Curling | Wie die Sissacher Eismeister die Curler glücklich machen wollen

Seit die Sissacher Kunsteisbahn eine geschlossene Halle ist, können die Eismeister den Curlern eine deutlich bessere Unterlage bieten. Dies bedeutet jedoch täglich grossen Aufwand.

Sebastian Wirz

«Eismachen ist eine Wissenschaft. Man muss das Eis lesen können.» Diese beiden Aussagen schweben über allem, wenn man sich mit den Eismeistern auf der Sissacher Kunsteisbahn unterhält. Denn der Umbau zur geschlossenen Halle hat das Leben nicht nur für Eissportler, Sissacher Steuerzahler und Gemeinderäte verändert, sondern in erster Linie für Mirco Sobisch, Daniel Schweingruber und Lukas Degen. Sie, die nicht ihren Feierabend oder einen freien Nachmittag auf der «Kunsti» verbringen, sondern ihren Arbeitstag.

Für die Eisläufer und Eishockeyaner hat sich auf der «Kunsti» relativ wenig geändert. Eine Wand hinter der Spielerbank, eine Wand nach Zunzgen. Ganz anders bei den Curlern: Dank der abgetrennten Halle kann hier ein auf die Bedürfnisse der filigranen Sportart abgestimmtes Klima herrschen. Die Zeiten, als das Curling in Sissach von Regen und Laub geprägt war, sind ebenso vorbei, wie jene, als die Eismeister die Oberfläche hier mit derselben grossen Maschine abhobeln konnten wie auf dem grossen Feld.

Für dieses sogenannte Schneiden steht heute ein kleineres Gerät mit nur zwei Rädern zur Verfügung. Es schneidet die Spuren des Vortags weg und soll ebenes Eis hinterlassen. «Danach muss das Eis sein wie ein Baby-Po», sagt Eismeister Daniel Schweingruber, «die Orangenhaut muss weg.»

Damit ist es aber nicht getan, denn die Curler wollen kein glattes Eis. Sie brauchen die «Pebbles», die kleinen Erhebungen auf dem Eis. Nur dank der zusätzlichen Reibung, die durch sie entsteht, können die Spieler mit ihren Steinen durch leichtes Andrehen Kurven spielen. «Bestes Arena-Eis curlt bis 1,80 Meter», sagt etwa Yves Stocker. Von gutem Eis erwartet der Sissacher, der an der U21-WM Silber gewonnen hat und im Februar auf derselben Stufe Gold anstrebt, 1 bis 1,5 Meter mögliche seitliche Bewegung des Steins.

Die Sissacher Eismeister können nicht gerade WM-Eis bieten, dafür ist der alte Untergrund zu uneben. Ideal fürs Curling sind 2 bis 2,5 Zentimeter Eisdicke, sagt Betriebsleiter Mirco Sobisch. In Sissach braucht es zwischen 3 und 5 Zentimeter, damit das Eis am Ende über die ganze Fläche eben ist.

Auf den abgehobelten, mit einem Schaber gereinigten und mit dem Flaumer geputzten «Baby-Po» kommen nun also die «Pebbles». Der Eismeister geht rückwärts und sprüht mit einer Art Duschbrause Wasser aufs Eis. Muss man Orte ausbessern, kommt ein gröberer «Duschkopf» zum Einsatz, der mehr Flüssigkeit versprüht. Danach müsste der Eismeister erneut schneiden, bis das Sheet, wie die Curler ihr Spielfeld nennen, eben ist. Sieht die Eisfläche aber gut aus, wird eine feinere Brause verwendet. Mann muss das Eis eben lesen können. Und hier kommt auch die eingangs erwähnte Wissenschaft zum Zug: «Je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit muss das Wasser unterschiedlich warm sein. Bei uns hat es sich bei 45 Grad eingependelt», sagt Sobisch. Auf dem grossen Feld verteilt die Maschine beim Durchfahren hinten 30 Grad warmes Wasser, nachdem sie das Eis vorne abgehobelt hat.

Dank der «Pebbles» würden die Steine nun bereits gut curlen. Allerdings würden sich Gassen bilden: Die Wassertropfen ergeben beim Anfrieren leichte Spitzen. Der gespielte Stein würde diese oben abbrechen und so eine Spur hinterlassen. In diesen Spuren würden nun auch die folgenden Steine gleiten. Zu diesem Zweck werden die Spitzen abgehobelt. Allerdings nicht motorisiert wie beim Schneiden, sondern mit dem Nipper, einem Balken mit drei Messern, die nur das feine Ende der «Pebbles» kappt.

Nach getaner Arbeit testen die Eismeister das Sheet. Fazit: «Es läuft tierisch.» Das wird den Curlern, die um 19 Uhr die Halle stürmen, gefallen. «Eis kann nie schnell genug sein», sagt Yves Stocker. «Wenn die Curler nichts sagen, dann war das Eis sehr gut», kommentieren die Eismeister. «Wenn sie einen schlechten Tag hatten und nicht gut spielten, dann hören wir dann schon, dass das Eis nicht gut genug gewesen sei.»

Orangenhaut und Baby-Po

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