Mutter, Vater, Joystick
03.12.2019 Sissach«Gamende» Eltern sollen ihre Kinder besser verstehen
Michele Salvatore und Maximilian Schäfer haben am Mittwoch- und Donnerstagabend Eltern an verschiedene Konsolen gesetzt. Im Rahmen des Workshops zum Thema «Chancen und Gefahren von ‹Gaming›» sollten ...
«Gamende» Eltern sollen ihre Kinder besser verstehen
Michele Salvatore und Maximilian Schäfer haben am Mittwoch- und Donnerstagabend Eltern an verschiedene Konsolen gesetzt. Im Rahmen des Workshops zum Thema «Chancen und Gefahren von ‹Gaming›» sollten Eindrücke gesammelt werden, um die Beschäftigung der Kinder zu verstehen.
Joshua Moser
Ein Mann mit einer riesigen Brille, die ihn zum Tunnelblick zwingt, springt ständig vom linken aufs rechte Bein und versucht, vor etwas auszuweichen. Mit zwei ungewohnt geformten Controllern, von denen er einen in der linken und den anderen in der rechten Hand hält, fuchtelt er wild in der Luft herum. Das Konsolenspiel, bei dem man sich dank der Brille völlig in einer virtuellen Welt wähnt, scheint ihm trotz grosser Anstrengung Freude zu bereiten. Von der anderen Seite des Raums ist Gelächter zu hören. Zwei Damen versuchen sich am altbekannten Rennspiel «Mario Kart». Zwei weitere Besucher sitzen vor einem dritten Bildschirm und sammeln erste Eindrücke beim Fussballsimulator «Fifa 20».
Im Erdgeschoss des Gebäudes der Schulbibliothek Sissach ist viel los am Donnerstag. Gelächter, Neugierde und auch ein wenig Anspannung sind auszumachen. Genau so haben es sich Michele Salvatore und Maximilian Schäfer vorgestellt. Schäfer ist Mitbegründer des Vereins «Digital Natives Switzerland», ein gemeinnütziger Verein, der virtuelle Jugendarbeit betreibt. Am Mittwoch- und am Donnerstagabend luden die beiden zum «Gaming»-Workshop. Ihr Ziel: Über die «Game»-Kultur aufklären, die Eltern selber spielen lassen und so die Kommunikation zwischen den Eltern und den Kindern sowie das Spielen miteinander zu fördern. Gleichzeitig möchten sie die Eltern auf mögliche Gefahren des «Gamings» hinweisen und Ängste nehmen.
Um den Eltern einen guten Einblick in die Faszination «Games» geben zu können, stellten Salvatore und Schäfer verschiedenste Konsolen und unterschiedliche Spiele im ganzen Raum auf. Während eines Rundgangs erklärten sie den Besuchern die Spiele, bevor die Eltern gleich selber Eindrücke sammeln konnten.
Produktives «Gamen» ist möglich
Salvatore hat bereits mehrere solche Anlässe durchgeführt. Er arbeitet eigenständig als soziokultureller Animator und war bereits in der offenen Jugendarbeit tätig. Er möge es sehr, zu «gamen» und deshalb möchte er die Vorurteile gegenüber dieser Freizeitbeschäftigung abbauen. «Ich möchte die positiven Aspekte des ‹Gamens› in der Vordergrund rücken», sagt Salvatore. Viele Eltern seien damit überfordert, ihr Kind vor einer Konsole sitzen zu sehen und verstünden den Sinn dahinter nicht. «In Diskussionen mit den Eltern geht es oft darum, wie lange Kinder an der Konsole sitzen sollen. Das kommt aber völlig auf das Spiel an. Indem wir die Eltern spielen lassen, möchten wir sie dafür sensibilisieren, dass man sich für gewisse Spiele mehr oder weniger Zeit nehmen muss», sagt Salvatore.
«‹Gamen› ist mittlerweile mehr eine Kultur als ein Hobby», sind sich Schäfer und Salvatore einig. «Die Eltern sollen sich mit den ‹Games› auseinandersetzen.» So könne zwischen Kindern und Erziehungsberechtigten viel besser kommuniziert werden. «Durch unseren Workshop möchten wir die Sichtweise der Eltern ein wenig lockern.» Schliesslich liessen sich die Kinder und Jugendlichen beim «Zocken» nicht nur berieseln. Wenn man «streame», dass heisst, man macht eine zeitgleiche Übertragung eines Spiels, bei der Interessierte zuschauen können, verwende man das «Gamen» als etwas Produktives und produziere «Content» für Zuschauer. Dasselbe gelte auch bei Videos eines Spiels, die dann beispielsweise auf Youtube geladen werden.