Wetterfrosch wandert
06.09.2018 ArboldswilThomas Bucheli führt durch Jura
ske. Der nationale Wandertag in Arboldswil steht vor der Tür. Mit von der Partie: Der SRF-«Meteo»-Chef Thomas Bucheli. Der Meteorologe begleitet am Samstag die hartgesottenen Wanderer aus der ganzen Schweiz auf der ...
Thomas Bucheli führt durch Jura
ske. Der nationale Wandertag in Arboldswil steht vor der Tür. Mit von der Partie: Der SRF-«Meteo»-Chef Thomas Bucheli. Der Meteorologe begleitet am Samstag die hartgesottenen Wanderer aus der ganzen Schweiz auf der anspruchsvollsten der drei Routen durch die Oberbaselbieter Juralandschaft. Auch für ihn wird der Weg eine Premiere sein. Das Gastgeberdorf werde seinem Ruf als Sonnenstube am Samstag alle Ehre machen, und die Gäste mit perfektem Wanderwetter begrüssen, verrät Bucheli im Gespräch mit der «Volksstimme».
«Ich glaube immer an unsere Prognosen»
Wetterfrosch Thomas Bucheli begleitet am Samstag Wanderbegeisterte
Eigentlich wandert Thomas Bucheli lieber in kleinen Gruppen. Als «Wandergötti» am nationalen Wandertag, der heuer in Arboldswil stattfindet, wird er aber eine Gruppe von über 100 Wanderbegeisterten führen. Mit der «Volksstimme» spricht der SRF- «Meteo»-Chef über das ideale Wanderwetter und Fehlprognossen.
Sara Keller
«Volksstimme»: Herr Bucheli, was ist für Sie das perfekte Wanderwetter?
Thomas Bucheli: Wichtig ist, dass es trocken ist. Und ich schwitze gerne ein wenig beim Wandern. So merke ich, dass ich etwas mache. Sehr heiss muss es für mich aber nicht sein, Temperaturen um die 20 Grad empfinde ich als ideal.
Aber bekanntlich gibt es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Oder gibt es Wetter, bei dem Sie auf keinen Fall wandern gehen?
Wenn ich weiss, dass Nebel oder gar Gewitter auf der Strecke auftauchen können, gehe ich keine mir unbekannte Route erkunden. Das ist mir zu risikoreich. Ich möchte nicht irgendwo in den Bergen nicht mehr wissen, wo ich hin muss, und Blitzen ausgesetzt sein. Und bei strömendem Regen hat das Wandern auch nicht sehr viel Sinn. Es soll ja auch kein Kampfwandern sein, sondern Spass machen.
Und wie wird das Wetter am Wandertag?
In Arboldswil sieht es am Samstag sehr erfreulich aus:Viel Sonne, wenige Quell- und dünne Schleierwolken, trocken und rund 21 Grad warm.
Kennen Sie die Wanderregion im Baselbieter Jura bereits?
Nein, nicht besonders gut. Vor Jahren war ich in Rünenberg als Kompaniekommandant tätig. Auf den Märschen, die ich damals mit meiner Truppe gemacht habe, konnte ich die Region ein wenig kennenlernen. Das ist aber schon sehr lange her, und das Gebiet ist mir nicht mehr besonders präsent. Die Route, die ich am Wandertag begehen werde, wird auch für mich eine Premiere sein. Deshalb bin ich sehr gespannt und freue mich auf den Tag.
Wie kommen Sie dazu, die Gruppe am nationalen Wandertag zu begleiten?
Die «Schweizer Familie» hat mich angefragt. Da wir sehr oft als Familie wandern, dachte ich mir: «Warum soll ich dort nicht teilnehmen?» und habe zugesagt.
Wie oft und wo gehen Sie mit ihrer Familie wandern?
Wenn immer es geht, versuchen wir auf Achse zu sein. Es müssen auch nicht immer grosse Wanderungen sein. Hauptsache, man bewegt sich. Wohin wir gehen, ist stets davon abhängig, wo wir gerade sind. Fahren wir über das Wochenende weg, planen wir meist auch eine Wanderung ein. So auch in den Ferien: Vor Kurzem waren wir in Südfrankreich im Urlaub. Dort haben wir sehr ausgedehnte Wanderungen unternommen – trotz der grossen Hitze. Natürlich spielt auch das Zeitbudget bei der Planung der nächsten Wanderung eine Rolle. Haben wir nicht besonders viel Zeit, gehen wir beispielsweise auf den Etzel oder wandern sonst wo in der Umgebung von Zürich. An Tagen, an denen wir uns ein wenig mehr Zeit nehmen können, fahren wir oft etwas weiter weg, gerne auch in die Berge. Aber es muss nicht immer ein Ausflug in die Berge sein. Auch im Mittelland sind wir oft unterwegs. Zum Beispiel auf dem Uetliberg oder dem Lindenberg. Der Jura ist ja auch nicht gerade Hochgebirge, aber trotzdem sehr schön. Wir haben hier in der Schweiz ein irrsinnig schönes Wandernetz, nicht nur in den Bergen, sondern im ganzen Land.
Was war Ihr beeindruckendstes Wandererlebnis im Ausland?
In Costa Rica sind wir durch den Urwald gewandert. Das war wirklich ein unglaubliches Erlebnis. Mutterseelenallein war ich mit meiner Frau Kathrin und ihrer Tochter Charlotta dreieinhalb Stunden unterwegs. Auf einem Pfad, der nur schwach markiert war, stapften wir durch den Dschungel. So konnten wir zu Fuss die Natur erforschen.
Sie begleiten die längste und schwerste Route am Wandertag, viereinhalb Stunden werden Sie mit der Wandergruppe unterwegs sein. Bezeichnen Sie sich als Wanderprofi, oder stellen Sie sich gerne Herausforderungen?
(Lacht) Also für mich stellt die Route keine extrem herausfordernde Strecke dar. Vor allem geht sie nicht über längere Zeit steil hinauf. Deshalb denke ich, dass die Strecke gerade im Rahmen einer schönen, guten, normalen Wanderung ist. Ich spreche jetzt aber bewusst von einer Wanderung, nicht bloss von einem Spaziergang.
Sie werden über 100 Wanderbegeisterte begleiten. Wandern Sie privat auch gerne in grossen Gruppen?
Eigentlich bin ich lieber in kleinen Gruppen unterwegs. Mit einer so grossen Gruppe unterwegs zu sein, wird für mich eine neue Herausforderung sein. Privat wandern wir meist in kleinen Gruppen, bestehend aus der Familie und zwei, drei Freunden. Grosse und geführte Wandergruppen sind normalerweise nicht das, was ich suche und brauche. Aber, da ich die Gruppe am Wandertag führen werde, ist das wieder eine vollkommen andere Ausgangslage.
Die beste Wanderbegeleitung ist für Sie demnach Ihre Familie?
Ja, meine Frau und ihre neunjährige Tochter sind für mich die ideale Begleitung. Sie werden am nationalen Wandertag ebenfalls dabei sein. Beide sind wirklich fit und können stets mithalten. Wenn sie sich miteinander unterhalten, kann ich mit meinen Gedanken ein wenig abschweifen. Dann höre ich nur noch mit einem Ohr zu und muss nicht mehr mitreden (lacht). Das Wandern ist in unserer Beziehung schon seit Beginn eine wichtige Freizeitbeschäftigung. Schon seit fünf Jahren gehen wir zusammen in die Berge. Als meine Frau und ich uns kennenlernten, merkten wir plötzlich, dass wir beide gerne wandern. So sind wir direkt am nächsten Tag probehalber auf die Rigi gegangen. Da habe ich gleich gemerkt, dass sie ein rechtes Tempo beim Wandern an den Tag legt und sie hat mich gleich ein wenig gefordert.
Als wissenschaftlicher Reisebegleiter halten Sie weltweit Vorträge über das Wetter. Werden Sie am nationalen Wandertag den Mitwanderern auch viel über das Wetter erzählen?
Ich gehe davon aus, dass man mich über das Meteo und das Wetter ausfragen wird. Und selbstverständlich werde ich, wenn es sich anbietet, den Wanderern erklären, wie die Situation am Himmel ist, wie der Wetterdienst funktioniert und was das Baselbiet zu bieten hat, wetter- und klimatechnisch.
Können Sie kurz erklären, welche Faktoren das Wetter und das Klima des Baselbiets bestimmen?
Der Jura fördert vielerorts im Baselbiet die Bildung von Quellwolken und Gewittern. Das Gebiet liegt aber schön und hoch und ist deshalb mehrheitlich nebelfrei. Mit einer Höhe von 600 bis 650 Metern über Meer liegt es so hoch, dass auch im Sommer angenehme Temperaturen herrschen und es nicht so furchtbar heiss ist. Der Jura agiert ausserdem als Wetterscheide. So herrscht auf der Südseite oft ein anderes Wetter als am Juranordfuss. Es gibt also viele Aspekte, die das Baselbieter Klima bestimmen und interessant machen.
Arboldswil gilt als die Sonnenstube des Baselbiets. Ist der Name aus meteorologischer Sicht gerechtfertigt?
Nebel ist in Arboldswil, wie gesagt, wegen der Höhe kein Thema und steht den Sonnenstrahlen somit nicht im Weg. Hingegen kommt es doch immer wieder zur Quellwolkenbildung. Deshalb kann ich das nicht ganz bestätigen, wie ich ehrlicherweise sagen muss. Aber ich lasse mich natürlich sehr gerne überraschen, ob sich diese Statistik tatsächlich bewahrheitet.
Die vergangenen Wochen waren von Hitze und Trockenheit dominiert. Nehmen die Zuschauerzahlen im Fernsehen zu, wenn alle auf Regen warten?
Das würde ich so nicht sagen. Wenn es an Sommerabenden Einladungen gibt, die Leute am Abend lange draussen bleiben, grillieren und so weiter, wirkt sich das eher negativ auf die Zuschauerzahlen aus. Jedenfalls was das Live-Publikum betrifft. Wir stellen fest, dass dafür oft mehr Zuschauer die Wetteraussichten im Internet, offensichtlich zu später Stunde, ansehen. Weist man hingegen im Vorfeld ein wenig darauf hin, dass es einen Wetterwechsel geben könnte, so wie es vor zwei Wochen der Fall war, sieht man eine Zunahme der Zuschauerzahlen. Offensichtlich möchten die Leute sich in solchen Fällen versichern, ob der Regen tatsächlich kommt.
In jüngster Zeit gab es vereinzelt Fehlprognosen von «SRF Meteo».
Haben Sie manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn Sie mit einer Prognose falsch liegen?
Sie sprechen die Gewitter an (stöhnt). Wenn ich eine Prognose mache, dann habe ich immer das Gefühl, dass ich die Informationen nach bestem Gewissen und Wissen analysiert und zur Prognose verarbeitet habe. Ich bin immer davon überzeugt, dass das Wetter so wird, wie von uns prognostiziert. Kommt es dann anders und liegt wirklich eine markante Fehleinschätzung vor, nervt es mich und ich fühle mich persönlich betroffen. Nach einer Fehlprognose wird stets geprüft, wo der Fehler entstanden ist. Ob ich und mein Team einen Faktor übersehen, etwas falsch gewichtet oder interpretiert haben oder ob die Wettermodelle uns auf die falsche Fährte geführt haben. Am meisten ärgert es uns natürlich, wenn wir feststellen müssen, dass wir bei der Verarbeitung der Informationen zur Prognose tatsächlich einen Fehler gemacht haben. Aber das geschieht – Gott sei Dank – nur sehr selten. Meistens liegt der Fehler bei den Wettermodellen. Sie sind eine Art Glaskugel, die auch nicht immer alles voraussagen kann.
Zur Person
ske. Der 57-jährige Thomas Bucheli ist im luzernischen Hitzkirch aufgewachsen. Nach dem Gymnasium studierte er an der ETH Geografie und schloss in den Fachgebieten Meteorologie, Klimatologie und Atmosphärenphysik ab. Seit 1995 ist er der Leiter von «SRF Meteo». Er hat einen Sohn aus erster Ehe, den 20-jährigen Marc. 2017 heiratete er Kathrin Grüneis. Gemeinsam mit ihrer Tochter Charlotta leben sie im zürcherischen Kilchberg.