Kloster wechselt Besitzer
02.11.2018 LangenbruckEine Basler Stiftung übernimmt im Schönthal
tho. Das im Jahr 1146 gegründete Kloster Schönthal samt einem gros sen Landwirtschaftsbetrieb kommt in neue Hände: Der Besitz geht von Werber und Galerist John Schmid zur Basler Stiftung Edith Maryon über.
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Eine Basler Stiftung übernimmt im Schönthal
tho. Das im Jahr 1146 gegründete Kloster Schönthal samt einem gros sen Landwirtschaftsbetrieb kommt in neue Hände: Der Besitz geht von Werber und Galerist John Schmid zur Basler Stiftung Edith Maryon über.
Die Übernahme wurde im Sommer bereits angekündigt, derzeit steht noch die Zustimmung der Stiftungsaufsicht beider Basel aus, dürfte aber bald folgen. Was planen die neuen Besitzer? «Es wird keine wesentlichen Änderungen geben», heisst es bei der Stiftung. Denn mit der Übernahme verpflichtet sich «Edith Maryon», den jetzigen Betrieb weiterzuführen. Ein Weiterverkauf oder der Einzug einer kommerziellen Nutzung im Schönthal – wie zum Beispiel ein Tagungsbetrieb – ist ausgeschlossen worden. Inhaber Schmid wolle damit sein Erbe auf lange Sicht hinaus sichern, so die bald neuen Eigentümer. Ein eigentlicher Verkauf von Kloster und 100-Hektaren-Landwirtschaftsbetrieb findet nicht statt – es handelt sich eher um eine (zumindest teilweise) Schenkung. Schmids bisherige Schönthal-Stiftung und die Stiftung «Edith Maryon» werden dafür in einem ersten Schritt fusioniert, danach folgt die Liquidation von Schmids ursprünglicher Stiftung. Schmid selber wird weiterhin mit einem Verein den Kulturbetrieb im Kloster bestreiten.
Ruhige Zukunft nach bewegten Jahrhunderten
Die neuen Besitzer des Klo | Die neuen Besitzer des Klosters Schönthal planen … zuerst einmal nichts
Das uralte Kloster Schönthal samt dazugehörigem 100-Hektaren-Landwirtschaftsbetrieb wechselt die Hand. Der «Deal» ist geradezu spektakulär unspektakulär. Ein Besuch bei der neuen Besitzerin – der Basler Stiftung Edith Maryon.
David Thommen (Text), Christian Roth (Bild)
Das Kloster Schönthal, wunderschön im Talkessel zwischen Langenbruck und dem Passübergang auf dem Chilchzimmersattel gelegen, ist heute eine Stätte für Kultur.
John Schmid, ein Galerist und einst erfolgreicher Werber aus Arlesheim, hatte das historische Gebäudeensemble samt zugehörigem Landwirtschaftsbetrieb im Jahr 1986 gekauft. Darauf gestossen war er zufällig, als er nach einem abgelegenen Rückzugsort für sich suchte – das hätte auch ein Bauernhof im Berner Oberland sein können, wie er einmal erklärte. Ruhe gab es zwar im Kloster oberhalb von Langenbruck, doch die Umgebung inspirierte ihn zu mehr. Nach einer grossen Sanierung der Klosterkirche im Jahr 2000 legte er einen viel beachteten Skulpturenpark mit Werken von 28 nationalen und internationalen Künstlern in der weiten Landschaft an. Seither finden im Kloster regelmässig weitere Kunstausstellungen und Kulturveranstaltungen statt. Auch einen kleinen Herbergsbetrieb zog er auf.
Regelung für die Zukunft
Besitzer John Schmid, mittlerweile 81 Jahre alt, regelt nun die langfristige Zukunft von Kulturkloster und Landwirtschaftsbetrieb mit seiner Fläche von fast 100 Hektaren, davon 25 Hektaren Wald. Das Anwesen geht in den Besitz der nach der britischen Künstlerin benannten Stiftung Edith Maryon über, die in Basel etwas sagenumwoben ist.
Sie wurde vor bald 30 Jahren von drei fast noch jugendlichen, ehemaligen Steiner-Schülern mit einem Kapital von nur 12 000 Franken gegründet und tritt heute regelmässig mit aufsehenerregenden Immobilien - Übernahmen in Erscheinung. Die Basler Markthalle mit ihrer grossen Kuppel gehört zur Stiftung, der Ackermannshof oder das Hotel Krafft, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch im Baselbiet gehören mehrere Objekte dazu, darunter der Riederenhof in Buus.
Besuch in der «Mitte»
Bereits seit 1998 befindet sich das Basler «Unternehmen Mitte» im Besitz dieser Stiftung. Das mächtige Gebäude zwischen Barfüsser- und Marktplatz war einst der Sitz der «Volksbank». Von hier aus, wo Geld vermehrt wurde, verfolgt «Edith Maryon» nun ihre antikapitalistischen Ideen. Das Gebäude ist an die eigenständige, nicht zur Stiftung gehörende «Unternehmen Mitte GmbH» vermietet. Im Erdgeschoss gibt es ein grosses Kaffeehaus, in dem seit Jahr und Tag kein Konsumationszwang herrscht (und kein Coca-Cola serviert wird), in den anderen Räumen können sich Kulturbetriebe und andere Unternehmen zu deutlich günstigeren als den an einem so zentralen Standort üblichen Konditionen einmieten. Unter anderem war die linksalternative «Tageswoche» lange Zeit dort, die Macher der Initiative für das «bedingungslose Grundeinkommen» sind es auch heute noch.
Im zweiten Stock der «Mitte» treffen wir Ulrich Kriese und Matthias Dubi. Kriese ist für die Öffentlichkeitsarbeit von «Edith Maryon» zuständig, Dubi ist Projektentwickler und als solcher nun für das Kloster Schönthal zuständig.
Als Journalist notiert man sich vor einem solchen Treffen zwei Fragen: 1. Was kostet das riesige Anwesen samt historischem Kloster? 2. Was haben die neuen Besitzer damit vor?
Die Antworten sind unerwartet unspektakulär: «Es gibt keinen Kaufpreis. Das Kloster Schönthal kommt nicht durch Kauf in unseren Besitz, sondern durch Fusion. Und zweitens: Nein, neue Pläne haben wir mit dem Kloster nicht.»
Buchhalterisch funktioniert die Übernahme so: Die bestehende Schönthal-Stiftung von John Schmid und die Stiftung Edith Maryon werden in einem ersten Schritt zu einer einzigen Stiftung verschmolzen. Sobald die Fusion von der Stiftungsaufsicht bewilligt ist, womit in Kürze gerechnet wird, folgt die Auflösung von Schmids Schönthal-Stiftung. Damit gehen die Aktiven und Passiven in den alleinigen Besitz von «Edith Maryon» über – ohne dass ein ordentlicher Verkauf mit allem Drum und Dran über die Bühne gegangen wäre.
Verein betreibt die Kultur
«Fusion durch Absorption», nennt Projektleiter Dubi diesen Vorgang des Eigentumswechsels. Doch wo bleibt der finanzielle Aspekt des «Deals»? «Über alles, was Geld betrifft, wurde Stillschweigen vereinbart», sagt Kriese. Geld spiele bei der Schönthal-Übernahme aber ohnehin eine stark untergeordnete Rolle. Der Vorgang könne grossteils als Schenkung von John Schmid an «Edith Maryon» verstanden werden – mit allen Rechten und Pflichten.
Damit verbunden sei die Auflage von Schmid, dass es auf Dauer gleich – oder zumindest ganz ähnlich – wie bisher weitergehen müsse. Schmid wolle den Einzug einer kommerziellen Ausrichtung im Schönthal auf jeden Fall verhindern. Denkbar, aber eben gerade nicht gewollt, wäre dort in der Tat einiges – etwa ein Tagungsbetrieb, schlimmstenfalls gar ein Golfplatz. Touristischen Rummel soll es im schönen Tal aber niemals geben.
Im Kulturbetrieb wird Schmid weiterhin die erste Geige spielen. Statt seiner Stiftung tritt neu einfach ein Verein auf, der sich im Kloster einmietet und sein Programm durchzieht. Der Vorstand des Vereins ist deckungsgleich mit dem heutigen Schönthal-Stiftungsrat.
Ein Weiterverkauf des Klosters und des Landwirtschaftsbetriebs ist laut Kriese nach dem Besitzerwechsel ausgeschlossen, was dem Stiftungszweck von «Edith Maryon» entspreche. Sämtliche Objekte, die in ihren Besitz übergehen, behält die Stiftung auf Dauer. Die Objekte sind somit der Spekulation entzogen. Die Stiftung verzichtet zudem darauf, bei den eigenen Mietern oder Pächtern Erträge zu erzielen, die wesentlich über die eigentlichen Kosten für ein Objekt hinausgehen. Da es sich beim Kloster Schönthal eher um ein Geschenk als um einen Kauf handelt, bleiben die Kosten also tief, da kein neues Kapital aufgenommen werden muss.
Über den Tod hinaus
Allfällige Gewinne, die «Edith Maryon» erzielt, fliessen vor allem in die Kulturförderung. Doch kann man an so viel Altruismus überhaupt glauben? Hat das mit der anthroposophischen Grundausrichtung zu tun, mit der «Edith Maryon» in Verbindung gebracht wird? Die als gemeinnützig anerkannte und steuerbefreite Stiftung habe aus ihrer Geschichte heraus zwar Sympathien für anthroposophische Projekte wie Steinerschulen, sagen Kriese und Dubi. Doch eine eigentlich anthroposophische Stiftung sei «Edith Maryon» nicht. Das rasante Wachstum komme daher, dass der Stiftungszweck vielen Menschen zusage. Deshalb komme man immer wieder in den Genuss von Liegenschaftschenkungen, Legaten oder Spenden. Der Wert der Aktiven wird heute in der Jahresbilanz mit 250 Millionen Franken angegeben. 120 Projekte – meist Liegenschaften – in der Schweiz und in Deutschland umfasst das Portfolio.
Gerade vielen älteren und häufig wohlhabenden Menschen sei es wichtig, dass ihr Werk auch über ihren Tod hinaus dauerhaft in ihrem Sinne weitergeführt werde – so, wie jetzt bei John Schmid. Soeben habe die Stiftung beispielsweise sechs grosse Mehrfamilienhäuser in einer Stadt in Deutschland «mit einem hohen Schenkungsanteil» überschrieben bekommen. Auch hier habe der Besitzer – offensichtlich mit sozialer Ader – ein gewisses Alter erreicht. Seine Bedingung: Die Mieten müssen tief bleiben und mit den Häusern darf nicht spekuliert werden.
Aber es sei schon vor allem Basel, das mit seinem ausgeprägten Mäzenatentum ein gutes Pflaster für eine solche Institution sei, sagen Kriese und Dubi. Und längst handle es sich nicht nur um «Superreiche», die Geld beisteuern, um Objekte wie das ehemalige Basler Volksbankgebäude aus dem Markt zu nehmen, damit nicht profitorientierten Organisationen Mietfläche zu tiefen Preisen an bester Lage zur Verfügung gestellt werden könne.
Zumindest eine Milliardärin war es aber möglicherweise schon, welche der Stiftung eine gute finanzielle Basis verschafft hat: Als Mäzenin genannt wird gerüchteweise stets die verschwiegene Roche-Miterbin Beatrice Oeri («Tageswoche», «Birds Eye»). Kriese bestätigt den Namen auf Nachfrage nicht – verneint ihn aber auch nicht.
Ganz über die Bühne ist der Schönthal-Wechsel heute noch nicht. Die Stiftungsaufsicht beider Basel lässt sich mit der Genehmigung etwas mehr Zeit als erwartet. Für Dubi und Kriese ist es offensichtlich, dass hier zwei Stiftungen fusionieren wollen, die bestens zueinander passten. Die Förderung von Kultur und ökologischer Landwirtschaft seien schliesslich Kernanliegen der Stiftung Edith Maryon. Dass der Bauernbetrieb im Schönthal derzeit auf Demeter umstellt, passt da bestens ins Bild. Demeter-Bauern arbeiten nach anthroposophischen Ideen.
Nach der Gründung …
Erste urkundliche Hinweise auf eine Schönthaler Mönchsgemeinschaft gibt es aus dem Jahr 1145. Ein Jahr später wird durch eine Urkunde bestätigt, dass der Froburger Graf Adalbero der Stifter war. Die Mönche gehörten dem Benediktinerorden an. Im Jahr 1187 wurde die Klosterkirche geweiht. Ab dem Jahr 1266 ist von einem Doppelkloster die Rede – es waren also auch Benediktinerinnen eingezogen. Später wurde Schönthal zum reinen Frauenkloster – eines mit gutem Ruf. Der Zulauf war so gross, dass es zu Missständen kam. Die Froburger liessen daher ab 1320 maximal noch 16 Schwestern dort wohnen.
… das Aufblühen …
Nachdem das Geschlecht der mächtigen Froburger erloschen war, fiel das Amt Waldenburg im Jahr 1400 an Basel, womit das Aufsichtsrecht über Schönthal neu bei der Stadt lag. Das Kloster geriet danach in finanzielle Schwierigkeiten, bald wohnten nur noch sechs Schwestern dort. 1415 wurde Schönthal den Serviten übergeben, also den Augustinern, einem Bettelorden. Neun Mönche hausten im Kloster, stolz war man auf die Reliquien, welche Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land mitgebracht hatten – so «der Stein, auf dem der Herr sass, als er in der Wüste fastete».
Schönthal wandelte sich nicht zuletzt wegen dieser Reliquien zum beliebten Wallfahrtsort. Im Jahr 1463, als die Pest in Basel ausbrach, machte sich ein Zug von 1500 Pilgern in Richtung des Klosters auf. Lohnenswert erschien die Reise ins Gebiet oberhalb von Langenbruck zusätzlich, da jeweils am 1. Mai, dem Kirchweihtag, ein grosszügiger Ablass von 100 Tagen gewährt wurde. Berichtet wurde jeweils von einer «Volksfeststimmung».
… und der Untergang mit der Reformation
Um 1500 wurde von der Obrigkeit beklagt, dass ein «lockeres Leben» in den Klostermauern Einzug gehalten habe. Offenbar lebte der Prior trotz aller Ermahnungen mit einer Konkubine zusammen, zudem wurden Besitztümer des Klosters verkauft und es wurde viel zu viel Wein getrunken. Nachfolgende Priore pflegten ebenfalls einen «üppigen Lebenswandel». Einer davon musste deswegen im Jahr 1518 in Basel ins «Kefy». Ein Schicksalstag für das Kloster war dann der 1. Mai 1525: Der Kirchweihtag endete in Tumulten. Die Klosterkirche wurde dabei teilweise zerstört, die Mönche flüchteten. Die Reformation lag in der Luft. 1529 wurde das Kloster dann aufgehoben.
Anschliessend wanderte das Gut in den Besitz des Basler Bürgerspitals. 1645 hielt dort eine Ziegelei Einzug, später wurde das Kloster als Magazin für Haushaltgeräte und Holz genutzt. 1836, nach der Kantonstrennung, wurde das Kloster versteigert und landete einige Jahre später beim Basler Bankier Johann Jakob Merian-Burckhardt und fiel 1904 durch einen Erbgang der Basler Familie Wackernagel zu. Der Wald in der Gegend wurde von den Roll’schen Eisenwerken übernommen, die dort Holzkohle gewannen. Das Kloster fristete während vieler Jahrzehnte ein trübes Dasein. Erst 1967 wurde die Kirche unter Schutz gestellt. 1986 kaufte der Arlesheimer Werber John Schmid das Anwesen. Im Jahr 2000 konnte die frisch renovierte Klosterkirche eingeweiht werden und der Skulpturenpark und der Kulturbetrieb entstanden.
Buchtipp: «Das Kloster Schönthal – Kultur und Natur». René Salathé, Benteli Verlag, Bern. Herausgegeben im Jahr 2000.
Zu den Bildern: Die Fotos für diese Doppelseite hat der Basler Fotograf Christian Roth (www.bildfabrik.ch) gemacht. Unsere Vorgabe: Das alte Kloster soll so fotografiert werden, dass man das Gefühl hat, es komme jeden Moment ein Mönch um die Ecke spaziert …