«Waldenburgerli» schwebt ins Museum
04.01.2019 Sissach«Volksstimme»-Jahresrückblick September bis Dezember
vs. Ende gut, alles gut. Trotz extremer Hitze und Trockenheit sind Waldbrände glücklicherweise ausgeblieben und verdurstet ist auch niemand. Die Dampflok «Gedeon Thommen» der ...
«Volksstimme»-Jahresrückblick September bis Dezember
vs. Ende gut, alles gut. Trotz extremer Hitze und Trockenheit sind Waldbrände glücklicherweise ausgeblieben und verdurstet ist auch niemand. Die Dampflok «Gedeon Thommen» der Waldenburgerbahn wird in ihre letzte Ruhestätte gehievt, das Gelterkinder Schwimmbad und die Sissacher Kunsteisbahn können wieder in Betrieb genommen werden.
In den letzten Monaten des Jahres heisst es aber auch Abschied nehmen: von den Girods, die nach vielen Jahrzehnten das Hotel Restaurant Sonne verlassen, vom «Spanier» in Sissach und in Titterten von einem Gemeinderat, der sich nicht an den harschen Ton gewöhnen wollte, der in der Politik angeschlagen wird.
Dunkle Wolken gab es trotz allem auch
September und Oktober | Anzeichen des Kunsti-Debakels, eine letzte rauchige und viele saubere Fahrten
tho. Beim Durchforsten der «Volksstimmen» von September und Oktober fällt auf, dass es ein «Mega-Thema» gab. Wir haben damals so häufig darüber berichtet, dass wir uns hier im Jahresrückblick zur Kompensation nobel zurückhalten – oder wenigstens erst ganz am Schluss darauf zurückkommen. Richtig, es hat mit dem Wetter zu tun.
Entgegen der meteorologischen Tatsache, dass Gewitter schmerzlich vermisst wurden, gab es im Oberbaselbiet dennoch einige dunkle Wolken, vor allem über den Schmalspurschienen der Waldenburgerbahn. Die historische Lok «Gedeon Thommen» pustete zum letzten Mal ordentlich dicken Rauch in die Luft. Das Bähnlein pendelte an einem schönen Sonntag mehrfach zwischen Waldenburg und dem Bad Bubendorf. Aus Sicherheitsgründen durften nicht allzu viele Passagiere mitreisen, entlang der Strecke hingegen standen sich die «Trainspotter» auf den Füssen herum, um die letzten Fotos der historischen Kombination zu knipsen. Nachdem das Züglein seinen Dienst getan hatte, wurde es in die neu gebaute Remise beim «Talhaus» gebracht und eingemottet. Dort wird der Zug nun bis zum St. Nimmerleinstag ruhen. Ein Ausfährtchen ist bald unmöglich: Die Schmalspurschienen der WB werden bei Gelegenheit entfernt. Die neuen Schienen sind zu breit für das alte Bähnli.
Budget gesprengt
Dunkle Wolken stiegen im Spätsommer und Frühherbst auch über der Sissacher Kunsti auf. Die Anlage, bei der es zuvor schon einige Pleiten und Pannen gegeben hatte, wurde in diesen Wochen gerade für sehr viel Geld zur geschlossenen Halle umgebaut. Wenn man die Baustelle so sah, fragte man sich, ob es mit der Fertigstellung tatsächlich reichen wird, damit wie geplant im November wieder Hockey gespielt werden kann. Der Sissacher Gemeindepräsident sagte im September zur «Volksstimme», dass es terminlich wohl klappen werde – und dass der bewilligte Kredit hoffentlich reichen werde. Keinen Monat später folgte dann der niederschmetternde Befund: «Kunsti sprengt wieder das Budget», titelte die «Volksstimme». Mehr dazu im Dezember-Rückblick.
Keine dunklen Wolken gab es hingegen in «Ammel», schon gar keine Abgasschwaden. 142 Anwiler hatten im September ihr Benzin- oder Dieselfahrzeug während einer Woche gegen ein Elektrofahrzeug eingetauscht. Zusammen legten sie damit 27 341 Kilometer zurück. Das Experiment war von der Elektra Baselland angestossen worden, die danach ein positives Fazit zog: «Ein Blackout blieb aus», hiess es in der Medienmitteilung.
Ärger verraucht
Und sonst? In Buckten stieg die Gewerbeschau Visita. 71 Gewerbetreibende aus dem Homburger- und Diegtertal zeigten ihre Produkte und Dienstleistungen während dreier Tage – es war ein grosses Fest. Keine Spur von Feststimmung hingegen im verkehrsberuhigten Sissach: Das 10-Jahre-Jubiläum der Begegnungszone ging ungefeiert über die Bühne. Deutlich weniger leise war es in Nusshof: Gegen die angelaufene Melioration wurde plötzlich mit Pauken und Trompeten mobil gemacht: Gleich 81 Landeigentümer unterschrieben gegen das Projekt. Hier konnte nicht mehr nur von dunklen Wolken die Rede sein, sondern von ordentlich dicker Luft.
Solche gab es auch bei der FDP Baselland: Die Thürner Nationalrätin Daniela Schneeberger gab früh bekannt, dass sie im Herbst 2019 Ständerätin werden will. Der FDP-Kantonalpräsident Paul Hofer reagierte zur Überraschung und zum Ärger vieler FDPler anfänglich ziemlich reserviert. Hofer hat mittlerweile abgedankt, die freisinnige Luft ist wieder reiner.
Nun aber zurück zum «Mega-Thema»: Hitze und Trockenheit. Fast in jeder Ausgabe hat die «Volksstimme» ausführlich über Wasserknappheit, sterbende Waldbäume, magere Kartoffelernte, Besucherrekord in den Freibädern, Feuerverbote, rekordfrühe Ernte bei den Trauben oder über verendete Fische in den Bächen geschrieben. Mittlerweile sind zum Glück dunkle Wolken aufgezogen. Sie haben den ersehnten Regen gebracht.
Die Badi und ein Straumann für alle Fälle
November und Dezember | Aufbau, Neubau, Umbau, Abbau und einige Abschiede
ch. Jahresende. Obwohl sich die Erde nach dem 31. Dezember kein bisschen langsamer dreht, neigen wir dazu, am Ende des Jahres Bilanz zu ziehen. Dann ärgern wir uns über Dinge, die wir nicht angepackt haben und freuen uns umso mehr über Projekte, die wir endlich in die Wege leiten oder sogar zu Ende bringen konnten.
Letzteres trifft auf die beiden am heftigsten diskutierten Sportanlagen der Region zu: die Sissacher Kunsteisbahn und das Gelterkinder Hallenbad. Die Badi – ein wahrer Schwimm-Tempel – wird nach fast sechsjähriger Zwangspause mit Pomp und Baschi eröffnet. Die Inbetriebnahme der nun voll ummantelten Kunsti geht dagegen still und leise über die Bühne – mit einem Wermutstropfen: Der bewilligte Kredit wird nicht ausreichen. Sissach wird weitere 800 000 Franken einschiessen müssen, aber die Kröte dank gesunder Finanzen schlucken können. Davon können die Oberdörfer nur träumen. Seit dem Wegzug der Synthes kommt Oberdorf finanziell nicht mehr richtig auf die Füsse. Fürs 2019 steht ein Minus von 800 000 Franken ins Haus. Das ist in etwa der Betrag, den das Dorf für die Sozialhilfe ausgibt. Deshalb kämpft Oberdorf auch an vorderster Front für die Ausgleichsinitiative.
Frohen Mutes dagegen sind Bubendorf, Titterten, Tenniken, Arisdorf oder Läufelfingen. Hier stehen die Ampeln auf Grün für wichtige Bauvorhaben. Die Bubendörfer Fussballer bekommen für 3,2 Millionen ein neues Garderobengebäude samt Klubbeiz, Tenniken einen Reitplatz und Titterten optimiert für eine halbe Million die anfällige Wasserversorgung. Gemeinderat Thomas Gloor wirft allerdings wegen unzimperlich debattierender Bürger das Handtuch. In Läufelfingen kann es nach der Behandlung einer Einsprache mit der Überbauung des Kohler-Areals losgehen und in Arisdorf, wo es ebenfalls Einsprachen gab, kann die kaputteste Strasse des Kantons erneuert werden. Endlich.
Auch ganz oben im Oberbaselbiet werden bald die Baumaschinen auffahren, auf 734 Metern über Meer: Der Landrat spendiert 5,1 Millionen Franken für die Sanierung der Farnsburg und damit für den Schutz vor dem Zerfall. Die Arbeiten an der um 1330 erbauten und 1798 zerstörten Burg sollen 2019 beginnen.
Samira Marti wird vereidigt
Ein Dorf weiter östlich, in Rothenfluh, haben die Handwerker ihre Werkzeuge bereits eingepackt. Das Pfarrhaus ist von Mäusen befreit und in Schuss gebracht worden. Nun tut sich aber eine neue Baustelle auf: Sowohl das Pfarramt als auch der Kirchenrat ist verwaist. Ein Fall für Erich Straumann. Die Kantonalkirche hat den Alt-Regierungsrat und in Hersberg erprobten Troubleshooter angeheuert, um die Kirchenleitung wieder auf Vordermann zu bringen. Pech für die Hersberger, die auch einen Straumann für alle Fälle brauchen könnten. Ihnen gelingt es auch im dritten Anlauf nicht, die Lücke im Gemeinderat zu schliessen. Zu ersetzen ist Präsident Florian Kron, mit dem zusammen ein gewisser Erich Straumann vor zehn Jahren den notorisch unterbesetzten Hersberger Gemeinderat wieder auf Vordermann gebracht hatte.
Keine Nachwuchsprobleme hat dagegen die SP Baselland – zumindest was die Nachfolge der zurücktretenden Grand Old Lady, Susanne Leutenegger Oberholzer, angeht. In deren riesige Fussstapfen tritt Samira Marti, 24-jährig, Studentin, aufgewachsen in Ziefen und jetzt in Liestal zu Hause. Nicht ganz so beliebt wie ein SP-Sitz im Bundeshaus scheint das Präsidium der FDP Baselland zu sein. Paul Hofer, der Mitte 2017 als Notnagel an die Parteispitze gewählt worden ist, tritt wenige Monate vor den kantonalen Wahlen zurück. Interimistisch übernimmt Landrätin Saskia Schenker aus Itingen das Ruder.
Kantonsgericht rüffelt Bubendorf
Ein für allemal keine Personalsorgen mehr hat Niederdorfs Bürgerrat. Mit ihrem Ja zur Fusion treibt die Einwohner-Gemeindeversammlung den letzten Nagel in den Sarg der Bürgergemeinde. Dies allerdings ist eine Randnotiz im Vergleich zum Rüffel des Kantonsgerichts an die Bürgergemeinde Bubendorf. Diese muss noch einmal über das Einbürgerungsgesuch eines kosovarischen Familienvaters entscheiden. Dessen erstes Gesuch hatte die Bürgerversammlung aufgrund unbelegter Äusserungen über dessen Kleidungsstil («trägt Trainerhosen») oder Umgangsformen («grüsst nicht») abgewiesen.
Keine zweite Chance gibt es dagegen für den Waldenburger «Schlüssel»-Wirt Adrian Jaton. Der Verlust von Arbeitsplätzen im Tal kosteten auch den Gastronomen immer mehr Gäste. Nach dem Aus der Baselbieter Brauerei brachen ihm weitere Umsatzeinbussen das Genick: Jaton sass im Verwaltungsrat der Brauerei; Aktionäre machten ihn für das Scheitern mitverantwortlich und mieden nach dem Konkurs der Brauerei sein Lokal.
Eine Ära geht auch in Sissach zu Ende – jene der Girods auf der «Sonne». Chantal Girod verlässt das Sissacher Traditionslokal, das für einen umfassenden Umbau für mehrere Monate geschlossen bleibt. Die Spannung ist gross, was die Linsalatas aus dem weit über Sissach hinaus bekannten Gastrobetrieb machen werden. Abschied nehmen muss Sissach auch von seinem «Spanier». Nach zehn erfolgreichen Jahren schliesst das «Tapeo» seine Türen endgültig. Die Liegenschaft wird früher oder später abgerissen, Investitionen ins Restaurant lohnen sich für die Betreiber nicht. Sie konzentrieren sich von nun an voll auf ihr Lokal in Liestal.
Wie eingangs erwähnt: Die Welt wird sich 2019 weiter drehen. Und mit ihr in einigen Jahren Windräder bei Kienberg und Wisen. Vielleicht. Die Windparkprojekte kommen bei den Einheimischen unterschiedlich gut an. Kienberg steht dahinter und sagt Ja zum lukrativen Baurechtsvertrag, Wisen will sich die «Wisnerhöchi» nicht verschandeln lassen und beantragt dem Kanton Solothurn, den Windpark-Standort aus dem Richtplan zu streichen. Das letzte Wort ist in beiden Fällen noch nicht gesprochen. Wir sind gespannt, wie es weitergeht.