Jahresrückblick - Aufbruch zum politischen Umbruch
28.12.2019 BaselbietMärz und April | Die SP kehrt in die Regierung zurück, Grüne machen vorwärts
David Thommen
Am 31. März war der kantonale Wahlsonntag da – endlich. Den Wahlkampf hatte man langsam gesehen und sehnte ein Plakatwaldsterben ...
März und April | Die SP kehrt in die Regierung zurück, Grüne machen vorwärts
David Thommen
Am 31. März war der kantonale Wahlsonntag da – endlich. Den Wahlkampf hatte man langsam gesehen und sehnte ein Plakatwaldsterben herbei. Und von den Gipfeli, die man von den Wahlkämpfern in den Bahnhofsunterführungen dauernd geschenkt bekam, hatte man auch genug.
Am meisten strahlte an diesem Sonntag Kathrin Schweizer, die Muttenzer Sozialdemokratin. Sie schaffte den Sprung in die Regierung – und das deutlich. Sie schlug den SVP-Gegenkandidaten Thomas de Courten aus Rünenberg. Links jubelte, da die SP damit nach vier Jahren Absenz die Rückkehr in die Kantonsregierung geschafft hatte. Den Sitz verloren haben die Freisinnigen, deren Regierungsrätin Sabine Pegoraro nicht mehr angetreten war und der SVP das Feld überlassen hatten. Bei den Landratswahlen räumten die Grünen ab und setzten den Trend auch für die nationalen Wahlen. Sie legten um 6 auf 14 Sitze zu. Gewinne hatte man erwartet, dass sie aber gleich so gross ausfielen, überraschte sogar die Öko-Partei selber. Speziell im Bezirk Sissach zeigte die grüne Prozentkurve steil nach oben: «Es grünt so grün im Oberbaselbiet», titelte die «Volksstimme». Für die SVP gab es weniger zu feiern: Sie büsste sieben Mandate ein und musste am Abend des Wahlsonntags zur Kenntnis nehmen, dass sie von der SP als stärkste Partei im Kantonsparlament abgelöst worden war.
Nach dem Einzug Schweizers in die Regierung wurden die Direktionen neu verteilt. Der grüne Sissacher Isaac Reber entschloss sich zu einem Wechsel von der Sicherheits- in die begehrte Baudirektion. Vor Jahren hatten die Bürgerlichen noch genau dieses Vorhaben durchkreuzt – die Zeiten haben sich offensichtlich geändert.
Noch vor den Politikern hatten die Narren ihren grossen Auftritt: Der Sissacher Umzug bildete den fulminanten Auftakt zur Bauernfasnacht im Oberbaselbiet. «Nette Toilette» lautete das eher etwas zufällig erscheinende Motto. Deutlich stärker beschäftigte die Sissacher Fasnächtler beispielsweise die «Sonne». Das Traditionsgasthaus ist seit Monaten wegen Umbaus geschlossen. So wurde die «Sonne» denn auch am Fasnachtsdonnerstag als Chluuri auf den Sissacher Richtplatz geführt und angezündet.
Die «Chluuribouer» schlugen übrigens später Alarm: Sie mussten sich nach einem neuen Lokal umschauen, in dem das mächtige Chluuri künftig gebaut werden kann. Gefunden wurde zunächst nichts. Fast schon wurde unter lautem Wehklagen das Totenglöcklein für diesen alten Brauch geläutet, später zeichnete sich aber eine Lösung ab. Vielleicht sollte man nach diesem kleinen Drama einmal darüber nachdenken, das Chluuri als Chluuri zu verbrennen …
Und sonst? In Rothenfluh wurde die uralte Linde bei der Kirche gefällt, was jemanden ziemlich erzürnte: «Lindenmörder» wurde auf die Strasse gesprayt. In Sissach zerschlug sich der Plan, das leer stehende Pfarrhaus für eine Privatschule umzunutzen – aus Brandschutzgründen, wie es hiess.
Pfarrhäuser und Kirchen sind derzeit häufig in den Schlagzeilen, weil sie nicht mehr gebraucht werden. In Böckten hingegen wurde ganz entgegen dem Zeitgeist ein grosses neues Gotteshaus eingeweiht – die Kirche von «gate 44», der ehemaligen Chrischona.
Im Liestaler «Stedtli» steuerte man im April dem vorläufigen Höhepunkt des Carl-Spitteler-Jahrs entgegen. An die Verleihung des Literaturnobelpreises vor 100 Jahren wurde mit einem grossen Festakt erinnert. Dafür reiste Bundesrat Alain Berset in die Baselbieter Hauptstadt.
Nach kurzer Wahlkampfpause ging es dann in der Politik auch schon wieder munter weiter: Eric Nussbaumer liess sich von der SP als Ständeratskandidat nominieren. Ein Mann! Die FDP hob Daniela Schneeberger auf den Schild. Und die Grünen hatten zuvor schon Maya Graf ins Rennen geschickt. «Wer hat die besten Karten?», rätselte man damals noch. Erst am 24. November, nach dem zweiten Wahlgang, war man dann schlauer. Dass es kein Mann sein wird, hatte man sich allerdings zuvor schon denken können.