Demokratie und Heimatliebe – mal so, mal so
Replik auf den Leserbrief «Selbstbestimmung geht vor» in der «Volksstimme» vom 23. Oktober, Seite 8
Selbstbestimmung von Fall zu Fall. Im Falle des Engagements für die Erhaltung der ÖWA-Zone Chilchacher in Tenniken wird das Selbstbestimmungsrecht im Leserbrief von Jakob Speiser ad absurdum geführt. Selbstbestimmung ist offensichtlich nur dort erwünscht, wo sie ins politische Programm einer bestimmten Partei passt.
Was ist denn so verwerflich daran, wenn sich eine Gruppe von Einwohnerinnen und Einwohnern für den Erhalt einer Grünzone einsetzt, die im Zusammenspiel mit Kirche, Pfarrhaus und Pfarrscheune eine kulturell gewachsene Einheit bildet? Warum zieht der Kampf für den Erhalt dieses Kulturguts so viel Häme, Spott und Sarkasmus nach sich? Ist der Einsatz für den Erhalt der letzten grossen dorfnahen Wiese derart bedrohlich, dass nur noch Diffamierung und Verunglimpfung übrig bleiben? Selbst sexistische Spöttelei («Duschen mit Doris») ist Herrn Speiser recht, um die Anliegen der Verfechter für den Erhalt der Tenniker ÖWA-Zone ins Lächerliche zu ziehen.
Wenn Herr Speiser es für einen Fortschritt hält, dass ein Investor in Absprache mit der Stiftung Kirchengut 70 Wohnungen baut und dem Dorf damit unter anderem einen unvorstellbaren Verkehrszuwachs zumutet – der Ausbau der Autobahn durchs Tal auf 6 Spuren ist ebenfalls Teil dieses Fortschrittsdenkens –, dann ist ihm das unbenommen. Wir müssen es allen Befürwortern dieser geplanten Grossüberbauung allerdings zumuten, dass es noch andere Vorstellungen davon gibt, wie sich unser Dorf weiterentwickeln könnte. Wir werden weiterhin eine öffentliche Diskussion über ein Bauprojekt führen, das man lieber in aller Stille vorbereitet hätte.
Kaspar Geiger, Tenniken