Die umworbene Braut zwinkert zurück
17.12.2019 Baselbiet, Fusion, HersbergArisdorf | Gemeinderat ist offen für Fusionsverhandlungen mit Hersberg
Der Arisdörfer Gemeinderat hat seine Bereitschaft signalisiert, mit Hersberg in Fusionsverhandlungen zu treten. 2017 war bereits eine Absichtserklärung betreffend Fusion unterzeichnet ...
Arisdorf | Gemeinderat ist offen für Fusionsverhandlungen mit Hersberg
Der Arisdörfer Gemeinderat hat seine Bereitschaft signalisiert, mit Hersberg in Fusionsverhandlungen zu treten. 2017 war bereits eine Absichtserklärung betreffend Fusion unterzeichnet worden.
Christian Horisberger
Das Interessanteste hatte sich der Gemeinderat bis zum Ende der Budgetgemeindeversammlung aufgehoben: die mögliche Fusion mit Hersberg. «Die Idee ist nicht ganz neu», sagte Gemeindepräsident Markus Miescher. Bereits 2017 hätten Gespräche zwischen den Gemeinderäten betreffend Fusionsverhandlungen stattgefunden: Die Initiative sei damals vom Hersberger Gemeindepräsidenten Florian Kron ausgegangen.
Die Räte waren sich einig geworden, das Thema zu prüfen, wandten sich auch schon an die zuständigen kantonalen Stellen und unterzeichneten eine Absichtserklärung. Als Kron im September 2018 als Gemeindepräsident zurücktrat, sei die Fusion in die «berühmte Schublade» gewandert, sagte Miescher am Donnerstag. Der Arisdörfer Gemeinderat habe nichts weiter unternommen, da für ihn kein dringender Handlungsbedarf bestehe.
In Hersberg präsentiert sich die Situation anders. Das Nachbardorf bekundet jeweils grosse Mühe, wenn es darum geht, Lücken im Gemeinderat zu schliessen. Dann stehe immer wieder eine erneute «Vergemeinderatung» durch den Kanton im Raum, so Gemeindepräsident Miescher. Die neuerlichen Avancen gingen auf die Anregung eines Hersberger Stimmbürgers zurück. Nach der kürzlich erfolgten Zustimmung der Hersberger zum Kredit für eine Fusionsprüfung mit Arisdorf (die «Volksstimme» berichtete), warte der Gemeinderat nun die offizielle Anfrage ab, werde sich beraten und dann die Bevölkerung informieren.
Lieber Fusionen als Regionen
Mieschers Haltung zur möglichen Heirat mit dem Nachbarn hat sich in der Zwischenzeit nicht geändert: Arisdorf kooperiere bereits heute eng mit Hersberg, daher sei es sinnvoll, sich auf die Prüfung einer Fusion einzulassen. 2018 hatte der Präsident in einer «Carte blanche» in der «Volksstimme» festgehalten, dass es aus seiner Sicht unumgänglich sei, dass Gemeinden in Zukunft grossräumig nach Lösungen suchten. Dies nicht unbedingt mit der Regionenbildung, wie sie der Kanton forciert. Die «Regionen» bedeuteten nicht zuletzt einen grossen Mehraufwand für die Gemeinderäte, so Miescher. Das Denken solle sich vielmehr in Richtung Gemeindefusionen entwickeln.
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nahmen an der Gemeindeversammlung ferner Kenntnis vom Finanzplan, der für die kommenden fünf Jahre rote Zahlen prognostiziert und bewilligten das Budget, einen Liegenschaftskauf sowie die Reglemente über die familienergänzende Kinderbetreuung (FEB) und die Feuerwehrpflichtersatzabgabe.
Der Voranschlag, der bei unverändertem Steuerfuss für natürliche Personen (59 Prozent) und Ausgaben von 9,65 Millionen ein Minus von 364 000 Franken vorsieht, sorgte für keinerlei Diskussionen. Am FEB-Reglement dagegen bemängelte eine Stimmbürgerin, dass der Mittagstisch der Gemeinde und Mittagstisch-Angebote von Kindertagesstätten nicht im selben Umfang mit Steuergeldern unterstützt würden.
Vom beabsichtigten Kauf einer Parzelle mit einer unbewohnten, unter Denkmalschutz stehenden Liegenschaft an der Känelmattstrasse waren einige Votanten nicht überzeugt. Das Haus, die «Gräbner-Scheune», sei in einem schlechten baulichen Zustand; der Unterhalt könne ins Geld gehen. Da die Gemeinde knapp bei Kasse sei und gegenwärtig nicht in einen Umbau investieren könne, sei es vernünftiger, auf den Kauf zu verzichten. Gemeinderätin Ivana Wenk erklärte, dass die Gemeinde das Grundstück sehr günstig von der Kantonalbank erwerben könne und zu gegebener Zeit für gemeindeeigene Zwecke nutzen möchte. Sollten die Mittel dafür längerfristig fehlen, könne man die Liegenschaft immer noch mit 150 000 Franken Gewinn verkaufen, sagte sie. Der Kredit für den Kauf in der Höhe von 231 900 Franken wurde mit drei Gegenstimmen bewilligt, alle anderen Vorlagen einstimmig.
NACHGEFRAGT | MARKUS MIESCHER, ARISDORF
«Eine Fusion drängt sich geradezu auf»
Herr Miescher, Hersberg muss, Arisdorf darf. Ist die Gesprächsbereitschaft von Ihrer Seite eher eine gutnachbarschaftliche Geste oder würde Ihr Dorf auch von einer Fusion profitieren?
Markus Miescher: Auch wir hätten unsere Vorteile. Wir arbeiten schon heute in vielerlei Hinsicht zusammen: Schule, Friedhof, Werkhof, die Hersberger haben ihre Gemeindeverwaltung an Arisdorf ausgelagert. Alles, was wir bereits gemeinsam haben, würde einfacher, schon deshalb, weil bei einer Fusion die Verträge für alle bereits bestehenden Kooperationen entfielen.
Müsste Arisdorf keine Institution an Hersberg «abgeben»?
Hersberg hat kaum mehr etwas bei sich im Dorf: Primarschule, Werkhof und Verwaltung sind bereits in Arisdorf. Bei der Feuerwehr sind beide Gemeinden an Liestal angeschlossen.
Wir haben es an der Gemeindeversammlung gehört: Arisdorf ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Haben Sie keine Angst, dass bei einer Fusion in dieser Hinsicht der Schuss nach hinten losgeht?
Ich bin überzeugt, eine Fusion hätte für uns keine negativen finanziellen Auswirkungen und für Hersberg wahrscheinlich auch nicht. Aufgrund meines heutigen Wissensstands drängt sich eine Fusion geradezu auf. Freilich müssen wir zuerst eine sorgfältige Prüfung vornehmen und dabei auch Verträge mit Dritten durchleuchten.
Wie kommen die Arisdörfer und Hersberger miteinander aus?
Die Einwohnerinnen und Einwohner von Hersberg sind schon heute stark in Richtung Arisdorf orientiert. Es ist eine lange Tradition, dass die Hersberger zu uns in die Vereine kommen: Turnverein, Musikverein, Frauenverein – man kennt sich.
Wie steht es mit den Beziehungen nach Giebenach? Besteht die Option, dass Ihr anderer Nachbar im Violatal in die Fusionsverhandlungen miteinbezogen wird?
Ich glaube nicht. Wir kooperieren zwar beim Werkhof, doch Giebenach und Arisdorf ticken unterschiedlich. Unsere Beziehung zu Giebenach ist nicht so intensiv wie zu Hersberg. Aber so etwas kann sich ja rasch ändern.
Fast 50 Jahre nach Biel und Benken wären Arisdorf und Hersberg die ersten Dörfer im Kanton, die fusionieren. Treibt Sie auch so etwas wie Pioniergeist an?
Biel-Benken können wir vergessen, das liegt so weit zurück, da können wir keine Erfahrungen mehr mitnehmen. So wäre die Fusion eine echte Herausforderung für uns.
Sie scheinen sich auf Hersberg zu freuen.
Persönlich: Ja. Für mich ist auch klar, dass es früher oder später mehr Gemeindefusionen geben wird. Der Aufwand, den man in einer Verwaltung betreibt, ist riesig und wächst stetig weiter. Das werden sich irgendwann längst nicht mehr alle Gemeinden leisten können.