Das letzte grosse Rennen
10.08.2018 SportRadsport | Regionale Radrennen verschwinden – der GP Oberbaselbiet bleibt
Das Bergrennen in Maisprach findet heuer zum letzten Mal statt. Dem Trend der verschwindenden regionalen Radrennen widersetzt sich der Grand Prix Oberbaselbiet. Und OK-Präsident Andreas ...
Radsport | Regionale Radrennen verschwinden – der GP Oberbaselbiet bleibt
Das Bergrennen in Maisprach findet heuer zum letzten Mal statt. Dem Trend der verschwindenden regionalen Radrennen widersetzt sich der Grand Prix Oberbaselbiet. Und OK-Präsident Andreas Wild ist überzeugt: Das Rennen wird noch lange Bestand haben.
Fabiano De Pasquale
Ich war zehn Jahre alt und stand beim Törli in Liestal. Auf einmal rauschten die Stars des Radsports im Minutentakt an mir vorbei. Den Sieg sicherte sich der damalige Stundenweltrekordhalter Chris Boardman vor dem frischgebackenen Alpe-D’Huez-Sieger Giuseppe Guerini. Spätestens an jenem 15. August 1999 habe ich mich in den Radsport verliebt.
Regionale Rennen mit Spitzenbeteiligung, wie es das oben beschriebene Vögeli-Memorial oder die Wartenbergrundfahrt waren, sind längst eingegangen. Auch das Bergrennen Maisprach-Farnsburg, ein Highlight für regionale Hobbyfahrer, wird am Samstag in einer Woche zum letzten Mal über die Bühne gehen.
Doch wer genauer hinschaut, kann erkennen, dass sich ein Radrennen in Zunzgen erfolgreich dieser Tendenz entzieht. Der Grand Prix Oberbaselbiet (GPOBB) hat sich seit 2005 zu einem attraktiven Eintages-Klassiker für ambitionierte Schweizer Nachwuchshoffnungen und Elitefahrerinnen mit internationaler Strahlkraft entwickelt. Wenn man einen Blick in das Goldene Buch des Rennens wirft, in dem seit der ersten Austragung die Siegerinnen und Sieger aufgeführt werden, kann man Namen wie Jolanda Neff oder Silvan Dillier ausmachen, die heute zweifellos zur Rad-Elite der Schweiz gehören.
Mühe beim Rekrutieren der Jungen
Sie konnten den Grand-Prix Oberbaselbiet als ideales Karrieresprungbrett nutzen, um an die Weltspitze des Radsports zu gelangen. Das Rennen ist Teil einer Juniorenrennserie, des Challenge Club Maillot D’Or, die von einer gleichnamigen Supportervereinigung zur schweizweiten Nachwuchsunterstützung finanziert wird.
Laut Andreas Wild, dem Präsidenten des Zunzger Organisationskommitees, ist die Juniorenförderung ein wichtiges Fundament für das zukünftige Bestehen des Radsports. Obwohl der gesellschaftliche Trend sich wieder in die Richtung bewege, dass Radfahren attraktiver wird, ist es gemäss Wild doch nicht einfach, Jugendliche für den Radsport zu gewinnen. Der Strassenradsport habe besonders Mühe, Nachwuchs zu rekrutieren, während beispielsweise Mountainbiken einen stetigen Zulauf aufweise.
Wild erklärt es sich so, dass einerseits viele Leute nicht mehr bereit seien, die Entbehrungen auf sich zu nehmen, die der Strassenradsport mit sich bringe. Um nur schon auf tiefster Stufe mitwirken zu können, sei regelmässiges und intensives Training Grundvoraussetzung. Andererseits würden seitens der Eltern oft Bedenken geäussert, was die Sicherheit angehe, da im offenen Verkehr trainiert werde. Letzteres beschäftigt Wild auch am GPOBB. Die Sicherheitsvorschriften sind von Jahr zu Jahr gestiegen, was zur Folge hatte, dass sich der Aufwand in diesem Bereich massiv erhöhte. Trotz eines knappen Budgets ist es dem OK stets gelungen, den Grand-Prix ohne grössere finanzielle Defizite durchzuführen.
«Der GP bleibt bestehen»
Dies geht laut Wild nicht ohne Sponsoren, die sich stark für den regionalen Radsport und dessen Nachwuchsförderung einsetzen. Mediensprecher Joe Krebs von GP-Co-Sponsor EBM (Elektra Birseck Münchenstein) sagt, dass der Radsport mit seiner Kombination von moderner Technik und ökologischer Energieumsetzung perfekt in die Firmenphilosophie passe und dass es auch in Zukunft ein wichtiges Anliegen des Unternehmens sei, den Radsport und seine Jugendförderung zu unterstützen. Dabei sei auch der GPOBB von grosser Bedeutung.
Als nicht minder entscheidenden Grund für das Gelingen des GP nennt Wild die freiwilligen Helferinnen und Helfer, die Jahr für Jahr mit vollem Engagement am Rennen mitarbeiten. Ohne sie wäre der Grand Prix nicht durchführbar. Wild ist nicht nur beim GP als Präsident unterwegs. Er ist in gleicher Funktion beim Veloclub Diegtertal im Einsatz. Sein Verein feiert heuer sein 40-Jahre-Jubiläum (die «Volksstimme» berichtete). Er ist zuversichtlich, dass der Grand-Prix noch lange bestehen bleibt. Es wäre nicht nur der Nordwestschweiz, sondern dem gesamten Schweizer Strassenradsport zu wünschen. Denn das Rennen bietet einen selektiven Parcours, der für ambitionierte Juniorinnen und Junioren geeignet ist, um sich zu messen und dadurch jährlich als fixer Programmpunkt in der schweizweiten und regionalen Nachwuchsförderung eingeplant ist.
Die Hauptattraktion am GP bleibt jedoch das Frauenrennen. Seit Jahren weist es ein namhaftes internationales Elite-Starterinnenfeld auf. Da der Frauensport in der Schweiz seit einiger Zeit in vielen Bereichen stark gefördert wird und ihm in den nationalen Medien eine immer grössere Plattform geboten wird, könnte der Grand-Prix Oberbaselbiet in naher Zukunft von diesem Aufschwung profitieren. Und wer weiss, wenn diesen Sonntag in Zunzgen (ab 9 Uhr) kräftig in die Pedale getreten wird, rauschen dann vielleicht zukünftige Stundenweltrekordhalterinnen oder Alpe D’Huez-Siegerinnen an den Zuschauern vorbei.
Zeitplan und Fahrerinnen
fdp. Um 9 Uhr starten am Grand Prix Oberbaselbiet die Junioren und die Amateure. Sie werden nach 11 Uhr im Ziel erwartet. Das Highlight des Tages folgt um 12.30 Uhr: Ein namhaftes Fahrerinnenfeld macht sich bei der Elite auf die Strecke. Die Zieleinfahrt ist nach 14 Uhr zu erwarten. Unter anderem am Start: Marcia Eicher (9 Medaillen an CH-Meisterschaften, 7. Tour de France 1997), Nicole Hanselmann (Schweizermeisterin Zeitfahren, 15. im Zeitfahren an der EM in Glasgow), Marlen Reusser (Schweizermeisterin Zeitfahren 2017), Sabine Spitz (Olympiasiegerin 2008 im Mountainbike, 2012 Silber, 2004 Bronze).