31 Räte wurden abgewählt
22.10.2019 WahlenBern | Mehr Männer als Frauen dürfen nicht mehr nach Bern
Überdurchschnittlich sind die Nationalratswahlen in zumindest zwei Punkten: Der Frauenanteil hat sich stärker erhöht als in den Vorjahren, und überdurchschnittlich viele Ratsmitglieder ...
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Überdurchschnittlich sind die Nationalratswahlen in zumindest zwei Punkten: Der Frauenanteil hat sich stärker erhöht als in den Vorjahren, und überdurchschnittlich viele Ratsmitglieder – viel mehr Männer als Frauen – wurden abgewählt.
sda. 31 amtierende Nationalratsmitglieder haben von der Wählerschaft einen Korb bekommen und müssen unfreiwillig ihre Plätze räumen. Das sind mehr als bei den drei letzten Wahlen, als jeweils etwa zwei Dutzend abgewählt wurden. Zurückgetretene mitgezählt, nehmen auf insgesamt 60 der 200 Sessel im Nationalratssaal Neulinge Platz.
Die Nationalrätinnen haben ihre Sache in der vergangenen Legislatur offenbar gut gemacht: Nur vier Frauen wurden abgewählt. Das sind 13 Prozent und weit weniger als der bisherige Frauenanteil im Nationalrat von 32 Prozent. Und die Erwartungen an die Frauen sind da: Ihr Anteil in der grossen Kammer steigt um rund 30 Prozent auf neu 42 Prozent oder 84 Nationalrätinnen. In Prozentpunkten ist der Frauenanteil im Vergleich der letzten Jahre überdurchschnittlich gewachsen.
Die Schweiz hat zudem einen so jungen Nationalrat wie noch nie in den vergangenen Jahrzehnten gewählt. Das Durchschnittsalter der Nationalrätinnen und Nationalräte sank von 50,3 auf 49 Jahre. Das zeigt eine Auswertung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS). Die Verjüngung geht unter anderem auf die Wahlerfolge von Grünen und Grünliberalen zurück: Mit im Schnitt 44,8 Jahren sind die Grünen die jüngste Gruppe im Nationalrat. Auch die Fraktionen von SP (47,1 Jahre) und GLP (48,0) sind überdurchschnittlich jung.
Die bürgerlichen Fraktionen von SVP (49,6) und FDP (50,6) ziehen den Altersdurchschnitt dagegen nach oben. Die «älteste» Fraktion stellt die CVP mit einem Durchschnittsalter von 51,8 Jahren. Weiterhin sind sowohl die 18- bis 30-jährigen wie auch die über 70-jährigen Einwohner durch Gleichaltrige im Parlament kaum vertreten.
Jüngstes Ratsmitglied mit 25 Jahren ist der Neuling und Zürcher FDP-Politiker Andri Silberschmidt. Der zurzeit älteste Nationalrat ist der 72-jährige Bisherige Jean-Pierre Grin (SVP/VD). Er sitzt seit 2007 in der grossen Kammer.
Tiefere Stimmbeteiligung
Gesunken ist die Stimmbeteiligung: 45,1 Prozent der Berechtigten haben sich an den Nationalratswahlen beteiligt, 3,4 Prozentpunkte weniger als 2015. Die Beteiligung ging nach einer Stabilisierung bei den Wahlen 2007 und 2015 erneut zurück, wie aus Zahlen des BFS hervorgeht.
Das BFS veröffentlichte in der Nacht auf gestern Zahlen zu den neuen Parteistärken. Die SVP bleibt mit 25,6 Prozent zwar mit Abstand stärkste Kraft, musste aber mit 3,8 Prozentpunkten auch die grössten Verluste hinnehmen. Die SP brach um 2,0 Prozentpunkte auf 16,8 Prozent ein, die FDP um 1,3 Prozentpunkte auf noch 15,1 Prozent.
Der historische Wahlerfolg hat die Grünen zur viertgrössten politischen Kraft im Land gemacht: Sie legten um 6,1 Prozentpunkte zu, überholten die CVP und haben neu einen Wähleranteil von 13,3 Prozent. Die CVP verlor 0,2 Prozentpunkte und steht bei 11,4 Prozent.
Die GLP konnte um 3,2 Prozentpunkte auf 7,8 Prozent zulegen. Abgeschlagen folgen die BDP mit nur noch 2,4 Prozent (minus 1,7 Prozentpunkte). Die EVP dagegen gewann 0,2 Prozentpunkte und steht nun bei 2,1 Prozent.
Grün mobilisierte
Die Grünen haben viele neue Wählerinnen und Wähler mobilisieren können. Gemäss einer Nachwahlbefragung im Auftrag von Tamedia punkteten sie besonders bei Menschen, die 2015 nicht gewählt haben. Doch auch SP-Wählende wechselten zu den Grünen.
20 Prozent der SP-Wählerschaft von 2015 hat am Wochenende Grün gewählt. 14 Prozent der GLP-Wählerschaft von 2015 unterstützten diesmal die Grünen. Die GLP gewann Wählerinnen und Wähler aus mehreren Parteien, insbesondere von der BDP und zusätzlich von der FDP, SP und selbst den Grünen.
Im bürgerlichen Lager gab es gemäss der Befragung wenig Wählerbewegungen zwischen den Parteien. 9 Prozent der FDP-Wählerschaft von 2015 wechselte zur SVP, während 4 Prozent der SVP-Wählerschaft von 2015 sich nun für die FDP entschied. Die Verluste der SVP sind insbesondere mit einer vergleichsweise tiefen Mobilisierung bei der eigenen Basis und einer unterdurchschnittlichen Unterstützung bei jenen zu erklären, die 2015 nicht an den Wahlen teilgenommen haben.