Er bindet die Kunden mit eigener Kosmetik
06.12.2018 ReigoldswilDrogist Peter Heiniger setzt auf Hausspezialitäten
Um wirtschaftlich überleben zu können, muss der Detailhandel immer mehr nach Marktnischen suchen und sich spezialisieren. Das Beispiel einer Drogerie auf dem Land zeigt einen möglichen Weg auf.
Elmar ...
Drogist Peter Heiniger setzt auf Hausspezialitäten
Um wirtschaftlich überleben zu können, muss der Detailhandel immer mehr nach Marktnischen suchen und sich spezialisieren. Das Beispiel einer Drogerie auf dem Land zeigt einen möglichen Weg auf.
Elmar Gächter
Er ist ein hartes Business, der Detailhandel. Viele Einzelhändler kämpfen seit Jahren darum, auf einen grünen Zweig zu kommen, und müssen trotz grösster Anstrengungen die Segel streichen. Peter Heiniger kann ein Lied davon singen. Vor rund zehn Jahren hat er in Aesch im Migrosund Coop-Center eine Drogerie übernommen – und im Herbst dieses Jahres den Betrieb aufgegeben. «Der starke Franken hat mir praktisch von einem Tag auf den anderen die Existenzgrundlage genommen», begründet er seinen Entscheid. Er sagt dies ohne grosse Emotionen, im Bewusstsein, dass er bei Weitem nicht der Einzige ist, der dem Einkaufstourismus im grenznahen Ausland Tribut zollen muss.
Peter Heiniger sah sich gezwungen, nicht nur seinen Angestellten in Aesch, sondern auch seinem Geschäftsführer in Reigoldswil zu kündigen. Zusammen mit seiner Frau Eve, einer Fachangestellten und zwei Lernenden konzentriert er sich seit Oktober auf seinen Stammbetrieb in Reigoldswil. Hier führt er seit Oktober selber jene Drogerie, die sein Vater 1966 gegründet und die er vor bald 20 Jahren als dessen Nachfolger übernommen hat. «Eigentlich verträgt ein 1600-Seelen-Dorf wie Reigoldswil keine Drogerie. Mindestens das Doppelte an Einwohnern müsste es sein», hält er fest. Und dennoch ist Heiniger weit davon entfernt, Trübsal zu blasen.
Das Drogeriewesen habe eine massive Umstrukturierung erfahren. Habe der Drogist noch vor wenigen Jahrzehnten exklusiv Alkohol verkauft oder Fotos entwickelt, gebe es für viele der damals üblichen Drogerieangebote längst Spezialgeschäfte. Heiniger spricht von Parfümerien oder Reformhäusern, an deren breitem Sortiment er sich nicht messen könne, oder von Rabatten im Kosmetikbereich, die praktisch keine vernünftige Marge mehr hergäben.
Onlineshopping und Postagentur
Peter Heiniger setzt deshalb vermehrt auf sein Credo, Kosmetika und Naturheilmittel selber herzustellen. So entstehen in seinem Labor aus über 80 Essenzen individuelle spagirische Mischungen, Hustentropfen, Handund Fusscremen, Nagelöl oder Lippenpomaden. «Damit kann ich meiner Kundschaft sehr gut wirkende eigene Hausspezialitäten anbieten und gleichzeitig die zufriedenen Kunden an unseren Betrieb binden», ist er überzeugt. Die Heilmittel darf er nur in seinem Laden in Reigoldswil verkaufen, die kosmetischen Produkte hingegen sind in verschiedenen Dorfläden von Hölstein bis Ormalingen zu finden. Vermehrt bietet Peter Heiniger seine Hausspezialitäten auch im Onlineshopping an. In der Zwischenzeit entspricht dieser Bereich bereits der Grösse eines Monatsumsatzes, Tendenz steigend. «Ich verkaufe Produkte in der ganzen Schweiz, selbst solche, die ich hier wegen des Preises nicht absetzten könnte», sagt er.
Neben der laufenden Innovation setzt Heiniger auch auf Diversifikation. So hat er im Lauf des vergangenen Jahres die Postagentur in Reigoldswil übernommen. Diese Lösung sei genau im richtigen Moment gekommen, habe ihm doch der Neubau des Dorfplatzes während mehr als zwei Jahren empfindliche Umsatzeinbussen beschert. «Dank dieses neuen Standbeins konnte ich die frühere Kundenfrequenz wieder zurückgewinnen», so Heiniger. Eine ganz zentrale Rolle hätten dabei die drei Parkplätze unmittelbar vor seiner Drogerie gespielt, für dessen Erhalt er sich beim Dorfplatzneubau vehement habe einsetzen müssen. «Die sind Gold wert», ist er überzeugt.
Peter Heiniger blickt der Zukunft positiv entgegen. «Wenn man sich spezialisieren kann, hat man gute Chancen. Ich spüre auch die Anerkennung im Dorf, dass wir die Poststelle übernommen haben. Ich will weiterhin dafür kämpfen, dass es uns noch lange gibt.» Hoffnung gibt ihm nicht zuletzt der jüngste Entscheid der Swissmedic, dass die Drogerien ab 2019 neu gegen 500 Medikamente zusätzlich anbieten können, deren Verkauf heute nur den Apotheken vorbehalten ist.