Windparkgegner hoffen auf Rückenwind
18.12.2018 WisenJetzt müssen Nachbargemeinden Farbe bekennen
Mit dem Wunsch zur Streichung der «Wisnerhöchi» als Windkraft-Standort aus dem Richtplan haben die Wisner noch nichts erreicht. Jetzt sind zuerst einmal die Nachbargemeinden am Zug.
Christian ...
Jetzt müssen Nachbargemeinden Farbe bekennen
Mit dem Wunsch zur Streichung der «Wisnerhöchi» als Windkraft-Standort aus dem Richtplan haben die Wisner noch nichts erreicht. Jetzt sind zuerst einmal die Nachbargemeinden am Zug.
Christian Horisberger
Nach mehrjährigem Widerstand gegen den im kantonalen Richtplan vorgesehenen Windpark-Standort vor ihrer Haustür wittern die Wisner Morgenluft. Das Solothurner Amt für Raumplanung hatte die Gemeinde eingeladen, zum Richtplan-Eintrag Stellung zu nehmen. Die Wisner liessen sich nicht zweimal bitten. Die Gemeindeversammlung beschloss Anfang Monat mit 39 gegen 4 Stimmen, dem Kanton zu beantragen, das Gebiet aus dem Richtplan zu streichen (die «Volksstimme» berichtete).
«Wir haben keinen Laden, keine Post, keinen Bäcker und keine Arbeitsplätze im Ort. Die Ruhe und die naturbelassene Landschaft sind das Einzige, womit Wisen punkten kann», sagt Gemeindepräsident Paul Hecht. Der einzige Trumpf des 400-Seelen-Dorfs würde mit dem Bau von vier Windrädern mit einer Höhe von 176 Metern nicht mehr stechen. Die Wohnhäuser seien nach Süden ausgerichtet, erklärt der Präsident. Sollte der Windpark realisiert werden, würde man sich den Windrädern nie entziehen können, ob man nun auf dem Balkon oder im Garten sitzt oder auch nur aus dem Fenster schaut – fast ständig würde der Blick auf den unruhigen, bewegten Horizont fallen.
Zudem sei je nach Windrichtung und Luftfeuchtigkeit damit zu rechnen, dass Geräusche der Rotoren im Dorf zu hören sind, sagt Hecht. Darunter würde die Lebensqualität in Wisen leiden, was zu einer Entwertung der Liegenschaften im Dorf führen würde.
Im Februar 2017 hatte der Gemeinderat dem Amt für Raumplanung in einem Schreiben aufgezeigt, wie gravierend die Auswirkungen eines Windparks auf das Dorf wären. Mehr als anderthalb Jahre später – der Bundesrat hat den Solothurner Richtplan inzwischen genehmigt – hat Wisen vom Kanton eine Rückmeldung erhalten. In dem Schreiben hält das Amt für Raumplanung fest, dass die Gemeinden sowohl neue Gebiete für Windparks vorschlagen als auch die Streichung bereits vermerkter Gebiete beantragen können. Die Gesuche würden dann vom Kanton geprüft.
Der Antrag Wisens auf Streichung ist laut Markus Schmid vom Amt für Raumplanung noch nicht in Solothurn eingegangen. Sei dies der Fall, werde er geprüft, unter Einbezug der Stellungnahmen der beiden anderen betroffenen Gemeinden – Hauenstein-Ifenthal und Trimbach – und des Firmenkonsortiums, welches das Windparkprojekt bisher vorangetrieben hat.
Jetzt ruhen die Hoffnungen der Wisner auf den Nachbarn. «Für uns wären die Windräder kein Dorn im Auge», hält Stefan Berchtold, Gemeindepräsident von Hauenstein-Ifenthal, fest. Anders als die Wisner hätten die Einwohner seiner Gemeinde die Windräder im Rücken, daher habe das Projekt in seinem Dorf bisher keine grossen Wellen geschlagen. «Ich denke, das ist auch heute noch so.» Ähnlich tönt es in Trimbach: «Die ‹Wisnerhöchi› sieht man von uns aus nicht. Daher stehen wir der Sache gelassen gegenüber», sagt Gemeindepräsident Martin Bühler. Über die Stellungnahme zum Antrag Wisens werde der Gemeinderat entscheiden – unter Einbezug der Umweltschutz- und der Baukommission, so Bühler weiter. Der Präsident von Hauenstein-Ifenthal will zum Richtplan-Eintrag die Bevölkerung anlässlich einer Gemeindeversammlung befragen.
Die Exekutiven der drei Nachbargemeinden treffen sich jeden Monat zu einem informellen Austausch. Die ideale Plattform, um sich gegen den Windpark zu verbünden. Natürlich hätte es mehr Gewicht, wenn alle drei Gemeinden mit einer Stimme sprechen würden, sagt Wisens Präsident. Er werde mit den Kollegen sicherlich das Gespräch suchen, aber weder sich bei ihnen anbiedern noch Druck ausüben. «Jede Gemeinde muss für sich selber entscheiden.»
Bühler lässt durchblicken, dass Trimbach mit Wisen in mehreren Bereichen gut zusammenarbeite und auf die Befindlichkeit eines guten Nachbarn Rücksicht nehmen dürfte. Ob dies alle so sehen, ist fraglich. Immerhin könnten die Standortgemeinden der Windkraftanlage mit regelmässigen Einkünften rechnen – sofern sie realisiert wird.
Zumindest im Moment sieht es nicht danach aus: Das Windpark-Projekt «Wisnerhöchi» eines Konsortiums aus den Energieversorgern Elektrizitätswerk Davos (EWB), Energie Service Biel (ESB) und Industrielle Betriebe Brugg (IBB) liegt seit 2016 auf Eis. Hinsichtlich Einspeisevergütung herrsche Unsicherheit und die Risiken bei der Preisgestaltung im Energieverkauf seien zu hoch, begründet Philipp Ramuz von den IBB die Sistierung. «Unter diesen Voraussetzungen kann das Projekt zurzeit nicht wirtschaftlich betrieben werden.»
Dass das Konsortium die Streichung der «Wisnerhöchi» aus dem Richtplan befürwortet, darf angezweifelt werden: «Die Ergebnisse der Windmessungen, für welche die beteiligten Firmen sehr viel Geld investiert haben, sind gut bis sogar sehr gut», hält Ramuz auf Anfrage der «Volksstimme» fest. Seine Stellungnahme werde das Konsortium von der Entwicklung und Umsetzung der Energiestrategie abhängig machen.
Die Wisner werden somit noch einigen Gegenwind aushalten müssen, um dem Energieprojekt endgültig den Stecker ziehen zu können.
Strom für 3800 Haushalte
ch. Die «Wisnerhöchi» liegt am Übergang von Wisen ins Trimbacher Erlimoos, an der Strasse vom Hauenstein zur Froburg. Der im Solothurner Richtplan definierte Perimeter eines möglichen Windparks «Wisnerhöchi» umfasst Gebiete aller drei Gemeinden Wisen, Trimbach und Hauenstein-Ifenthal. Die vier Windräder, die im Projekt des Betreiberkonsortiums vorgesehen sind, haben eine Gesamthöhe von 176 Metern und eine Kapazität von zwölf Megawatt, was dem Verbrauch von 3800 durchschnittlichen Haushalten entspricht.