Hier war wohl der Hochadel zu Hause
06.02.2018 LiedertswilRittersporn und Pfeilspitzen bei Burg Mörlifluh gefunden
vs. Auf der Burg im Gebiet Mörlifluh bei Tschoppenhof lebten früher vermutlich Hochadlige. Darauf deuten die historischen Funde hin, wie Kantonsarchäologe Reto Marti an einem Vortrag im Dorf ...
Rittersporn und Pfeilspitzen bei Burg Mörlifluh gefunden
vs. Auf der Burg im Gebiet Mörlifluh bei Tschoppenhof lebten früher vermutlich Hochadlige. Darauf deuten die historischen Funde hin, wie Kantonsarchäologe Reto Marti an einem Vortrag im Dorf erklärte. Neben einem Rittersporn aus dem 10. Jahrhundert haben die Forscher in den Hängen etwa auch Pfeilspitzen für Armbrüste gefunden.
Die Burgstelle ist erst vor rund zwei Jahren entdeckt worden. Was in den Wäldern und in den Höhenlagen passierte, bleibt ohne konkrete Hinweise im Verborgenen. Umso wichtiger seien daher die ehrenamtlichen Späher, wie Archäologe Marti gegenüber der «Volksstimme» ausführte.
Mit der Armbrust auf Hochwildjagd
Hintergründe und neue Erkenntnisse zur Burgstelle Mörlifluh
Die vor zwei Jahren entdeckte Burgstelle auf der Mörlifluh ist ein ganz besonderer Fund und weist auf eine Adelsburg hin. Der Kantonsarchäologe Reto Marti spannt den Bogen zu archäologischen Erkenntnissen aus der weiteren Region und zieht daraus wichtige Schlüsse.
Beat Ermel
Vor rund zwei Jahren ist die Burgstelle südlich des Dorfs Liedertswil im Gebiet Mörlifluh entdeckt worden. Der Kantonsarchäologe Reto Marti hat in seinem Vortrag am vergangenen Donnerstag im Gemeindesaal von Tschoppenhof ausführlich über die Hintergründe des Fundes berichtet und einen Blick auf die Siedlungsgeschichte der Region gewagt.
«Bei der Burgstelle Mörlifluh handelt es sich um einen ganz besonderen Fund, da er aus so früher Zeit stammt», sagt Marti. Die Burg wurde im 10. Jahrhundert auf einem schmalen, steilen Grat errichtet und im 12. Jahrhundert wieder aufgegeben. Die Fundstelle liegt auf 890 Metern Höhe und ist damit die höchstgelegene Burg des Baselbiets.
Aufgrund der starken Erosion in den vergangenen tausend Jahren ist an der exponierten Felsrippe heute neben Andeutungen von Mauern lediglich noch der künstlich angelegte Halsgraben ersichtlich. Der vom ehrenamtlichen Hobby-Archäologen und Späher Bruno Jagher entdeckte Halsgraben nutzten die Burgherren als Annäherungshindernis und zum Abbau von Material für die Umgebungsmauern. Bedeutende Funde habe man in den Hängen gemacht. So zum Beispiel einen Rittersporn aus dem 10. Jahrhundert. «Dies ist ein Zeichen für den Hochadel», erklärt Marti. Nur berittene Krieger hatten in dieser Zeit solche Sporen. Auch die gefundenen Pfeilspitzen für Armbrüste waren ein Privileg des Adels. Sie wurden für die Hochwildjagd eingesetzt.
Die Region um Liedertswil ist relativ spät in den Fokus der Archäologie Baselland gerückt, eigentlich erst mit den aktuellen Entdeckungen.
Flurnamenforscher im Irrtum?
Wieso kommt eine Burg an diesen abgelegenen Ort zu stehen? Für die Landwirtschaft war das Gebiet ja nicht geeignet. Der Kantonsarchäologe suchte deshalb nach anderen Gründen. Eine Spur ergab die Auswertung von Laser-Scans. Darauf sind Wegsysteme aus alten Zeiten zu erkennen. Zudem sei bekannt, dass im Gebiet der Waldweide Bohnerz abgebaut und nach Waldenburg gebracht wurde.
Martis Hypothese ist, dass in einer allerersten Phase hier auf der Mörlifluh ein Standort gebildet wurde, um den Erzabbau zu kontrollieren. Der Erzabbau im Jura war im Mittelalter sehr wichtig. Der Flurnamen (M)örli komme nicht wie in den Flurnamenbüchern erwähnt von den Erlen, sondern sei auf die erzführenden Schichten zurückzuführen. Darauf weisen die Flurnamen mit den Silben Örli oder Erli (das kleine Erz). Die Flurnamenforscher haben sich da wohl für einmal getäuscht.
Es sei ein Phänomen des Mittelalters, dass viele der Burgen gar keine militärische Rolle spielten, sondern da waren, um Präsenz und Machtanspruch zu markieren.
Wichtige Späher
Auf die Frage der «Volksstimme», was die Archäologie aus diesem Zufallsfund lernen kann, antwortet Marti: «Wir wissen schon lange, dass wir ein Defizit haben. Wir können nur dort graben, wo archäologische Substanz bedroht ist, das heisst unten in den Tälern, wenn die Bagger auffahren.» Was in den Wäldern und in den Höhenlagen passierte, bleibe ohne konkreten Hinweis unentdeckt.
Um dem entgegenzuwirken, habe der Kanton die Arbeit mit ehrenamtlichen Spähern intensiviert. «Sie sind für uns – abseits des Siedlungsgebiets – in Wald und Flur unterwegs.»
Was bedeutet «Burgstelle»?
be. Als Burgstelle wird eine Burg bezeichnet, von der noch weniger erhalten ist als eine Ruine. Es ist ein Standort, an dem einst eine Burg stand, deren Mauern heute völlig oder weitgehend eingeebnet sind.