Jacqueline Antoinette Gunzenhauser-Henry, Sissach
11.04.2019 SissachAm 14. März 2019 ist Jacqueline Gunzenhauser-Henry, die Witwe von Rudolf Gunzenhauser, der als Unternehmer massgeblich am Aufbau der JRG Gunzenhauser AG beteiligt war, nach einem reich erfüllten Leben in Sissach verstorben. Sie war Mittelpunkt, Herz und Seele der Familie. Ihr Sohn ...
Am 14. März 2019 ist Jacqueline Gunzenhauser-Henry, die Witwe von Rudolf Gunzenhauser, der als Unternehmer massgeblich am Aufbau der JRG Gunzenhauser AG beteiligt war, nach einem reich erfüllten Leben in Sissach verstorben. Sie war Mittelpunkt, Herz und Seele der Familie. Ihr Sohn Johann Rudolf Gunzenhauser erinnert sich:
Unsere Mutter Jacqueline wurde am 14. Juli 1921 als zweite von drei Töchtern in Vernier bei Genf geboren. Sie war immer sehr stolz darauf, dass sie am französischen Nationalfeiertag Geburtstag hatte. Ob der Sturm auf die Bastille und ihr zweiter Vorname Antoinette einen Zusammenhang haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Ihr Vater Octave Henry war ein gebildeter Bauer, in Vullierans, nördlich von Morges aufgewachsen, dem Dorf, das die grösste Weizenproduktion der Schweiz hatte. Er war «Guide», also Elitekavallerist und konnte tolle Geschichten aus seiner Militärzeit erzählen. Seine Frau Constance Victoire kam ebenfalls aus einer wohlhabenden Bauernfamilie. Leider konnten beide keinen der beiden Höfe übernehmen, da diese an ihre Brüder gingen. So kamen unsere Grosseltern als Pächter auf den Gutshof des Schlosses von Vernier.
Hier verbrachten die drei Schwestern eine glückliche Jugendzeit im Umkreis des herrschaftlichen Bauernbetriebs zwischen Dorf und Rhone. Die Gutsbesitzer waren der jungen Familie zugetan und luden sie, auch zu Weihnachtsfeierlichkeiten, ein. Leider konnten die Besitzer diese Idylle nicht halten und Octave kaufte eine bescheidene Villa mit sehr grossem Umschwung, wo er etwas Landwirtschaft betrieb und für eine Versicherung arbeitete. Später genossen wir drei Brüder mit unseren Cousins aus Genf und den Buben vom Dorf dieses abenteuerliche Anwesen mit Tieren bei unseren wilden Spielen.
Jacqueline besuchte nach der obligatorischen Schulzeit eine höhere Mittelschule in Genf und verbrachte ein Jahr in Wädenswil, um noch besser Deutsch zu lernen. Sie arbeitete bis zu ihrer Heirat 1944 unter anderem bei einem Rechtsanwalt in Lausanne und bei der Bundesverwaltung in Bern.
1940 fand der Fliegersoldat Rudolf Gunzenhauser in der Scheune der Familie Henry eine gute Tarnung für seinen Lastwagen und, oh Wunder, zufällig waren auch drei hübsche, weniger getarnte Töchter auf dem Anwesen. Als Ruedi die spätere Schwiegermutter fragte, ob er bei ihr ein Bad nehmen dürfe, mussten die Töchter die ganze Wohnung putzen, weil die Mutter vermutete, dass bei diesem Soldaten zu Hause alles silbern und golden wäre! Der Witz: Bei der Familie Gunzenhauser wurde damals in einem Zuber in der Waschküche gebadet!
Bald ergab sich aus einem Techtelmechtel eine nachhaltige Verbindung. Geheiratet wurde, nachdem Ruedi versprechen musste, mit dem Segelfliegen aufzuhören, am 21. Oktober 1944, am Geburtstag von General Guisan und auch der späteren Enkelin Caroline.
Ab 1945 durfte Jacqueline, zur Freude der Gunzenhausers, drei Söhne zur Welt bringen. Am Anfang wurde im Haushalt an der Margarethenstrasse nur Französisch gesprochen. Erstaunlich war, wie Ruedi, obwohl er in der Bezirksschule nur zwei Jahre Franz hatte, sich sehr gut welsch ausdrücken konnte! Wahrscheinlich hat er in den vier Jahren vor der Hochzeit hier nachgearbeitet!
Charmante Welsche
Schön war es, mit unserer Mutter im Dorf einkaufen zu gehen. Sie war damals als charmante Welsche ein bisschen exotisch und jedermann bemühte sich, mit ihr Französisch zu sprechen. Die damaligen Deutschschweizer hatten diese Fähigkeiten noch!
Die junge Familie konnte sich dank des Firmenerfolgs bald einen gediegenen Lebensstandard leisten. Man baute ein neues Haus am Mühlestettenweg, hatte viele Freunde. Jacqueline und Ruedi verkehrten unter anderem in einem francophonen Club in Basel, was auch speziell dem bildungshungrigen Ruedi zusagte.
Wir drei Brüder als gute Oberbaselbieter betrachteten diese kauzigen, charmanten und farbigen Basler etwas misstrauisch, hatten doch diese feinen Leute uns vor etwas über 100 Jahren bevogtet. Doch bald waren sie für uns auch Menschen!
Unsere Eltern hatten aber auch ein gutes Netzwerk in den Dörfern um Sissach, und so kam auch das Bodenständige nicht zu kurz.
Unsere Mutter hat uns vorbildlich geführt und gepflegt. Das kam besonders zum Ausdruck, als Peter wegen seiner Lungenentzündungen spezieller Zuwendung bedurfte und später, als Schaggi an Kinderlähmung erkrankte und die Heilung sehr ungewiss war. Sie war eigentlich streng und konsequent, aber eben auch ausgleichend, wenn Ruedi etwas unsanft mit uns Revoluzzern umging.
So vergingen die Jahre mit Aufs und Abs, aber meistens war es ein positiver Fortschritt. Die drei Söhne schlossen ihre Ausbildung ab, traten in die JRG ein, heirateten und es kamen zur Freude von Jacqueline und Ruedi neun quicklebendige Enkel und Enkelinnen auf die stolzen Grosseltern zu. Sie unternahmen sehr viel mit diesen Kindern, sei es in Sissach oder in ihrem Ferienhaus in Perroy, und sie alle, jetzt in der Mitte ihres Lebens Stehenden, haben gute Erinnerungen an ihre Grosseltern. Nach den Enkeln kamen später, leider der heutigen Zeit entsprechend, nur noch acht Urenkel dazu.
Lebenswille und Lebensfreude
Kurz vor Ostern 2002 verstarb Ruedi, gerade 90 geworden. Er hatte das Glück, bis zu seinem Ableben geistig klar zu sein, was seiner Frau leider nicht vergönnt war. Neun Monate nach dem Tod ihres Mannes verschied ihr jüngster Sohn Peter überraschend. Trotz dieser beiden herben Verluste entwickelte unsere Mutter sehr viel Lebenswillen und Lebensfreude. Sie ging bis vor vier Jahren im Sommer in ihr schönes Landhaus über dem Genfersee in die «Ferien» und pflegte dort ihre welsche Verwandtschaft und freute sich über die vielen Besuche aus der Nordschweiz.
Leider liess sie, trotz ihres starken Körpers, der Geist immer mehr im Stich. Es war bedrückend zu erleben, wie sie anfänglich ihre Bekannten, dann ihre Enkel und später auch uns nicht mehr erkannte. Dank einsatzfreudiger Damen mit geschickten Händen und vor allem positiver Einstellung zu ihrer Arbeit und den alten Menschen gegenüber, durfte sie ihre langen letzten Tage in guter, geduldiger und liebevoller Pflege ihrer Erlösung entgegengehen.
Wir danken unserer Mutter für das, was sie uns gegeben hat und danken allen, die sie liebevoll begleitet haben.
Johann Rudolf Gunzenhauser