Menschlichkeit und Nächstenliebe
10.12.2019 OltingenFahrdienst wird mit dem Baselbieter Freiwilligenpreis ausgezeichnet
Seit mehreren Jahren fahren Freiwillige in Oltingen Seniorinnen und Senioren und generell Menschen mit eingeschränkter Mobilität von A nach B. Für die Fahrten einer Dialysepatientin ins Spital Liestal helfen 22 Personen ...
Fahrdienst wird mit dem Baselbieter Freiwilligenpreis ausgezeichnet
Seit mehreren Jahren fahren Freiwillige in Oltingen Seniorinnen und Senioren und generell Menschen mit eingeschränkter Mobilität von A nach B. Für die Fahrten einer Dialysepatientin ins Spital Liestal helfen 22 Personen mit.
Tobias Gfeller
Es ist ein grosser Batzen für jene, die eigentlich gar keinen Lohn möchten. Für sie ist es viel mehr die Anerkennung für eine Leistung, mit der sie seit Jahren mehreren mobilitätseingeschränkten Menschen in Oltingen in ihrem Alltag helfen. 5000 Franken erhält der Fahrdienst des Oltinger Frauenvereins, mit dem seit Jahren vor allem Seniorinnen und Senioren zum Arzt, zum Coiffeur oder zum Bahnhof gefahren werden.
«Man kann einfach anrufen und dann kommt jemand», sagte Jurypräsidentin Katrin Bartels anlässlich der Verleihung des Freiwilligenpreises am Donnerstag in Birsfelden mit hörbarer Bewunderung.
Angefangen hat alles 1998 als Rotkreuz-Notfall-Fahrdienst. Zu Beginn stellten sich drei Fahrerinnen und Fahrer zur Verfügung und brachten Patientinnen und Patienten, welche die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen konnten, zum Arzt, ins Spital oder zu Therapien.
Während 20 Jahren nahmen Oltingerinnen und Oltinger das Angebot dankbar an. Im April 2018 fragte eine Seniorin an, ob der Fahrdienst sie drei Mal wöchentlich ins Kantonsspital Liestal zur Dialyse fahren könnte. Ihr Lebenspartner hatte keinen Führerausweis mehr. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Fahrdienst noch aus zwei Personen. «Es war so schlichtweg nicht möglich, diese grosse Aufgabe zu meistern», erinnert sich Projektleiterin Rosmarie Waldmeier. Doch sie wollten der Frau helfen. «Wir machten einen Aufruf im Dorf, fragten vor allem Pensionierte an, im Gemischten Chor und im Frauenturnverein, ob sie monatlich eine solche Fahrt übernehmen könnten.»
Der Aufruf hatte Erfolg. Oltingen zeigte sich solidarisch und hilfsbereit. Heute beteiligen sich 22 Personen am Fahrdienst für die Dialysepatientin. Den üblichen Fahrdienst tangiert diese «Extra-Dienstleistung» keinesfalls.
«Wir machen es einfach»
Als Einsatzleiterin erstellt Rosmarie Waldmeier die monatlichen Fahrpläne unter Berücksichtigung der gewünschten Einsatztage. «Die Dienste klappen wunderbar und werden gewissenhaft und liebevoll geleistet», schwärmt die Projektleiterin. Im Jahr 2018 waren es 115 Einsätze à 9200 gefahrene Kilometer in 230 Stunden.
Im laufenden Jahr kommen bis Ende August 104 Einsätze à 8320 Kilometer in 208 Stunden dazu. Für den Frauenverein Oltingen und die 22 Fahrerinnen und Fahrer des Fahrdienstes ist der Tenor klar: «Man ist vielleicht selber einmal froh, wenn einem so geholfen wird.» Marion Hufschmid, Präsidentin des Frauenvereins, hinterfragt nie, warum sie das alles machen. «Wir machen es einfach – aus Nächstenliebe.» Die Dialysepatienten bedanke sich immer herzlich bei den Fahrerinnen und Fahrern. Sie sage immer, verrät Rosmarie Waldmeier, dass dies in keinem anderen Dorf ausser Oltingen möglich wäre.
Neben dem ausgezeichneten Oltinger Fahrdienst reichten fünf weitere Projekte aus dem Oberbaselbiet eine Bewerbung für den Freiwilligenpreis ein: Die Turnvereine Anwil und Gelterkinden, die Ferienwoche auf dem Hölsteiner Leuenberg für Personen mit einer Beeinträchtigung anbieten, der Ferienpass Sissach, der Kinder während der Schulferien vielfältige Aktivitäten ermöglicht, und die «Aktion Sissach», die 2019 ihr 50-jähriges Bestehen feiert und durch Märkte und Feste Gelder sammelt, die für gute Zwecke eingesetzt werden. So wurde unter anderem das Familienzentrum in Sissach unterstützt.
Die Verleihung des Freiwilligenpreises fand in festlicher Atmosphäre statt. Für das grosse Engagement aller gab es viel Lob. «Unsere Gesellschaft wäre nirgends, wenn wir nicht Freiwillige hätten, die sich engagieren», betonte Regula Gysin, ehemalige Liestaler Stadtpräsidentin und heutige Präsidentin von «Benevol Baselland», der Drehscheibe zur Vernetzung von Freiwilligen. «Sie sind alle ein Vorbild an Menschlichkeit und Nächstenliebe.»
Den UNO-Tag der Freiwilligen vom vergangenen Donnerstag nutzte auch Regierungsrätin Kathrin Schweizer (SP), um am Nachmittag in der Liestaler Rathausstrasse und abends an der Preisverleihung – ausgezeichnet wurde auch «Adlerbus» Frenkendorf – herzlich Danke zu sagen. Sämtliche Freiwilligenarbeitsprojekte hätten ein grosses Lob verdient, so die Baselbieter Sicherheitsdirektorin.