Der Kanton und «seine» Gemeinden
16.01.2020 PolitikVags – das Kürzel für «Verfassungsauftrag Gemeindestärkung» ist ein Prozess, der aufgrund der Ergänzung der Kantonsverfassung mit Artikel §47a in Gang ist. Es geht dabei um die Vorrangigkeit der Gemeinde (Subsidiarität), die möglichst ...
Vags – das Kürzel für «Verfassungsauftrag Gemeindestärkung» ist ein Prozess, der aufgrund der Ergänzung der Kantonsverfassung mit Artikel §47a in Gang ist. Es geht dabei um die Vorrangigkeit der Gemeinde (Subsidiarität), die möglichst korrekte Verteilung von finanziellen Mitteln (fiskalische Äquivalenz), die grösstmögliche Regelungs- und Vollzugsfreiheit (Gemeindeautonomie) und die Möglichkeit von unterschiedlichen Regelungen (Variabilität).
Als liberale Person erwarte ich, dass dies im zentralistischsten Kanton der Schweiz vor allem bedeutet, dass der Kanton einen Radikalschlag bei denjenigen Gesetzen macht, welche die Gemeinden beschränken. Dem ist jedoch nicht so. Schaut man sich die einzelnen Projekte an, so geht es vor allem darum, weitere Regelungen einzuführen, diesmal einfach gemeinsam mit Kantonsvertretern und Gemeinderäten. Das Fazit ist, dass die Regelungen für die Gemeinden weiterhin zunehmen und wir unseren Kanton noch zentralistischer machen, einfach in Zusammenarbeit mit den Gemeinderäten. So geht es denn auch vielen oft gehörten Befürwortern der Gemeinde(rats)- Autonomie in erster Linie um die Möglichkeit zur Erschliessung neuer Einnahmequellen, wie dies beispielsweise mit der Bekämpfung des Gesetzes zur Abgeltung von Planungsmehrwerten versucht worden ist. Die ganz einfache Abschaffung von kantonalen Regelungen wird dabei jedoch deutlich seltener gefordert.
Mehr Gemeindeautonomie würde bedeuten, dass die Gemeinden selbst entscheiden können, ob sie einen Sachverhalt überhaupt regeln wollen oder nicht. Und wenn sie ihn regeln, entsprechend auch, wie er geregelt werden soll.
Dieser höhere Freiheitsgrad wird jedoch eine Verpflichtung mit sich bringen, und diese hätte meines Erachtens zwei Ausprägungen. Die demokratischen Instrumente in den Gemeinden müssten gestärkt werden. Dies könnte beispielsweise in einer Stärkung der Kompetenzen der Gemeindekommissionen erfolgen. Daneben müsste die Transparenz in den Gemeinden erhöht werden. Die zusätzliche Verantwortung und der zusätzliche Gestaltungsspielraum bringen eine grössere Verantwortung mit sich. Und um diese zu tragen, müssten den Gemeindekommissionen, den Gemeindeversammlungen und den Einwohnerräten mehr und qua- litativ bessere Informationen zur Verfügung stehen.
Dies wiederum würde den Kanton entlasten, der Kanton müsste somit seine Steuern senken und die Gemeinden könnten bei Bedarf einen Teil davon übernehmen. Der Bürger müsste aber am Ende entlastet werden, da seine erhaltenen staatlichen Leistungen ab sofort noch zielgerichteter auf ihn zugeschnitten sind.
Wie Sie sehen, Politik ist nie fertig. Nehmen Sie am 9. Februar Ihr Wahlrecht wahr und wählen Sie Ihre Gemeindevertreter. Das ist Demokratie.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.