Damit der Käse nicht mehr schwitzt
27.02.2020 SissachSommermarkt ab 2021 in den Abendstunden
Der Sissacher Sommermarkt ächzt unter den hohen Temperaturen. Mit einer Verlegung in die Abendstunden will die Gemeinde den Markt attraktiver machen. Das Ladengewerbe soll mitziehen.
Christian Horisberger
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Der Sissacher Sommermarkt ächzt unter den hohen Temperaturen. Mit einer Verlegung in die Abendstunden will die Gemeinde den Markt attraktiver machen. Das Ladengewerbe soll mitziehen.
Christian Horisberger
Der Klimawandel beschert Sissach ein neues Markterlebnis: Nach vermehrt extrem hohen Tagestemperaturen wird der Sommermarkt künftig in die Abendstunden verlegt. Der Sissacher Gemeinderat hat Anfang dieses Monats beschlossen, die Neuerung ab 2021 einzuführen. Somit wird der Sommermarkt, der jeweils am Mittwoch vor dem Bündelitag stattfindet, nicht mehr von 9.00 bis 18.30 Uhr dauern, sondern von 16 bis 22 Uhr. Die Ladeninhaber in der Begegnungszone sollen mitziehen und ihre Geschäfte bis zum Marktende offen halten. Davon verspricht sich die Gemeinde eine Attraktivitätssteigerung für alle Beteiligten: Publikum, Marktfahrer und Detaillisten.
Der Sommermarkt kurz vor den Sommerferien ist traditionell der schwächste der drei Sissacher Märkte. Die grosse Hitze in den vergangenen Jahren habe weiter auf die Besucherzahlen und Umsätze gedrückt, sagt Sissachs Marktchef Andreas Abt. Einerseits, weil bei Temperaturen von 30 Grad und mehr das Schwimmbad fürs Publikum ein verlockenderer Aufenthaltsort ist als die Begegnungszone, in der sich die heisse Luft staut. Andererseits würden bei extremer Hitze jeweils etliche Marktfahrer, die verderbliche Ware – Magenbrot, gebrannte Mandeln, Wurstwaren oder Käse – anbieten, trotz Anmeldung kurzfristig auf die Teilnahme verzichten. 2019, als die Temperaturen auf bis zu 35 Grad anstiegen, sei dies extrem gewesen, sagt Abt. Gleich 15 angemeldete Marktfahrer blieben zu Hause. Ein Käseverkäufer, der sich von den Temperaturen nicht abschrecken liess, habe drei Rollen Haushaltspapier verbraucht, um seinen schwitzenden Käse trockenzutupfen, berichtet der Marktchef.
Besser als hecheln
Den Stein ins Rollen gebracht hatte denn auch ein Marktfahrer, der vergangenen Sommer unter der grossen Hitze ächzte und dem Marktchef einen Abendmarkt beliebt machte. Diesem gefiel die Idee. Abt fühlte dem Schweizer Marktfahrerverband den Puls. Die Resonanz war positiv. «Das ist besser, als bei grosser Hitze herumzustehen und zu hecheln», kommentiert Jürg Diriwächter, Präsident des Schweizer Marktfahrerverbands, die Sissacher Pläne gegenüber der «Volksstimme». Es sei eine Tatsache, dass die Umsätze der Marktfahrerinnen und -fahrer bei grosser Hitze schmelzen, tagsüber sei «nichts los». Es spreche aus seiner Sicht also nichts gegen eine zeitliche Verschiebung.
Sollte das Konzept bei Publikum und Marktfahrern ankommen, kann sich der Verbandschef sogar vorstellen, dass das Beispiel in weiteren Marktorten Schule macht. Ganz neu sei die Idee eines Abendmarkts jedoch nicht. Burgdorf veranstaltet seit zwei Jahren dreimal im Jahr einen Abendmarkt und gemäss Diriwächter gibt es weitere Märkte, die bis in die Abendstunden dauern und nach Feierabend noch einmal eine Besucherwelle erleben. Davon würden insbesondere Verpflegungsstände profitieren.
Der Gemeinderat und Marktchef Abt hegen die Hoffnung, dass die Ladeninhaber im Dorfzentrum ihre Öffnungszeiten entsprechend verlängern, damit der Markt zusätzlich an Attraktivität gewinnt. Diese Idee scheint auf fruchtbaren Boden zu fallen. Björn Fankhauser, Präsident des Gewerbevereins, freut sich über den Mut der Gemeinde, etwas Neues auszuprobieren. Er werde den Vereinsmitgliedern den Vorschlag an der Generalversammlung im März unterbreiten – und geht davon aus, dass er auf reges Interesse stossen wird. Sollte Fankhauser recht behalten, wird der Gewerbeverein pauschal für alle interessierten Ladeninhaber beim Kiga die Sonderbewilligung für den Abendverkauf einholen.
Frühschicht fürs Aufräumen
Für Andreas Abt bedeutet das grüne Licht des Gemeinderats für den Abend-Sommermarkt einerseits, die Marktfahrer baldmöglichst zu informieren, damit sie sich auf die neuen Zeiten einstellen und anmelden können. Andererseits muss auch an der internen Logistik geschraubt werden: So müsse man beispielsweise die Autos tagsüber vor Marktbeginn aus der Begegnungszone herausbringen oder die Werkhof-Mitarbeitenden fürs Abräumen statt zu einer Spätschicht zu einer Frühschicht aufbieten.
Was aber, wenn es am Sommermarkt 2021 regnet oder kühl ist? «Das hat keinen Einfluss», sagt Marktchef Abt. Der Sommermarkt schwächle, dagegen müsse man etwas unternehmen: «Wir werden das nun einige Male probieren und die Marktfahrer zu ihren Erfahrungen befragen.» Das ist ganz im Sinn von Jürg Diriwächter. Probieren geht über studieren.