Sachpolitik statt Schlagzeilen
23.12.2025 PolitikNadine Jermann, Gemeindepräsidentin und Landrätin FDP, Buus
Im Landrat zeigte sich gerade bei der Budgetdiskussion im Dezember, wie stark Interessen die Politik prägen. Das ist nicht negativ – schliesslich vertreten wir alle bestimmte Anliegen. ...
Nadine Jermann, Gemeindepräsidentin und Landrätin FDP, Buus
Im Landrat zeigte sich gerade bei der Budgetdiskussion im Dezember, wie stark Interessen die Politik prägen. Das ist nicht negativ – schliesslich vertreten wir alle bestimmte Anliegen. Wenn jedoch über Sparmassnahmen diskutiert wird, darf das grosse Ganze nicht aus dem Blick geraten. Nur ein ausgeglichener Staatshaushalt und eine niedrige Schuldenlast geben uns die Möglichkeit, die öffentlichen Aufgaben langfristig zu erfüllen. Nun machte unlängst Schlagzeilen, dass der einzige wachsende Sektor in diesem Jahr der Staatssektor war, während unsere Unternehmen mit US-Zöllen und einer schwachen Konjunktur im umliegenden Ausland kämpfen. Um unseren Wohlstand zu sichern, müssen wir haushälterisch mit den Staatsausgaben umgehen sowie attraktive Rahmenbedingungen und eine funktionierende Infrastruktur für unsere Unternehmen und Mitarbeitenden schaffen.
Die Debatten im Landrat sind in der Regel erfreulich sachlich. Das ist nicht selbstverständlich. Denn es ist eine Tendenz erkennbar, dass politische Auseinandersetzungen zunehmend ausserhalb der Par- lamente über Medien und soziale Netzwerke und dort wenig sachlich und faktenbasiert geführt werden. Auf nationaler Ebene haben wir vor Kurzem gesehen, wie schnell das kippen kann: als Tamara Funi- ciello eine Empörungskampagne («Herdenschutz wichtiger als Schutz von Frauen?») orchestrierte. Ein medialer Sturm folgte und die Parlamentarier wurden mit Protest-Mails überhäuft. Zur Klarstellung: Opferschutz und Bekämpfung häuslicher Gewalt sind wichtige Staatsaufgaben, und Frauenhäuser sind chronisch unterfinanziert. Aber im allgemeinen Aufschrei ging unter, dass die Kosten des Gleichstellungsbüros seit 2020 um 60 Prozent angestiegen sind und der Nationalrat es lediglich ablehnte, dass das Gleichstellungsbüro zukünftig 4 statt 3 Millionen Franken pro Jahr für Projekte ausgeben kann. Eine direkte Finanzierung der Frauenhäuser wäre wohl wirksamer.
Wir kennen diese Instrumentalisierung der Medien und Öffentlichkeit auch aus den USA. Die Lagerbildung zwischen Republikanern und Demokraten erschwert den politischen Diskurs und verunmöglicht Kompromisse. In der Schweiz machen wir es besser – solange wir sachlich bleiben, andere Meinungen zulassen und bereit sind, auf andere einzugehen. Das ist der Kern der Konkordanz und ein zent- raler Pfeiler der politischen Stabilität unseres Landes. Darum mein Appell an uns alle: Tragen wir Sorge zu unserer politischen Kultur! Vertreten wir unsere Interessen konsequent, aber verlieren wir nie das grosse Ganze aus den Augen.
Persönlich blicke ich auf ein intensives Jahr zurück – mit vielen neuen Erfahrungen im Landrat und der Erkenntnis, wie wichtig die Zusammenarbeit auch über die Parteigrenzen hinaus ist. Die FDP hat für die Regierungsratswahl einen anderen Weg gewählt, Markus Eigenmann wird sein Amt gut ausüben. Für mich heisst das: Fokus auf die Arbeit im Landrat, wo wir gemeinsam Lösungen finden müssen.
Mit diesen Worten danke ich allen, welche die «Carte blanche» regelmässig lesen und sich politisch engagieren. Ich wünsche allen frohe Weihnachten und alles Gute fürs neue Jahr!
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

