Sorghum – eine Alternative zu Mais?

  24.08.2018 Titterten

 

Sorghum. Noch nie gehört? Das könnte sich in Zukunft ändern. Denn die afrikanische Hirseart trotzt nicht nur der zunehmenden Trockenheit in Europa; im Gegensatz zu Mais wird sie von Wildschweinen verschmäht.

Lucas Huber

Eigentlich kultiviert Landwirt Werner Stohler Sorghum nicht wegen der Trockenheit. Wer hätte auch erwarten sollen, dass ein derart dürrer Sommer über das Land ziehen würde. Trocken, das schon, aber gleich so? Nun hat Werner Stohler, Mutterkuhhalter, Ackerbauer und Obstproduzent auf dem Hof Kastelen in Titterten, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Getreide trotzt der Trockenheit nämlich vorzüglich. Seit er es Mitte Juni aussäte, fiel kaum Regen, trotzdem gedeiht es wie gewünscht. Schliesslich stammt es aus Afrika, ist in gewissen Regionen sogar Kalorienlieferant Nummer eins, doch dazu später.

Der Grund, weshalb der Landwirt die Hirseart 2017 erstmals und in diesem Jahr bereits auf 2,5 Hektaren säte, liegt nicht im Mangel an Regen, sondern im Appetit von Wildschweinen und Dachsen. Die sind in der Region ziemlich zahlreich – und lieben Mais. Diesen baute Stohler für sein Vieh an, wie das viele Bauern tun: Mais ist dank seines hohen Energiegehalts neben Soja das Kraftfutter der Wahl.

10 Tonnen Ertrag pro Hektare
Ob Wildschwein oder Dachs, beide trachten insbesondere nach den Maiskolben. Den Schaden, den sie bei ihren Raubzügen anrichten, ist immens. Und Stohler, auch wenn er vom Kanton entschädigt wird, ist kein Mann, der die Faust im Sack macht. Also recherchierte er – und stiess auf Sorghum, die Hirseart, die ursprünglich aus dem heutigen Äthiopien stammt. Genau dort, im Afrika der Subsahara-Zone, ist es das wichtigste Nahrungsmittel überhaupt. Weltweit betrachtet liegt die Sorghum-Hirse hinter Mais, Weizen, Reis und Gerste auf Platz fünf der meistangebauten Getreide.

Doch hier geht es um Sorghum für die Tiermast. In der Schweiz wird – allenfalls abgesehen von Kleinstmengen – keine Sorte für die Nahrungsmittelproduktion angebaut. Sorghum bildet keinen Kolben, die Stärke wird in der Rispe gespeichert. Und die gedeiht, je nach Sorte und Lage, in einer Höhe von bis zu fünf Metern über dem Boden. Das führt zu hohen Erträgen – das Potenzial liegt bei rund 10 Tonnen pro Hektare. Der Anteil an Rohfasern ist derweil deutlich höher als beim Mais, was viel Biomasse und damit Futter bedeutet. Der Energiegehalt hingegen beträgt lediglich einen Bruchteil dessen, was im Mais an Stärke heranwächst. Der tiefe Wasserbedarf macht Sorghum indes interessant für eine Region wie die hiesige, in der die Sommer mutmasslich heisser und trockener werden.

«Mit seinen Eigenschaften ist Sorghum vor allem für Betriebe mit Mutterkühen interessant», bestätigt Tobias Streckeisen, schränkt aber ein: «Allerdings muss klar gesagt werden: Sorghum darf nicht als Alternative für Silomais angesehen werden.» Streckeisen ist Agro-Berater beim Pflanzenzüchtungsunternehmen KWS, das seit 2005 Sorghum-Arten züchtet, die dem mitteleuropäischen Klima gewachsen sind. Fragt man ihn nach dem Potenzial, wird die Pflanze eine Nischenkultur bleiben. «Aber die Anbaufläche hat stark zugenommen», wenn auch auf tiefem Niveau: Lag diese 2013 bei etwa 200 Hektaren, sind es dieses Jahr rund 400 Hektaren.

Sieben Baselbieter versuchen es
Im Baselbiet sind es gemäss Landwirtschaftlichem Zentrum Ebenrain (LZE) sieben Betriebe, die Sorghum auf einer Fläche von 7 Hektaren anbauen. Mais hingegen gedeiht auf 1400 Hektaren. Einzelne Landwirte starteten bereits vor Jahren Versuche mit der Hirseart, stellten diese allerdings wegen der tieferen Futterqualität wieder ein. «Wir geben den Landwirten keine Empfehlung zu Sorghum ab», sagt Pascal Simon, Leiter Produktion, Markt und Direktzahlungen am LZE. Auch der Bauernverband beider Basel hält sich diesbezüglich zurück.

Stohler ist von der afrikanischen Hirse derweil überzeugt. Denn die Wildschweine lassen seine Kulturen in Ruhe – und die Dachse auch. Da lässt den Landwirt sogar der Dachsbau kalt, der direkt neben einem seiner Sorghumfelder liegt. Und seine Rinder hätten am Sorghum, das den Mais in ihrem Futter ersetzt, auch nichts auszusetzen.


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