Viele Orgelpfeifen und Hochwasser
08.05.2018 LeserreiseKathrin und Guido Stohler radeln von Ziefen an das Schwarze Meer: Woche 2*
Ein Jahr ist es her, dass Kathrin und Guido von Ziefen aus mit dem Tandem ans Schwarze Meer radelten. In seiner zweiten Woche kämpft das Ehepaar gegen strömenden Regen und einen gebrochenen ...
Kathrin und Guido Stohler radeln von Ziefen an das Schwarze Meer: Woche 2*
Ein Jahr ist es her, dass Kathrin und Guido von Ziefen aus mit dem Tandem ans Schwarze Meer radelten. In seiner zweiten Woche kämpft das Ehepaar gegen strömenden Regen und einen gebrochenen Veloschlüssel. In Passau erwartet das Paar die «beste Brötlidegustation der Reise».
Kathrin Stohler
Am darauffolgenden Tag regnet es schon während des Frühstücks in Strömen. Wir brechen trotzdem auf. Mit Gamaschen und Regencape ausgerüstet fahren wir nach Ingolstadt. 60 Kilometer reichen uns bei diesem Regenwetter. Ingolstadt hat ein sehr schönes Münster und eine wunderbare Altstadt mit vielen schmucken Häusern. Hier essen wir zum ersten Mal frischen Spargel. Lecker!
Ab Ingolstadt fahren wir viel auf dem Damm. Dabei sehen wir immer wieder überschwemmte Felder und Wiesen. Doch wir haben Glück. Der Himmel ist zwar noch wolkenverhangen, aber es ist trocken. Schon bald erreichen wir den ersten Donaudurchbruch bei Weltenburg. Wir verladen unser Velo auf das Schiff und fahren auf dem Fluss durch die enge Schlucht bis nach Kehlheim. Dort zieht es uns noch zur Befreiungshalle hoch über der Donau. Da sich Guido so sehr auf die Abfahrt freut, fahren wir den Berg rauf. Das ist anstrengend, da wir ein sehr langes Stück schieben müssen. Aber der Krampf lohnt sich, und es wird bei Weitem nicht der letzte sein.
Wir übernachten in Kehlheim. Beim Frühstück kommen wir mit einem belgischen Paar ins Gespräch, das auch mit dem Fahrrad unterwegs ist. Ihr Ziel ist Wien. Nachdem wir unsere Adressen ausgetauscht haben, verabschieden wir uns. Wir begegnen uns noch ein paar Mal an diesem Tag. Immer wenn Guido fotografiert, überholen sie uns, später holen wir sie wieder ein. Da wir aber heute nur bis Regensburg fahren, verlieren wir sie.
Die Donau in schönem Blau
«In Regensburg müsst ihr unbedingt beim Wurstkucherl vorbei», rät uns ein älterer Herr. Anscheinend hat man hier in Regensburg vor mehr als 500 Jahren die Wurst erfunden. Wie auch immer, die Wurst und das Kümmelbrötchen haben uns geschmeckt. Wir essen das erste Mal draussen, bei Sonnenschein und direkt an der blauen Donau. Ja, heute sehen wir die Donau zum ersten Mal blau. Dem blauen Himmel sei gedankt. Wir schlendern noch ein bisschen durch die Altstadt und gehen dann zurück in unser Hostel, müde von den vielen Eindrücken des Tages.
Am Morgen wollen wir früh aufbrechen. Doch beim Aufschliessen unseres Veloschlosses bricht der Schlüssel ab. Was nun? Wir haben keine Zange dabei und weit und breit ist keine Werkstatt. Da hat Guido eine zündende Idee. Er holt sein Schweizer Sackmesser hervor und sägt das Schloss entzwei. Nach fünf Minuten hat er es tatsächlich geschafft. Hoffentlich hat uns niemand beobachtet, denn für einen Aussenstehenden hätte das wohl eher nach Diebstahl ausgesehen.
Nur wenige Kilometer nach Regensburg erhebt sich an den grünen Hängen des Bräubergs der «teutsche Ehrentempel», die Walhalla. Er wurde von König Ludwig I. errichtet und erinnert sehr an einen griechischen Tempel. Von den 358 Stufen, die zu dem Tempel führen, hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Donaulandschaft. In Deggendorf kaufen wir ein neues Veloschloss. Der Radhändler versichert uns, es sei unknackbar.
Fussmarsch am Ruhetag
Am 12. Mai erreichen wir Passau. Hier werden wir unseren ersten Ruhetag einlegen. Wir übernachten zwei Mal. Die 3-Flüsse-Stadt zieht uns schon bald in ihren Bann. Wir machen eine Stadtführung zu Fuss mit einer humorvollen Dame mit enormem Wissen. Ihre Begeisterung überträgt sich spürbar auf uns. Das Orgelkonzert im Stephansdom wollen wir auch nicht verpassen. Hier steht nämlich die grösste Domorgel der Welt. Eine Haupt- und mehrere Nebenorgeln verteilen den Klang über sagenhafte 17 974 Pfeifen und 234 Register. Sogar vom Dachboden strömen die Töne durch das «Heiliggeistloch» auf die Hörer hinab. Beeindruckend sind auch die vielen Hochwassermarkierungen, auf die wir immer wieder treffen. Passau wird regelmässig von enormen Wassermengen geflutet. Mit einer 3-Flüsse-Fahrt beenden wir den Nachmittag und beschliessen, zur Festung hinaufzugehen. Von dort haben wir einen wunderbaren Blick auf Passau. Während die letzten Sonnenstrahlen noch auf die Dächerlandschaft mit den vielen Türmchen scheinen, geniessen wir ein wohlverdientes Nachtessen.
Am nächsten Morgen wollen wir früh weg. Doch beim Frühstücken kommen wir mit dem Bäckermeister ins Gespräch. Er bringt uns immer wieder frische Brötchen, die wir verkosten müssen. So kommen wir zu unserer besten Brötlidegustation der ganzen Reise. Etwas verspätet, aber mit vollen Bäuchen und einem zusätzlichen Brötlisack, verlassen wir Passau in Richtung Österreich.
Ein Sonntag für Radler
Den unbewachten Grenzübergang wollen wir natürlich dokumentieren. Deshalb fragen wir zwei Fischer, die am Donauufer plaudern, ob sie ein Foto von uns machen würden. Während wir uns noch ein wenig unterhalten, fahren zwei weitere Radler auf uns zu. Es sind die Belgier. Ja, solche Wiedersehen sind immer etwas Spezielles, das werden wir noch mehrmals erleben.
Von jetzt an ist das Radeln nicht mehr anstrengend. Fast von alleine fährt es, unser Tandem. Das Donauufer ist stark bewaldet und der Fluss schlängelt sich gemächlich durch die Landschaft. Bei der Schlögener Schlinge steigen wir auf die Fähre. Es ist eine Längsfähre, das heisst, wir überqueren die Donau nicht, sondern wir fahren ein Stück flussabwärts mit ihr. Die Fähre ist voll mit Radlern, denn heute ist Sonntag und wirklich tolles Ausflugswetter. Unterwegs essen wir bei einer kleinen Fischbude einen Steckerlfisch. Das scheint in dieser Gegend eine Spezialität zu sein und schmeckt uns sehr.
Heute beschliessen wir, das erste Mal zu zelten. Wir finden einen wunderschönen Zeltplatz an einem Baggersee. Eine grosse Wiese für uns allein. Und so beenden wir unsere zweite Reisewoche ganz alleine auf einem riesigen Zeltplatz.
*Zweiter Teil der Reiseserie «Mit dem Tandem der Donau entlang ans Schwarze Meer».
Bisher erschienen: Teil 1 (3. Mai, Seite 9). Wird fortgesetzt.
In zehn Wochen zum Donaudelta pedalt
vs. Das Ehepaar Guido und Kathrin Stohler-Mauch aus Ziefen hat sich vergangenes Jahr einen lang ersehnten Traum erfüllt. Die beiden fuhren mit dem Tandem von Ziefen bis ans Schwarze Meer. Im Donaudelta verbrachten sie nachher noch eine Woche auf dem Schiff. In einem mehrteiligen Bericht berichten sie in der «Volksstimme» – mit 52 Wochen Abstand – von ihrer Reise, den Abeuteuern und Eindrücken durch acht Länder und den vielen Erlebnissen, der herzlichen Gastfreundschaft und den fantastischen Naturerlebnissen.