Hitze bedingt mehr Pflege
10.08.2018 LäufelfingenEin Augenschein im Altersheim
ssc. Der gestrige Regen und die leichte Abkühlung dürften im Altersheim Homburg in Läufelfingen nicht nur bei den Betagten gut angekommen sein. Auch das Pflegepersonal hatte mit der Hitze in den vergangenen Wochen mitunter zu ...
Ein Augenschein im Altersheim
ssc. Der gestrige Regen und die leichte Abkühlung dürften im Altersheim Homburg in Läufelfingen nicht nur bei den Betagten gut angekommen sein. Auch das Pflegepersonal hatte mit der Hitze in den vergangenen Wochen mitunter zu kämpfen. Denn die hohen Temperaturen bedeuten für das Personal nicht nur mehr Schweiss auf der Stirn, sondern auch einen erhöhten Pflegebedarf bei den Bewohnern. Letztere müssen immer wieder zum Trinken ermuntert werden, will man drohenden Kreislaufproblemen vorbeugen.
«Wenn es zu heiss wird, spinnt das Gerät»
Im Altersheim Homburg fordert die Hitze Pfleger wie Gepflegte heraus
Hitzeperioden steigern nachweislich die Sterblichkeit bei betagten Menschen. Wenn auch die grösste Hitze vorerst überstanden scheint, herrscht im Altersheim Homburg derzeit erhöhte Aufmerksamkeit beim Pflegepersonal.
Sebastian Schanzer
Wer hat es wohl schwerer gehabt an diesen heissen Tagen im Alters- und Pflegeheim Homburg in Läufelfingen? Ist es das Pflegepersonal, das von einem Zimmer ins andere rennt und mitunter schweisstreibende Betreuungsarbeiten leistet? Oder sind es die betagten Bewohnerinnen und Bewohner, die Temperaturen über 30 Grad meist schlechter ertragen als jüngere Menschen?
Es ist Mittwochmorgen und der Himmel ist für einmal bewölkt. Bei angenehmen 20 Grad geniessen zwei Pflegerinnen ihre erste Kaffeepause auf der Terrasse vor dem Heim. «Das Schwierigste bei diesen Temperaturen ist das Duschen der Bewohner. Da läuft dir der Schweiss nur noch so runter», sagt die eine und lacht halb vergnügt, halb verzweifelt.
Dass ein hartnäckig drückender Sonnenschein auch zur Plage werden kann, hat man vor 30 Jahren, als das Heim gebaut wurde und der Begriff Klimawandel noch nicht so geläufig war, nicht gedacht. Kaum ein Zimmer im ganzen Gebäudekomplex verfügt über eine Klimaanlage, sämtliche Räume müssen auf natürliche Weise gekühlt werden: morgens die Fenster öffnen – ab Mittag die Läden runter. Kommt hinzu, dass die meisten der Zimmer für die Bewohner ab dem frü- hen Nachmittag unter frontaler Sonneneinstrahlung stehen. Das ist die Kehrseite der schönen Lage des Heims in Läufelfingen.
Trinkt er genug?
Gerhard Sutter geniesst die Aussicht aufs Dorf und die darüber gelegenen Weideflächen jeden Morgen von der schattigen Terrasse aus. Er ist 67 Jahre alt und erlitt vor rund zwei Jahren einen Herzinfarkt. Seither trägt er einen implantierten Defibrillator mit sich herum. «Wenn es zu heiss wird, beginnt das Gerät zu spinnen», sagt er. Es zucke dann immer so. «Das fühlt sich ziemlich unangenehm an.» Das ist aber nicht das einzige Problem, das den Heimbewohner bei hoher Lufttemperatur beschäftigt. Nachdem er am Nationalfeiertag zu viele Stunden an der Sonne verbracht hatte, litt er am folgenden Tag unter Problemen mit der Blase. Gewusst hatte er es schon, dass er die pralle Sonne eigentlich meiden sollte. Sutter weiss aber auch: Mit einem gelegentlichen Fussbad oder einem kühlenden Wasserstrahl über die Arme kann er sich bei Bedarf eine willkommene Erfrischung verschaffen.
«Unsere Bewohner entscheiden frei und selbständig, wo sie sich aufhalten», sagt der Heimleiter Roger Schnellmann. «Da spielen wir nicht den Aufpasser.» Gleichwohl ist das Pflegepersonal auch durch den Heimarzt angehalten, in diesen heissen Zeiten erhöht aufmerksam zu sein. Sinkt bei jemandem der Blutdruck? Verliert er an Gewicht? Trinkt er genug? «Betagte Menschen, die vielleicht auch an mehreren Krankheiten leiden, haben einfach weniger Reserven als jemand, der noch voll im Saft steht», sagt der Heimarzt Stephan Gerosa. So könne ein Aufenthalt an der prallen Sonne schnell zu Schwindel, Übelkeit und Herz-Kreislauf-Problemen führen. Das erhöht zudem die Sturzgefahr. «Es gibt im Heim derzeit Leute, die wegen der Hitze ‹schlächt zwääg› sind.» Sie verlagern ihren Aufenthalt von draussen vermehrt ins Zimmer und verlängern bemerkbar ihre «Siesta».
Hitzeperioden steigern nachweislich die Sterblichkeit bei alten Menschen. Im heissen Sommer 2003 verzeichnete der Bund landesweit rund sieben Prozent mehr Todesfälle, als anhand von Modellrechnungen zu erwarten gewesen wären. 975 zusätzliche Tote wurden 2003 der Hitze zugerechnet. «Das hitzebedingte Sterberisiko nimmt ab Tageshöchsttemperaturen von 30 Grad mit jedem zusätzlichen Grad stark zu», schreibt das Bundesamt für Umwelt.
Weniger Medikamente
Da dabei besonders der Wasserhaushalt im Körper eine Rolle spielt, werden den Heimbewohnern in Läufelfingen während einer Hitzeperiode weniger Herzmedikamente verabreicht. «Die Medikamente führen zu Wasserverlust. Bei alten Menschen nimmt darüber hinaus das Durstgefühl ab und sie drohen auszutrocknen», sagt der Heimarzt Gerosa, der dieser Tage öfters im Heim anzutreffen ist als gewöhnlich.
Im Alters- und Pflegeheim Homburg ist es in den vergangenen Wochen zu keinen hitzebedingten Todesfällen gekommen. Überhaupt: Die Bewohner scheinen die Strapazen sportlich zu nehmen. Die bald 90-jährige Edith Forter muss zwar in heissen Nächten zur Schlaftablette greifen. Und die Absetzung der «Wassertablette» führte bei ihr zu dicken Beinen. «Aber mir tut vor allem das Pflegepersonal leid», sagt sie. Immerhin: Heimleiter Schnellmann hat für die heissen Tage die Kleiderordnung gelockert. Das Pflegepersonal darf in eigenen kurzen T-Shirts arbeiten und die langen Hosen hochkrempeln. «Das ist gut so», sagt Forter.
Und dann gibt es im Heim Homburg noch den 80-jährigen Mann, den sie schlicht den «Sonnenanbeter» nennen. Carl Hiltpold fühlt sich bei 35 Grad pudelwohl. Er verbrachte eine längere Zeit seines Lebens im Sonnenstaat Kalifornien und ist einzig der Liebe wegen ins Baselbiet zurückgekehrt. Nun erfreut er sich an kalifornischen Verhältnissen in der Schweiz. «Herrlich ist das, ich geniesse diese Wärme in vollen Zügen.»
Eptinger schiebt Überstunden
ssc. Da an heissen Tagen auch viel getrunken wird, produziert die Mineralquelle Eptingen AG derzeit 40 Prozent mehr als unter normalen Bedingungen, wie die basellandschaftliche Zeitung jüngst vermeldet hat. Das heisst für die Mitarbeiter, dass die Abfüllmaschinen wie etwa am vergangenen Mittwoch auch einmal bis 22 Uhr laufen, um Lieferengpässe zu vermeiden. Derweil konnte das Unternehmen auch sein «Deckeli»-Problem bei den neu designten Flaschen beheben. Vor zwei Wochen habe man neue Deckel geliefert bekommen und alle fehlerhaften Flaschen in der Region ausgetauscht, wie Geschäftsleitungsmitglied Damaris Buchenhorner auf Nachfrage sagt. Anfang Juli hatte sich das Personal eines Altersheims in der «Volksstimme» über die schwer zu öffnenden Alu-Deckel beschwert.