Die Larve
23.02.2018Die Larve
«Die Goldene», «die Worte», «die Mundart», «die Sujets» und schliesslich «die Fasnacht». Unter diesen fünf Stichworten hat der Neofütt in einer Serie auf die Fasnecht 2018 vorausgeschaut. Nun wäre es an der Zeit, ...
Die Larve
«Die Goldene», «die Worte», «die Mundart», «die Sujets» und schliesslich «die Fasnacht». Unter diesen fünf Stichworten hat der Neofütt in einer Serie auf die Fasnecht 2018 vorausgeschaut. Nun wäre es an der Zeit, «die Bilanz» zu ziehen oder unter dem Titel «die Vorfreude» bereits auf die Fasnecht 2019 zu blicken. Schliesslich liegen nur noch 370 Nächte zwischen heute und dem nächsten Umzugssonntag im Oberbaselbiet. Doch nach der diesjährigen Ausgabe muss ein wesentlicher Bestandteil kurz in den Fokus gerückt werden: die Larve. Regelmässig löst sie bei uns ein kurzes Entzücken aus.
Schliesslich zählt sie zu den bekanntesten Eigenheiten der hiesigen Fasnacht. Wer jemals drei oder sogar fünf Tage lang mit einer wuchtigen Waggislarve unterwegs war, der weiss, dass sie schwer werden kann und dass sie drückt. Man sieht kaum etwas und stolpert deshalb (und nicht wegen des Alkohols) andauernd in den Beizen. Und überall schlägt man sich die lange Nase auf. Hinzu kommt, dass sich beim Intrigieren in stickigen Lokalen schnell einmal im Kinnbereich ein Feuchtbiotop bilden kann, an dem der jüngste der Sissacher Chrétien-Brüder, der Naturschützer und Arten-Vervielfältiger – sein Vorname entspricht dem latenischen Wort für einen noch nicht integrierten Säuger – die grösste Freude hätte.
Die Larve muss ihre Stellung an unserer Fasnecht behaupten. Ihr kommen drei wesentliche Funktionen zu: Bei den Cliquen ist sie ein fixer Bestandteil, um das Sujet kunstvoll auszuspielen: Feiert ein Wagen Jubiläum, so erhält der Waggis oft goldenes Haar verpasst. Als Beispiele für dieses Jahr sind die Häring-Larve der Nuggi Clique oder die Federer-Larve der Büchel-Spränger als Beispiele zu nennen, aber viele weitere Cliquen haben nicht weniger Fantasie, Arbeit und – nicht zu vergessen – Geld in diese Kunstform investiert. Eine mit Violett bemalte hochnäsige «Alte», ein grobschlächtiger Waggis mit seinem wuchtigen Zinggen oder der kunstvolle Harlekin, alle mit dem entsprechenden Kostüm ergänzt, lassen uns Jahr für Jahr entzückt den Auslöser drücken.
Die Larve erfüllt aber noch eine weitere, ganz andere Aufgabe, als bloss ein Kunstobjekt und Zierde zu sein. Der Träger geniesst dank ihr Anonymität und kann den Schönen und Reichen sowie den Regierenden tüchtig die Meinung sagen. Exemplarisch führen uns das die Schnitzelbänkler vor Augen. Obwohl der Insider bei vielen weiss, wer unter der Larve steckt und der bereits beschriebene Biotop-Effekt durch das Singen noch verstärkt wird, behalten die typischen Bänkler in den Sissacher Beizen ihre Larve auf und tragen sie erst draussen, wenn sie im Dunkeln weiterziehen, unter dem Arm.
Die Larve als Bestandteil des ausgespielten Sujets, die Larve als optisches Schmuckstück, die Larve als Bewahrer der Anonymität – fehlt noch die vierte Funktion: Die Larve, die möglichst schnell vom Kopf gerissen wird. Etwas Prächtigeres kommt dann aber nur in Ausnahmefällen hervor.