Der Sonnenuntergang beflügelt
14.03.2019 SissachDas Beste vom Schnitzelbankabend in den hiesigen Beizen
Die inzwischen geschlossene «Sonne» wirft in der Schnitzelbankszene heuer die grössten Wellen. Ein Glücksfall sind zudem die Fehden der Sissacher mit den aufmüpfigen Eingeborenen in der Provinz. Die Verseschmiede können hier aus ...
Das Beste vom Schnitzelbankabend in den hiesigen Beizen
Die inzwischen geschlossene «Sonne» wirft in der Schnitzelbankszene heuer die grössten Wellen. Ein Glücksfall sind zudem die Fehden der Sissacher mit den aufmüpfigen Eingeborenen in der Provinz. Die Verseschmiede können hier aus dem Vollen schöpfen.
Nachtheuel
So traurig es für die Gäste der «Sonne» in Sissach sein mag, dass ihr Lokal nach einem Besitzerwechsel und wegen der anstehenden Umbauarbeiten derzeit dicht ist – für die Verse ist diese Tatsache ein gefundenes Fressen. Praktisch alle Schnitzelbänke aus der Bezirksmetropole und aus den umliegenden Trabantensiedlungen machten sich Gedanken darüber, wie es wohl mit dem Traditionshaus weitergehen mag. Bleibt die «Sonne» der Treffpunkt für das Volk? Baut Besitzer Michele Linsalata das Objekt in Altersresidenzen für Gutbetuchte um? Oder – es wäre der Supergau – verkommt das Haus gar zu einem Pizzaladen, wie sie in den vergangenen Jahren im Dorf wie Pilze aus dem Boden geschossen sind? Fragen über Fragen, die nicht nur den Fasnächtlern unter den Nägeln brennen. Der Nachtheuel verfolgte für die «Volksstimme» im «Caprice» den vierstündigen Reigen der Schnitzelbänkler.
Auch D Galgevögel, seit 20 Jahren erfolgreich im Geschäft mit der Philosophie «Mir mache Bänk und trinke Bier», standen vor verschlossener Tür, als sie in der «Sonne» zu singen gedachten, wie ihr Vers zeigt:
Mir hei welle in der Sunne go singe. Doch das goht nid, i glaub, die spinne. Frühner hesch dört chönne schlemme und drzue es Bierli stemme. Neu gits Runzle und Demänz, und heisst jetz Altersresidänz. Seit doch dr Insalata:
«Do in han i no nie Salat gha.»
Die gleiche Formation machte sich allgemein ein paar Gedanken, was es so auf sich hat mit dem gehobenen Dinieren auf dem Platz Sissach:
Wötsch gediege go dinniere,
chönntisch fascht d Geduld verliere.
Wenn nit zfride mit em Esse bisch,
blibt er leer, dr Beizetisch.
Überall dä Einheitsbrei!
Jetz han i gnueg: I friss dehei!
D Sissacher möche über Zunzger es Gschrei;
Aber d Zunzger, die sie pizzafrei.
Das Trio Büchel-Rueche gedachte, den Sissachern die Leviten ebenfalls in der «Sonne» zu verlesen. Was dabei herauskam, packten die Zunzger mit ihrem geschliffenen Mundwerk in einen Vers. Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Büchel-Rueche die erste Zeile den Galgevögeln abgeschrieben haben. Umgekehrt ist natürlich auch möglich. Oder die Schnitzelbänkler haben beim Dichten die gleiche geistige Inspiration verspürt.
Mir hei hüt in d Sunne welle go singe.
Dr Tunnelbouer meint, jede Bank söll das bringe.
Drum hei mer kei Pointe, das müessed dir erträge, will mir leu nis vomemene Sissacher nüt la säge.
Die Büchel-Rueche nutzten die Stunde, um den heiss geliebten Sissachern mit drei weiteren
Versen gehörig ans Schienbein zu «ginggen».
Auch Gemeindepräsident Peter Buser gehörte zu den Leidtragenden:
Dr Buser Peter, Hashtag «dr Gmeinipresidänt»
Setzt sich für d Kunschti i, das finde mir excellänt.
S Gueten isch an dere langjöhrige Gschicht:
im Gegesatz zum Buser Peter isch s Kunschtidach jetzt dicht.
Das Einmannteam dr Farblosi führt seit Jahren sprachlich eine dermassen feine Klinge, dass seine Helgen gar keine Farbe vertragen und deshalb in schwarz-weiss gehalten sind. Die Palette seiner 14 Vierzeiler und einem Einzeiler – ja das gibts – reicht vom Lokalen bis zum Globalen. Dabei leuchtet er auch den Zunzgern deutlich heim:
S unschinbare Glüehwürmli isch hür s Tier vom Johr, Stellewis scho ganz usgstorbe, an andere in Gfohr. Drum gäbet bitte alli Sorg, dir Zunzger sowieso. Denn dank so Würmli chönti euch au mol es Liecht ufgoh.
Und der Kürze wegen noch der Einzeiler. Ein weiterer Kommentar erübrigt sich:
D Kunschti isch e Halle –
i hoff, si tuet euch gfalle …
Obwohl sich die Wellen des seit zehn Jahren bestehenden Rauchverbots in den Beizen gänzlich gelegt haben, taucht das Thema auch heute noch gelegentlich auf. Die Bänklischliffer, ein Duo, Frau und Mann, trauerten den vergangenen Zeiten auf ihre Art nach:
Sit 10 Johr dörfsch scho nüm in de Beize schlote.
Künftig chasch am Bahnhof au in d Bedrouille grote.
Mir chöi das nid begryffe, wie chas das numme geh?
Z mindscht am Bahnhof sett me doch e Zug no dörfe neh!
Mehrere Formationen machten sich Gedanken über die Zwängerei von US-Präsident Donald Trump, die Grenze zu Mexiko mit einer Mauer abzudichten. Grundsätzlich, meinten sie, sei das eine gute Idee. Aber, fanden die Bänkler heraus, es gebe geeignetere Orte als eine Wüste, um solche Mauern zu bauen. Die Tunnelbouer müssen es ja wissen und stellten ein Pilotprojekt vor:
Dr Donald Trump will Muure boue,
doch für Demokrate isch das suspäkt.
Si verlange zerscht Erfolgszahle, irgend vomene fundierte Pilotprojekt. Dä Versuech sig voll am Laufe, dr Trump sig geischtig voll derby; Schiints zuune si hüt Zobe Zunzge i.
Um eine Panik unter den anwesenden Zunzgern zu vermeiden, beruhigten die beiden Mauerbauer die Gäste aus der Provinz mit dem Nachsatz:
Also d Grundidee find i guet.
An all die Zunzger, wo müesse hei go pfuuse:
Also iine chömmed dr immer,
aber sicher nümm uuse.
Auch Dr Farblosi sieht nur Vorteile, wenn man ein solches Projekt hierzulande in die Tat umsetzen würde und tat kund:
I will die Mur zu Mexiko, dr Trump zwängt wie ne Goof. D Ami wehre sich drgege, sie si jo nid doof. Drufabe stoht denn s ganz Land still. Eus cha das nid passiere. Wenn mir e Mur zu Zunzge wei, duet jede applaudiere.
Die Buckter Fröschebei sind seit Jahrzehnten im Geschäft. Sie können auch singen und haben ein weiteres Mauerprojekt in ihrer Pipeline:
Amerika het es Problem mit Mexiko. Die wei doch alli über d Gränze go. Wäge dem will der Trump au sini Muur. Do derby isch de Siech halt eifach schtuur. De Bou erreicht sis Ziel Und choschtet ziemlich vill. So ne Muur bi eus würde d Landschaft zwar versoue. Doch wär niemer truurig, würd me die um Züri boue.
Während die Gelterkinder Bänke grossmütig davon absahen, die Sissacher wegen der Kosten des Kunstiumbaus durch den «Gaggo» zu ziehen, nahmen die Fasnächtler anderer Hochburgen kein Blatt vor den Mund. D Motte aus Zunzgen wissen zudem, dass die Löcher im Dach keineswegs verschwunden sind und meinten lakonisch:
Löcher het me nid so gärn,
will die düei meischtens rünne.
Das gilt für Schlüüch und Schirm,
für s Schwimmbad und für Brünne.
Drum hei si z Sissech d Kunschti gflickt.
Jetz schtoht me nümm im Nasse.
Alli Löcher sy ewägg – jetz sy si in der Kasse.
Dr Rätschueli & Housi konnten es sich nicht verkneifen, der «Volksstimme» eins auszuwischen:
Hesch nassi Schueh, es blibt derbi,
tuesch am beschte e Zittig dri.
I ha denn welle d Volkschtimm neh,
loset jetz guet zue!
Das dünne Blättli längt jo nid emol für ei Schueh.
(Offenbar ist nur diese Zeitung in der Lage, nasse Schuhe auszutrocknen. Denn in den andern Gazetten steht so viel Seich, dass die Schuhe gar nicht trocknen können. Die Bänkler haben also klug gehandelt, der Setzer.)