MEINUNG
30.10.2018 SissachBetrachtung 1
Die Gemeindebehörden haben an der Einwohnergemeindeversammlung vom 19. Juni auf die schriftliche Anfrage von Dieter Stebler (FDP) und Ruedi Graf (Stechpalme) verlauten lassen, dass 85 Prozent der Kunsti-Sanierungsaufträge ohne ...
Betrachtung 1
Die Gemeindebehörden haben an der Einwohnergemeindeversammlung vom 19. Juni auf die schriftliche Anfrage von Dieter Stebler (FDP) und Ruedi Graf (Stechpalme) verlauten lassen, dass 85 Prozent der Kunsti-Sanierungsaufträge ohne Kostenüberschreitungen im Vergleich zum bewilligten Gesamtkredit von 8,7 Millionen Franken vergeben seien und 300 000 von insgesamt 400 000 Franken eingebauten Reserven weiterhin zur Verfügung stehen würden. Die Medienmitteilung der Gemeinde Sissach vom 16. Oktober, lediglich vier Monate später, eröffnet unerfreuliche Fakten, wonach in Sachen Kunstisanierung mit einem Nachtragskredit von bis zu 10 Prozent zu rechnen ist. Das wären schliesslich nicht weniger als satte 870 000 Franken mehr im Vergleich zu dem am 27. November 2016 vom Souverän mit 1583 gegen 985 Stimmen bewilligen Baukredit von 8,7 Millionen Franken.
Betrachtung 2
85 Prozent der vergebenen Bauaufträge innerhalb der gesetzten Kostenlimiten von 8,7 Millionen Franken ergeben 7,4 Millionen Franken. Mit den verbleibenden 15 Prozent wären somit noch 1,3 Millionen Fran ken für die restliche Sanierung der Kunsti zur Verfügung gestanden. Nun sollen plötzlich 2,17 Millionen Franken daraus werden oder eben 10 Prozent mehr, wie der Gemeinderat Sissach vor kurzem kommunizierte! Dass diese unerfreuliche Botschaft sowohl die Befürworter als auch die Gegner der Kunstisanierung aufhorchen lässt und beidseitig stark verärgert, liegt mehr als nur auf der Hand.
Betrachtung 3
Entweder hat seit der Einwohnergemeindeversammlung vom 19. Juni die Kostenkontrolle der Kunstisanierung seitens der Gemeindebehörden völlig versagt, oder das durch den Gemeinderat Sissach beauftragte Projektmanagement für die Sanierung der Kunsti hat mit den aktuellen Zahlen gegenüber den Gemeindebehörden zu lange jongliert oder die offenbar kurzfristig entstandenen Mehrkosten am Sanierungsprojekt dem Gemeinderat und der Baumkommission gegenüber viel zu lange verheimlicht. In diesem Zusammenhang besteht ein unverzichtbarer Klärungsbedarf seitens der Gemeindebehörden anlässlich der nächsten Einwohnergemeindeversammlung vom 12. Dezember. Die Wahrheit zu diesem höchst unerfreulichen und inzwischen kundgetanen Zwischenergebnis muss an der nächsten EGV zwingend auf den Tisch und nicht erst im Sommer 2019!
Betrachtung 4
Es mutet seltsam an, wenn die Gemeindebehörden in ihrer Medienmitteilung ausführen, dass die um einiges schlechtere Bausubstanz des bestehenden Kunstigebäudes herhalten muss, um die Mehrausgaben bei den Baumeisterarbeiten zu begründen. Begründet werden die Mehrausgaben zudem mit den für den neuen Technikbereich notwendigen und um einiges komplizierter ausgefallenen Erdarbeiten, dies namentlich im Bereich des Brandschutzes und des Rückbaus am Diegterbach. Zudem sollen sich auch im Fassadenund Dachbereich zusätzliche Massnahmen als unumgänglich erwiesen haben. An dieser Stelle drängt sich die berechtigte Frage auf, wieso beauftragte Fachleute, die über einen Hochschulabschluss an der ETH oder über eine anderweitige höhere technische Ausbildung verfügen, nicht in der Lage sind, sämtliche bautechnischen Anforderungen der bewilligten Kunstisanierung vor Baubeginn zu erkennen und den damit verbundenen finanziellen Kostenrahmen im Anschluss daran so präzis wie möglich zu beziffern. Insbesondere deshalb plädiere ich für den Gleichschritt sämtlicher bautechnischen Anforderungen und einer möglichst exakten finanziellen Berechnung der erwarteten Gesamtkosten, weil es sich bei der Kunsti um ein gemeindeeigenes Gebäude handelt, dessen Finanzierung grossmehrheitlich mit Steuergeldern und zudem mit rund 2,2 Millionen Franken Spenden aus der Bevölkerung, den beiden Halbkantonen, umliegenden Gemeinden, der Bürgergemeinde Sissach, Vereinen, Institutionen, Gewerbe und Industrie erfolgt. Mag sein, dass private Eigentümer von Liegenschaften das eine oder andere Mal andere Richtwerte für die Sanierung ihrer eigenen Liegenschaft festlegen.
Betrachtung 5
Die an Deutlichkeit zutreffenden Feststellungen und Empfehlungen in den bisherigen GPK-Berichten der Gemeinde Sissach zur Kunsti wurden aus meiner Sicht nicht ernst genug genommen (GPK = Geschäftsprüfungskommission). Im GPK-Bericht vom 1. März 2007 steht mit Nachdruck, dass vollständige Abklärungen im Vorfeld von Projektausführungen von essentieller Bedeutung sind. Die Qualität eines Projekts sollte im Vordergrund stehen. Dies sollte bereits in der Budgetphase einfliessen. Kosten sollten transparent ausgewiesen und durch Fachpersonen aufgestellt werden. Es sollen konsequent und regelmässig Kostenkontrollen mit den zuständigen Beteiligten durchgeführt werden. Bei Bauprojekten gilt es, die bewilligten Brutto-Kredite einzuhalten, setzt sich doch der gesamte Betrag aus Steuergeldern zusammen. Im GPK-Bericht vom 28. September 2015 steht explizit, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Gremien essentiell für die gelingende Zusammenarbeit ist. Informationen sollten zeitnah und transparent weitergegeben werden und die Protokolle inkl. Pendenzenlisten sind innerhalb einer nützlichen Frist an die beteiligten Stellen weiterzuleiten.
Betrachtung 6
2005 kostete die Überdachung der Kunsti 5,1 Millionen Franken anstelle der bewilligten 4,1 Millionen Franken (Mehrkosten plus 25 Prozent bzw. Nachtragskredit 1 Mio. Franken). 2014 kostete die Ertüchtigung des Holztragwerks 986 688.15 Franken anstelle der am 9. April 2013 bewilligten 700 000 Franken (Mehrkosten plus 40 Prozent beziehungsweise Nachtragskredit 286 688.15 Franken).
Betrachtung 7
Es stellt sich an dieser Stelle die berechtigte Frage, wer letztendlich die Verantwortung übernimmt, falls die Kunstisanierung nach Vorliegen der Endabrechnung tatsächlich die Zustimmung oder Ablehnung eines Nachtragskredits durch die Einwohnergemeindeversammlung erfordert. Noch ist nicht jeder zusätzliche Franken ausgegeben, noch besteht meines Erachtens ein finanzieller Verhandlungsspielraum zwischen der Gemeinde Sissach und den Auftragnehmern sowie Honorarempfängern. Die Verantwortlichen werden gebeten, die Gunst der Stunde zu nutzen.
Ruedi Graf, Gründer des 133er-Clubs Kunsti Sissach