«Die Leute werden überrascht sein»
03.01.2020 SissachAdriana und Michele Linsalata können mit der «Sonne» endlich richtig loslegen
Seit einem Jahr ist das Hotel und Restaurant Sonne geschlossen. Nun haben die neuen Eigentümer Adriana und Michele Linsalata grünes Licht für den Umbau. In anderthalb Jahren wollen sie die «Sonne» in ...
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Abo AngeboteAdriana und Michele Linsalata können mit der «Sonne» endlich richtig loslegen
Seit einem Jahr ist das Hotel und Restaurant Sonne geschlossen. Nun haben die neuen Eigentümer Adriana und Michele Linsalata grünes Licht für den Umbau. In anderthalb Jahren wollen sie die «Sonne» in Sissach wieder aufgehen lassen.
Christian Horisberger
Herr und Frau Linsalata, warum treffen wir uns hier bei Ihnen zu Hause und nicht in der «Sonne»?
Michele Linsalata: Die «Sonne» ist im Moment bis auf das alte Restaurant zurückgebaut. Wir haben eine zweieinhalbmonatige Altlastensanierung hinter uns: Es gab viel Asbest im Gebäude, in Kleber, Plättli, Bodenbelägen und Treppenhaus. Währenddessen durfte man als «normaler» Mensch nicht ins Haus; die Sanierer sahen aus wie Ausserirdische. Wir hätten heute in den Grünen Saal gehen können, der wurde schon vor zwei Jahren renoviert, doch der ist nicht geheizt. Deshalb sind wir hier.
Sie strahlen beide, obwohl heute Freitag, der 13. ist. Wie kommt es?
Adriana Linsalata: Heute ist ein guter Tag. Wir haben alle Hürden genommen: In dem Jahr, seit die «Sonne» geschlossen ist, haben wir die ganze Planung und Baueingabe gemacht. Heute haben wir von Gemeinde, Kanton, Denkmalpflege und Einsprechern grünes Licht bekommen. Die Baubewilligung muss in den nächsten Tagen eintreffen (ist am 19. Dezember eingetroffen; Anmerkung der Redaktion).
Was war Gegenstand der Einsprachen?
M. L.: Es ging vor allem um den Anbau beim Bach, dort, wo bis vor 30 Jahren bereits ein Gebäude gestanden hatte. Wir haben eine Lösung gefunden und uns mit den Einsprechern geeinigt.
Ein Jahr ging zumindest äusserlich nichts bei der «Sonne». Warum diese lange Pause?
M. L.: Es ist kein einfaches Projekt.Viele Beteiligte haben daran mitgewirkt. Vieles, zum Teil Hässliches, wird entfernt. Sehr viele Dinge, die es zuvor nicht gab, werden ins Gebäude eingefügt. Die «Sonne» wird in einem neuen Gewand daherkommen. Ich glaube, die Leute werden überrascht sein, wie schön sie sein wird.
Sie wollen nicht nur das Gebäude verändern, sondern auch die Umgebung.
A. L.: Ja, wir arbeiten mit dem Gartenarchitekten zusammen, der gemeinsam mit dem Basler Galeristen Klaus Littmann in Klagenfurt ein Fussballstadion mit Bäumen bepflanzt hat. Das Projekt sorgte international für Aufsehen. Er ist spezialisiert auf Hotels und Restaurants. Von seinen Plänen mit mehreren Bäumen, Blumenrabatten, Wasserbecken und vor allem von den kissenartig modellierten Hecken waren wir sofort begeistert. Wir sind normalerweise sehr heikel, aber am Projekt, das er uns vorgelegt hat, hatten wir nichts zu beanstanden. Sissach bekommt eine grüne Oase.
Die Pläne für die Aussengestaltung haben Sie der Baukommission auch schon vorgelegt. Wie hat sie reagiert?
A. L.: Ein Entscheid steht noch aus. Aber es ist ja eine Verbesserung für Sissach: Wir schaffen mehr Grün als bisher.
Was wird an der neuen «Sonne» ausserdem am meisten auffallen – äusserlich?
M. L.: Vor dem Haus kommt die Pergola weg und am Bach errichten wir einen dreistöckigen Neubau mit einem Restaurant im Erdgeschoss und Hotelzimmern und Wohnungen in den oberen Stockwerken. Am jüngeren Hotel-Teil bauen wir das heruntergezogene Vordach zurück, dafür erstellen wir an der Fassade Lauben als Balkone für die Alterswohnungen. Der Anbau erhält eine Holzfassade. Die Lauben und das Holz geben dem Gebäudekomplex einen ländlichen Charakter. Das wird lässig.
Wie wird die Rückseite, bisher beileibe nicht die Schoggiseite des Hauses, künftig aussehen?
M. L.: Dort werden der unschöne WC-Anbau und das Treppenhaus entfernt. Auch hier sind Lauben beziehungsweise Balkone geplant. Das angebaute, flachere Gebäude wird abgerissen und durch einen gleich grossen, leicht vom Hauptgebäude abgesetzten, eingeschossigen Bau mit Walmdach ersetzt.
Was wird die «Sonne» definitiv beinhalten, und was hat sich entgegen der ursprünglichen Planung verändert?
M. L.: Alles ist besser geworden. Wir können das alte Restaurant erhalten. Zunächst sah es so aus, als müssten wir es verlegen, um den neuen Vorschriften für Brandschutz und Erdbebensicherheit gerecht werden zu können. Wir fanden dann aber einen Ausweg: Wir werden alle Decken im historischen Bau von oben mit einer Betonschicht versteifen und das Restaurant mit Rauchmeldern ausstatten. Neu ist: Es wird zwei Restaurants geben. Das historische sowie ein zusätzliches im Neubau, beide mit eigener Küche.
Das alte bleibt unverändert?
A. L.: Nahezu, ja. Die Beiz wird aufgefrischt und erhält ein neues Buffet, die Decken und Wände, die das Ambiente der Gaststube ausmachen, bleiben erhalten. Wir werden das Lokal aber aufwerten, indem wir vier Keller, die zuvor als Lager genutzt wurden, aktivieren: Es wird ein Fumoir geben, eine Bar – auch für Partys – und ein Raclette- und Fondue-Stübli.
Wie werden sich die beiden Restaurants unterscheiden?
A. L.: Im traditionellen Restaurant wollen wir gutbürgerliche Küche anbieten, aber mit einer eher kleinen Karte, dafür bleibt die Küche dieses Lokals länger geöffnet. Wir könnten uns vorstellen, dass man dort bis Mitternacht essen kann. Im anderen, grossen Restaurant wäre bereits um 22 Uhr Feierabend. Dort möchten wir ein mittleres bis höheres Segment ansprechen. Mit seinen Sälen sollen auch Gesellschaften und Seminargäste bewirtet werden können.
Gutbürgerlich würde für beide Lokale gelten?
A. L.: Ja, aber wir würden den Gästen gerne etwas darüber hinaus etwas Raffiniertes bieten können. Ob Mediterran, Französisch, Asiatisch oder alles zusammen, kommt auf den künftigen Betreiber beziehungsweise auf dessen Konzept und Koch an. Wir wollen am Ende den Zins, und dafür muss es für den Betreiber funktionieren.
Wer wird die Lokale führen?
A. L.: Darüber ist noch nichts entschieden. Nun haben wir bewilligte Pläne und Visualisierungen, wie das herauskommen könnte. Jetzt gehen wir auf die Suche. Der künftige Pächter soll die Möglichkeit haben, bei der definitiven Ausführung mitreden zu können.
Ist in der Region das Potenzial denn vorhanden, um zwei Restaurants gewinnbringend betreiben zu können?
M. L.: Damit für den Pächter die Rechnung aufgeht, sollen die Hotelgäste und die Mieterinnen und Mieter in der Altersresidenz für Umsatz in den Restaurants sorgen. Wir realisieren zwölf Alterswohnungen – sieben Dreieinhalb- und fünf Zweieinhalbzimmerwohnungen sowie 19 Hotelzimmer. Die Mieter und Hotelgäste sollen für den Gastro-Teil einen Sockel-Umsatz gewährleisten.Vorgesehen ist, dass an den Mietvertrag für die Alterswohnungen ein Pflichtkonsum in den hauseigenen Restaurants geknüpft wird. Wir müssen den Pächter unterstützen, sonst finden wir keinen. Die Mieterinnen und Mieter sollen vom Hotelbetrieb auch Leistungen wie Wäscherei, Reinigung oder Concierge in Anspruch nehmen können – damit wären diese Dienste ausgelastet. Ansonsten liesse sich ein Hotel mit 19 Zimmern nicht rentabel betreiben.
Damit nimmt man den Menschen in den Altersresidenzen aber einiges an Selbstbestimmung.
A. L.: Wir sprechen mit den Alterswohnungen, in die auch Küchen eingebaut sind, ein Publikum an, das solche Services wünscht und sie sich auch leisten kann.
Sie hatten Ihre «Residenz mit Hotelbetrieb» an der «Mega» vorgestellt. Wie war das Echo?
M. L.: Positiv. Wir haben auch schon mehrere Interessenten, denen wir unsere Dokumentation abgeben können, sobald wir so weit sind.
Wer soll die Hotelzimmer buchen? Besucher und Aussteller der Basler Messen?
A. L.: Auf die können wir nicht bauen, denn die Basler Hotellerie hat ihre Kapazitäten massiv ausgebaut. Wir haben in der Region aber etliche Firmen, die ihre Gäste immer in der «Sonne» untergebracht haben. Die sind froh, wenn es das Angebot wieder gibt.Auf der Hotel-Telefonnummer haben wir täglich Anrufe von Leuten, die buchen möchten. Zudem schätzen es auch Hochzeitsgesellschaften, wenn sie nach dem Fest an Ort und Stelle übernachten können. Wir machen uns keine Sorgen um die Auslastung der Hotelzimmer.
Was ist im Neubau hinter dem Haus geplant?
M. L.: Uns schwebt etwas wie ein kleines Gesundheitszentrum vor. Dort können sich Dritte einmieten – idealerweise Anbieter, die etwas mit Altersversorgung oder -pflege zu tun haben. Es gibt bereits Interessenten. Auch hier können wir mit dem Eingang der Baubewilligung die Dokumentation erstellen und mit der Mietersuche richtig loslegen.
Die potenziellen Mieter werden wissen wollen, wann sie einziehen können …
M. L.: Jetzt geben wir Vollgas. Unser Ziel ist, das ganze Projekt in anderthalb Jahren abzuschliessen. Das ist sehr sportlich, aber man soll sich ja hohe Ziele setzen.
Die «Sonne» wird nach einer langen Pause wieder bei null anfangen müssen. Der treue «Sonne»-Stammtisch zum Beispiel ist ins «Verdi» abgewandert. Denken Sie denn, der kommt zurück? Kommen all die anderen Gäste zurück?
A. L.: Den Stamm holen wir zurück (lacht). Der hat Tradition, der gehört zum Haus, zu dessen Charakter. Wir haben am Herbstmarkt als Gag den Stammtisch vors Haus gestellt und die Lampe darüber montiert. Dies als Zeichen, dass die «Sonne» wieder aufgehen wird. Der Tisch war immer voll besetzt, und die Leute haben sich über die Geste gefreut. Wir merken aber auch sonst in Gesprächen, dass viele Menschen mit der «Sonne» eine Tradition oder ein Familienfest verbinden. In diesem Haus ist so viel passiert … die Menschen möchten wieder in die «Sonne» kommen. Wir werden dafür sorgen, dass sie das auch können.
Weil die «Sonne» eine so grosse Tradition hat, stehen Sie unter der besonderen Beobachtung der Öffentlichkeit. Zudem ist das Sanierungs-, Um- und Neubauprojekt planerisch eine Herausforderung. Haben Sie jemals bereut, den Kaufvertrag unterschrieben zu haben?
M. L.: Vor dem heutigen Tag hätte ich vielleicht Ja gesagt. Aber jetzt sage ich Nein (lacht). Ernsthaft: Nein. Bereut haben wir es nie. Wir hätten unser Geld sicherlich auch in ein anderes Projekt stecken können, aber wir wollten in Sissach investieren. Hier sind wir zu Hause, hier fühlen wir uns wohl. Das Engagement kommt sowohl uns als auch anderen zugute.
Waren Sie trotz Ihrer Erfahrung in der Bauwirtschaft blauäugig?
M. L.: Ich wusste, es würde nicht einfach werden, aber dass es so viel Aufwand bedeuten würde, hatte ich nicht erwartet. Wir haben viel gelernt.
A. L.: … und wir wollten den Sissachern etwas zurückgeben.
M. L.: Aber natürlich muss am Ende auch die Rechnung aufgehen. Deswegen ja auch die Altersresidenzen. Eine reine Sanierung von Hotel und Restaurantbetrieb hätte die Bank nicht finanziert.