wie es kommt.
Der Wetterbericht sagt auch in den kommenden Tagen keinen Schneefall voraus. Es sieht danach aus, als würde Ihr Skilift die dritte Saison in Folge keinen einzigen Tag laufen.
Die Aussichten sind nicht rosig. Ich glaube, dass wir den Lift noch nie drei Saisons in Folge nicht in Betrieb nehmen konnten. Vergangenes Jahr gab es wenigstens einmal etwas Schnee, der für den Liftbetrieb aber nicht ausreichte. Diese Saison hatten wir erst einmal ein dünnes Fläumchen. Etwa 10 Zentimeter Schnee bräuchte es für die Betriebsaufnahme.
Aber die Bügel werden nicht vorzeitig wieder von den Stahlseilen genommen?
Nein. Wir montieren sie jeweils bereits im November, ebenso Absperrungen auf der Piste und Verkehrssignalisation. Immer bis Ende März, Anfang April bleiben die Sachen da, damit wir, falls es Schnee gibt, den Lift möglichst ohne Verzögerung in Betrieb nehmen können.
Der Wegenstetter Skihang liegt zwischen 500 und 575 Meter, damit ist die Föhrlimatt alles andere als für den Wintersport prädestiniert. Wie kam es dazu?
Die Idee der Begründer des Skilifts war, dass die Familien nicht stundenlang wegfahren müssen, um Ski fahren zu können. Das war vor Jahrzehnten, hat aber immer noch Gültigkeit. Wenn die Anlage in Betrieb ist, strömen die Besucher in Scharen herbei – nicht nur aus unserem Dorf, sondern auch von weiter her, auch aus dem Baselbiet. Wir sind über den Aufmarsch jedes Mal überrascht. Und dann brummt auch die Skihütte. Etwa die Hälfte der Einnahmen aus dem Skibetrieb gehen aufs Konto der Beiz.
Wenn der Lift läuft. Aber wenn er wie jetzt stillsteht, kommt kein Geld herein. Im Gegenteil: Dann laufen bestimmte Kosten weiter.
Ja. Die Fixkosten variieren je nachdem, welche Unterhaltsarbeiten gemacht werden müssen. Ohne Anschaffungen und Ersatzmaterial sind es 2000 bis 3000 Franken pro Saison – für Versicherungen, Internet für die Webcam, Anlagekontrollen und Unterhaltsarbeiten an Skilift und Skihütte. Den Unterhalt der Hütte können wir mit deren Vermietung in etwa finanzieren. Tatsächlich machen wir uns in der Skiliftkommission des Turnvereins aktuell Gedanken darüber, wie wir die Fixkosten senken oder neue Einnahmen generieren können, beispielsweise mit Spezialevents in der Skihütte. Denn mit jedem Winter ohne Schnee schmilzt der Inhalt der Skilift-Kasse.
Die Winter werden in der Tendenz milder. Stand eine Stilllegung des Skilifts noch nie zur Debatte?
Die Frage hören wir oft. Aber ein Abbau der Anlage ist für uns kein Thema. Darüber werden wir frühestens sprechen müssen, wenn Investitionen im fünfstelligen Bereich erforderlich sein sollten. Denn die Stilllegung des Skilifts würde auch bedeuten, dass wir die Skihütte abbauen müssten, die beiden Einrichtungen sind gemäss Grundbucheintrag zwingend voneinander abhängig.
Schneekanonen sind wohl kein Thema?
(lacht) Nein. Kosten und Nutzen stünden da in einem krassen Missverhältnis. Abgesehen davon dauern die Kälteperioden auch gar nicht lange genug, damit das überhaupt funktionieren würde.
Dann eben keine Schneekanonen. Ebenso exotisch wie Schneekanonen in Wegenstetten ist ein professionelles Pistenfahrzeug hier im Fricktal. So eines besitzt der STV Wegenstetten jedoch. Wie kam es dazu?
Unsere Piste wird seit vielen Jahren von einem Landwirt mit Traktor und Walze präpariert. Das funktionierte zwar ganz gut, aber vor allem unter den Männern im Verein war immer die Rede davon, dass ein professionelles Pistenfahrzeug cool wäre. Wir suchten jedoch nicht aktiv. Als einmal wieder der Skilift-Fachmann für Unterhaltsarbeiten bei uns war, baten wir ihn, für uns die Augen offen zu halten. Wenig später rief uns ein Händler an. Er könne ein neues Pistenfahrzeug ausliefern, das alte Gerät des Kunden stehe günstig zum Verkauf. Wir riefen an, fuhren in die Ostschweiz und griffen zu. Mit wenigen Tausend Franken war das 30-jährige Fahrzeug extrem günstig und es ist von der Grösse und der Schneehöhe her, auf die es ausgerichtet ist, geradezu auf uns zugeschnitten.
Was würde heute ein neues, modernes Pistenfahrzeug kosten?
Ein kleines mehr als 100 000 Franken, ein grosses mit allen Schikanen bis zu einer halben Million.
Und wie macht sich Ihr Pistenfahrzeug?
Gut, es springt problemlos an.
Das meinte ich nicht.
Im Einsatz stand es noch nie. Seit wir es besitzen, lag nicht mehr genug Schnee, um die Piste präparieren zu können.
Der Fluch des Pistenfahrzeugs?
Es gibt Stimmen, die das behaupten …
Ich rekapituliere: Ein Pistenfahrzeug, ein Fluch und kein Schnee in Sicht. Haben Sie die Saison abgeschrieben?
Nein. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Pferdegespanne als Skilifte
vs. Seit fast 50 Jahren wird auf der Föhrlimatt Ski gefahren. Anfänglich zog ein Pferdegespann die Skifahrer den Hang hoch. Ab 1970 gab es einen mobilen, elektrischen Lift. 1982 wurde ein moderner Tellerlift installiert. Die Piste ist etwa 1 Kilometer lang, die Höhendifferenz beträgt 75 Meter. Die Piste kann nachts beleuchtet werden. Die Skihütte bietet Platz für 75 Personen.
Zur Person
ch. Christoph Schreiber (30) präsidiert seit sieben Jahren den STV Wegenstetten, der für den Betrieb des Skilifts und der Skihütte verantwortlich ist. Der Bauleiter wuchs in Wegenstetten auf und gehört seit Anfang dieses Jahres dem Gemeinderat an. Er fährt Snowboard.