KOMMENTAR
26.11.2019 WahlenDie Unschlagbare
David Thommen
Maya Graf (Grüne) hat das Ständeratsrennen also für sich entschieden. Vielleicht nicht ganz so deutlich und glanzvoll, wie das viele nach dem ersten Wahlgang erwartet hätten. Doch am Unterschied von gut 2000 Stimmen ...
Die Unschlagbare
David Thommen
Maya Graf (Grüne) hat das Ständeratsrennen also für sich entschieden. Vielleicht nicht ganz so deutlich und glanzvoll, wie das viele nach dem ersten Wahlgang erwartet hätten. Doch am Unterschied von gut 2000 Stimmen auf die freisinnige Konkurrentin Daniela Schneeberger gibt es letztlich nichts zu deuteln.
Natürlich ist Graf auch durch die grüne Welle in den Ständerat gespült worden, doch das ist längst nicht die ganze Erklärung. Die Sissacherin galt hierzulande schon nach ihren ersten Auftritten auf der politischen Bühne als eines der grösseren politischen Talente. Sie ist heute das, was für die wenigsten Politikerinnen und Politiker gilt – sie ist in weiten Bevölkerungskreisen beliebt, ja populär. Sie hat ein gewinnendes Wesen, kann auf die Menschen zugehen, ist bodenständig, ausgesprochen fleissig und seit Jahr und Tag auch in den nationalen Medien immer wieder präsent. Ihre Politik war bisher zwar stets konsequent links-grün und kämpferisch (man denke an den «Mais im Bundeshaus»), doch verbissen wirkt sie dennoch nicht. Ganz bestimmt hat sie am Sonntag sehr viele Stimmen von Baselbieterinnen und Baselbietern erhalten, die das grüne Parteiprogramm nie und nimmer vorbehaltlos unterzeichnen würden. Die Wähler haben die Person Maya Graf gewählt. Und das ist nun der so schöne wie anspruchsvolle Auftrag, den die neue Ständerätin insgesamt umsetzen muss: Sie hat das ganze Baselbiet zu vertreten. Das heisst, von grünen Maximalforderungen abrücken, sich vielleicht sogar einmal gegen die eigene Partei stellen. Sie wird diesen Rollenwechsel schaffen, so, wie das ihrem Vorgänger, dem Sozialdemokraten Claude Janiak, ebenfalls gelungen ist. Der Baselbieter Ständeratssitz bleibt damit im links-grünen Lager, besetzt wieder mit einer profilierten Persönlichkeit. Im Nordwesten letztlich also nichts Neues.
Daniela Schneeberger hatte nach dem ersten Wahlgang ein schlechteres Blatt in der Hand als sie selber gehofft hatte, doch sie hat ihre Karten gut gespielt. Sie hat einen engagierten Wahlkampf hingelegt, war präsent, hat vor allem das bürgerliche Lager von SVP bis CVP hinter sich bringen können und wohl auch Stimmen geholt, die im ersten Wahlgang noch an den SP-Kandidaten Eric Nussbaumer oder an EVP-Kandidatin Elisabeth Augstburger gegangen waren. Die Thürnerin hat gut mobilisiert. Eindrücklich alleine schon, wie viele kleine persönliche Inserate von Unterstützerinnen und Unterstützern wir für sie in der «Volksstimme» gesehen haben.
Ob sie tatsächlich die richtige Kandidatin für das bürgerliche Lager gewesen sei, wurde Schneeberger am Sonntag in einem Interview gefragt. Gegenfrage: Wer denn sonst, um Himmels willen? Vor allem hätte auch jeder bürgerliche Mann das Nachsehen gegen Graf gehabt. 2019 war nicht nur eine Klimawahl, es war auch eine Frauenwahl. Die Zeit für die erste Baselbieter Ständerätin war schlicht und ergreifend reif. Weit und breit ist niemand zu sehen, der besser abgeschnitten hätte als Daniela Schneeberger. Nein, es ist keine Schande, gegen Maya Graf zu verlieren.
Die Niederlage mag bitter sein, doch Schneeberger ist eine Sportlerin, die wieder aufsteht, zumal sie sich nach ihrem grossen Einsatz nichts vorzuwerfen hat. Für sie rückt nun möglicherweise bald das Amt der Präsidentin des Schweizerischen Gewerbeverbandes ins Zentrum, auch wenn sie sich derzeit noch nicht abschliessend entschieden hat, ob sie dies tatsächlich anstreben wird. Die nächsten Wochen werden Klarheit bringen. Auch hier gäbe es wieder eine Art «Wahlkampf». Der Thürnerin wäre zuerst ein Moment der Erholung zu gönnen, bevor sie wieder in den Ring steigt. Maya Graf, Daniela Schneeberger, alles Gute!