«Freuen uns riesig aufs Heimspiel»
09.01.2025 ReigoldswilDie Geschwister Weber haben dem Jodeln regional Auftrieb gegeben
Für das Jodlerinnen-Terzett Geschwister Weber steht mit dem Nordwestschweizer Jodlerfest im Juni in Reigoldswil ein Heimspiel bevor, bei dem sie mit einer Überraschung aufwarten wollen. Schon im Februar steht die ...
Die Geschwister Weber haben dem Jodeln regional Auftrieb gegeben
Für das Jodlerinnen-Terzett Geschwister Weber steht mit dem Nordwestschweizer Jodlerfest im Juni in Reigoldswil ein Heimspiel bevor, bei dem sie mit einer Überraschung aufwarten wollen. Schon im Februar steht die dritte CD-Taufe der Schwestern Sandra, Doris und Maya Weber an.
Andreas Hirsbrunner
Auf Ihrer Website schreiben Sie, dass Sie sich riesig auf das Nordwestschweizer Jodlerfest in freut. Worauf vor allem?
Maya: Aufs Heimspiel. Wir gehen an jedes Nordwestschweizer Jodlerfest, aber hier ist das Besondere, dass wir alles und alle kennen. Und unsere Freunde und Bekannten können uns hören, ohne dass sie zuerst irgendwo hinfahren müssen. Mich freut auch, dass wir mit unseren Auftritten dazu beitragen können, die Tradition des Jodelns und Alphornspielens ins Fünflibertal zu bringen.
Sandra: Ums Jodlerfest kommt niemand herum, der hier wohnt. Somit erhalten alle in Reigoldswil einen Berührungspunkt zum Jodeln.
Wie weit sind Sie drei selber aktiv am Fest?
Sandra: Einerseits werden wir ein Beizli führen, wobei aber noch vieles offen ist. Andererseits werden wir natürlich Wettvorträge halten. Dabei treten wir in verschiedenen Formationen auf: als Terzett und in einer weiteren musikalischen Zusammensetzung, mit der wir überraschen wollen. Wir finden, dass wir etwas Spezielles machen müssen, wenn das Fest schon hier stattfindet. Und das Spezielle ist jetzt dieses Familienprojekt.
Maya: Und ich spiele noch Alphorn und trete mit der Alphorngruppe Laupersdorf auf.
Steigern können Sie sich am Heimspiel nicht mehr. Am letzten Nordwestschweizer Jodlerfest 2022 in Bad Zurzach haben Sie bei all Ihren vier Auftritten sowohl jodelnd wie alphornblasend die Note 1 für «sehr gut» eingefahren. Bleibt somit als Ziel, das zu wiederholen?
Maya: Das wäre schön.
Sandra: Für mich steht nicht die Note im Vordergrund, sondern dass wir zusammen ein Lied einstudieren.
Wie ist das eigentlich: Geht es unter Ihnen immer so harmonisch zu, wie es auf der Bühne wirkt? Oder gibt es auch Reibereien oder Streit?
Sandra: Es gibt sicher manchmal Differenzen, aber das artet fast nie in Streit aus. Eine von uns dreien hat immer etwas zu sagen, das die Missstimmung aufhebt.
Maya: Wir verstehen uns wirklich sehr gut und die Harmonie ist nicht gespielt. Wir haben selten so richtig, richtig Streit.
Doris: Und wenn mal was ist, dann klären wir das sofort. Wir sind nicht tagelang nachtragend.
Sandra: Es ist auch praktisch, dass wir drei Geschwister sind. So entscheiden wir bei Meinungsverschiedenheiten demokratisch.
In einem Fernsehbeitrag über Sie hat es geheissen, dass Sie, Sandra, tonangebend seien. Stimmt das?
Sandra: Ja (Gelächter).
Doris: Sandra ist unser Manager.
Sandra: Wir haben gemerkt, dass es einfacher ist, wenn jemand die Fäden zusammenhält und Anfragen oder Anliegen von aussen in die Gruppe hineinträgt. Wenn wir das unter uns aufteilen würden, wäre die Gefahr, dass etwas vergessen geht, viel grösser.
Zurück zum Jodlerfest. Ist das ein Stück weit auch Ihr Verdienst, dass das Fest gerade in Reigoldswil stattfindet?
Doris: Das würde ich nicht sagen.
Sandra: Wir hatten davon nichts gewusst, als die Organisatoren verkündeten, dass das Fest in Reigoldswil stattfinden würde.
Ich dachte eher daran, dass Sie mit Ihren Auftritten und Erfolgen ein Stück weit den Weg geebnet haben, dass Jodeln in der Region – gerade auch unter den Jüngeren – einen grösseren Stellenwert erhält und somit ein solches Riesenfest in Reigoldswil überhaupt denkbar ist.
Sandra: Da haben wir sicher dazu beigetragen, dass es wieder mehr Jugendliche und Kinder gibt, die einen Zugang zum Jodeln haben und sich auch dafür begeistern können. Aber am Schluss braucht es immer einen Trägerverein, der so etwas stemmt. Und da sind wir nicht involviert.
Gerade der mitorganisierende Jodelclub Hohwacht zählt viele Junge in seinen Reihen. Das dürfte auch etwas mit Ihnen zu tun haben.
Sandra: Das könnte schon so sein.
Wollten Sie drei nie in einem Jodelklub mitsingen?
Maya: Wir machten einst im Kinderchörli Langenbruck mit. Dort sind wir dann naturgemäss herausgewachsen und starteten in der Folge zu dritt. Und weil das so «fägte» und wir neben unseren Auftritten, der Lehre und allem anderen gar keine Zeit mehr gehabt hätten, in einem Chor mitzusingen, stellte sich die Frage gar nicht.
Betätigen Sie sich auch in der Jugendförderung?
Sandra: Ja. Ich habe gerade vergangenes Jahr mitgeholfen, einen Jugendjodelchor für 16- bis 25-Jährige in der Nordwestschweiz aufzubauen. Das ist das Resultat der Bemühungen des Verbands, die Jungen in der Nordwestschweiz miteinander zu vernetzen. Dies, weil man gemerkt hat, dass das Konzept Verein bei den Jungen nicht so beliebt ist, gleichwohl will man sie aber motivieren, beim Hobby Jodeln zu bleiben. Der Jugendjodelchor funktioniert aber nicht wie ein üblicher Chor mit wöchentlichen Proben, sondern eher wie ein Kurs. Da geht man über den Winter hin und singt und macht dann wieder eine Pause. Und wenn die Jungen später in einem andern Lebensabschnitt sind, wieder mehr Kapazitäten haben und das Interesse an einem Verein vielleicht grösser ist, kann das die Basis sein für einen Beitritt in einen Jodelklub.
Maya: Wenn die Jugendlichen den Kinderchörli entwachsen, bekommen sie in der Regel gar nicht mehr mit, was es alles für Jodelklubs gibt. Wenn sie aber im Jugendjodelchor mitmachen, behalten sie eine gewisse Verbindung zur Szene.
Und das gelingt?
Sandra: Jetzt findet der zweite Durchgang statt und die Feedbacks sind sehr positiv. Aber das muss ein paar Jahre lang laufen, damit man beurteilen kann, ob diese Art Jugendförderung nachhaltig wirkt.
Wie stehen generell die Jungen heute zum Jodeln und dem ganzen Brauchtum dahinter?
Maya: Wir stehen hier geografisch schon eher am Rande des Jodelns, das etwa im Mittelland oder im Emmental eine viel grössere Bedeutung hat. Aber es ist auch hier nicht mehr so wie zu unserer Kinderzeit, als andere Kinder schon fast abschätzig sagten «Was, du jodelst?». Das hat auch damit zu tun, dass Trauffer und Gölä aufgekommen sind, die auch Jodelelemente in ihrer Musik haben. Das macht das Jodeln attraktiver.
Und mit den Jodel-Texten, die sehr oft eine heile Welt in einer zunehmend unheilen Welt besingen, können die Jungen – und damit auch Sie – etwas anfangen?
Sandra: Man wählt sich die Lieder heute schon bedachter aus.
Doris: Wir lesen die Texte vorgängig kritischer durch. Am Schluss entscheidet aber die Kombination aus Text und Melodie, ob wir ein Stück in unser Repertoire aufnehmen.
Sandra: Also wenn eine Melodie wunderschön ist, akzeptieren wir auch einen Text, der so so lala ist.
Vor dem Jodlerfest gibt es für Ihre Formation noch einen weiteren Höhepunkt – die Taufe Ihrer dritten CD am 16. Februar in Reigoldswil. Ist das die beste?
Doris: Die aktuellste. (Gelächter)
Nein, nein, so einfach geht das nicht!
Sandra: Das ist eine schwierige Frage. Sagen wir es so: Wir können heute mehr als früher, von daher ist es die Beste. Sie entspricht vom Unterhaltungsfaktor her auch der heutigen Zeit. Und man geht so ein Projekt als Erwachsener anders an als als Jugendliche.
Doris: Unsere Stimmen haben sich entwickelt. Als wir kürzlich vom Tonstudio heimgefahren sind, haben wir unsere erste CD angehört. Man hört einen deutlichen Unterschied.
Maya: Bei unseren ersten beiden CDs hatten wir den Kinderbonus, den werden wir jetzt nicht mehr haben. Dafür haben wir jetzt so eine Art Vertrauensbonus. Der ausschlaggebende Grund, dass wir nun eine neue CD produziert haben, ist, dass die Leute nach einem Konzert kommen und eine CD mit den gehörten Liedern kaufen wollen. Doch unser Repertoire hat sich gewandelt und viele Lieder, die wir jetzt singen, sind nicht auf den beiden früheren CDs.
Ist das ein grosser Aufwand, so eine CD zu produzieren?
Maya: Sehr.
Sandra: Das fängt an bei der Recherche von diversen Tonstudios, um herauszufinden, wo wir die Aufnahmen machen sollen. Das geht weiter über die Auswahl der Lieder, die wir dann auch perfekt beherrschen müssen. Das heisst: Viel üben. Nach einer ersten Aufnahme merkt man, dass doch nicht alles perfekt ist, was wiederum heisst, weiter üben und nochmals aufnehmen. Kleinere Fehler kann man je nachdem mit den Aufnahmen, die man schon hat, korrigieren. Das geht aber nicht, wenn zum Beispiel die Tonlage nicht stimmt. Wenn die Aufnahmen abgeschlossen sind, folgt die Auswahl der Fotos, die Gestaltung der CD und die Organisation der CD-Taufe.
Und was kostet das alles?
Sandra: Ein solches Projekt ist mit Kosten im fünfstelligen Bereich verbunden. Einen Teil holen wir über den CD-Verkauf herein, einen übers Sponsoring. Den Rest buchen wir unter Werbung für kommende Auftritte ab.
Doris: Die CD machen wir aber auch für uns, um etwas festzuhalten. So wie ein Fotoalbum. Das ist schon megacool, denn längst nicht jeder kann von sich sagen, eine CD gemacht zu haben.
Ihre letzte CD hiess «Jodeln ist Medizin». Gegen welche Beschwerden hilft Ihnen das Jodeln?
Sandra: Es hilft für den Stress- und Frustabbau, vor allem aber ist es ein Ausgleich zum Alltag, und es lassen sich damit auch die Batterien aufladen. Cool ist, dass man mit jedem Auftritt im Ausgang ist. Ich geniesse das. Vor allem als Jugendliche bedeutete das Freiheit.
Maya: Und es heisst auch, neue Landesteile kennen zu lernen. Einmal sind wir im Bündnerland, das nächste Mal im Welschland.
Im Welschland? Heisst das, dass Sie auf Französisch singen und ansagen?
Sandra: Ja, das ist kein Problem. Wir sind dank unserem Mami bilingue aufgewachsen und haben auch ein paar französische Lieder im Repertoire.
Haben Sie sich nie überlegt, das Jodeln zum Beruf zu machen?
Maya: Nein, für uns war immer klar, das als Hobby zu machen.
Sandra: Wir arbeiten zu gerne in unseren Berufen.
Maya: Sonst könnten die Auftritte auch zu einem Muss werden, jetzt machen wir das aus Lust.
Doris: Das ganze Musikwesen ist ein Business. Es ist auch schon ein Manager auf uns zugekommen, der uns da hineindrängen wollte. Aber das wollen wir definitiv nicht.
Könnte man vom Jodeln überhaupt leben?
Maya: Es gibt Sängerinnen und Sänger, die das können.
Sandra: Ich bin davon überzeugt, dass wir das könnten. Aber dazu müsste man sehr innovativ, immer am Ausprobieren und jedes Wochenende unterwegs sein. Wahrscheinlich müsste man neben den Auftritten ein zweites Standbein aufbauen und unterrichten oder Notenhefte herausgeben.
Sandra und Doris, Sie sind zum ersten Mal 2004 als Duett aufgetreten, der erste Auftritt zu Dritt folgte 2007. Ihre Mutter hat einmal erzählt, dass Sie schon vom Kindergarten oft singend nach Hause gekommen seid. Woher stammt diese Begeisterung fürs Singen?
Maya: Ein grosser Teil kommt vom Papi, der 25 Jahre lang beim Bretzwiler Jodelklub «Echo vom Ramstein» mitgesungen hat und uns immer mitgenommen hat zu seinen Auftritten. Man kann schon sagen, wir haben das Jodeln und die ganze Tradition in die Wiege gelegt bekommen.
Doris: Zu Hause lief immer Musik, das Radio war immer an.
Sandra: Ich denke, es hat auch damit zu tun, dass unsere Kindergärtnerin Sabine Kuhn viel mit uns gesungen hat.
Gab es auch Situationen, in denen Sie genug vom Jodeln hatten?
Doris: Bei mir war es während des Lehrabschlusses so. Wir hatten damals so viele Auftritte mit dem Christmas Tattoo in Basel und Zürich und dem Silvesterstadl in Klagenfurt, das war eine strenge Zeit.
Maya: Während der Corona-Zeit habe ich gemerkt, wie es ist, wenn man keine Termine hat. Das hat schon auch gut getan, vor allem fehlte mir aber etwas. Denn seit ich denken kann, gehe ich in den Unterricht und habe Auftritte.
Sandra: Ja, Corona hat bezüglich Auftritte Ruhe gebracht. Wir brauchten diese damals auch, weil wir alle in Berufen arbeiten, in denen es während der Corona-Zeit so streng war wie sonst nie. Aber wir haben während der Pandemie schon gemerkt: Ja, wir wollen mit unseren Auftritten weiter machen.
Haben Sie immer noch eine Trainerin oder üben Sie zu dritt?
Doris: Wir gehen nach wie vor zu Rita Wermuth, die schon den Kinderchor in Langenbruck leitete. Wir gehen zwar nicht mehr so häufig wie früher, aber sie ist schon sehr hilfreich beim Einstudieren neuer Lieder.
Sandra: Häufiger üben wir aber zu dritt. Fürs normale Programm gehen wir nicht zur Gesangslehrerin.
Sie haben verschiedene Auszeichnungen erhalten. Was werten Sie rückblickend als Ihren grössten Erfolg?
Maya: Der Sieg am Silvesterstadl 2013 in Klagenfurt. Das war das Finale des «Stadl-Sterns» mit Gruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich zuvor an Anlässen in ihren Ländern fürs Finale qualifizieren mussten.
Sandra: Das war der grösste Anlass, den wir erlebt haben, aber nicht der schönste.
Doris: Genau. Der schönste war der Naturjodelabend auf der Klewenalp mit der Bergkulisse dort und den vielen speziellen Gruppen, die aufgetreten sind.
Maya: Für mich war der beste Anlass das Christmas Tattoo in Zürich – eine Woche lang nur Musik und nicht arbeiten und vor einem so grossem Publikum auftreten.
Zu den Personen
hi. Seit 17 Jahren stehen die in Reigoldswil aufgewachsenen Geschwister Weber gemeinsam auf den Bühnen der Schweiz und auch darüber hinaus. Das Terzett besteht aus Sandra (28), Doris (27) und Maya (24). Sandra und Doris jodeln und spielen Schwyzerörgeli, Maya jodelt und spielt Alphorn. Beruflich wirkt die gelernte Pharmaassistentin Sandra als Mitglied der Geschäftsleitung einer Apotheke in Bubendorf. Doris hat sich zur Detailhandelsfachfrau ausbilden lassen und führt heute die Migros-Filiale in Ettingen. Und Maya arbeitet derzeit noch als medizinische Praxisassistentin in einer Arztpraxis in Liestal, beginnt aber demnächst eine Zweitausbildung als Rettungssanitäterin.
Weber heisst mittlerweile nur noch Maya zum Nachnamen. Ihre Schwestern sind verheiratet und heissen Jager respektive Nussbaum. Doch, so versichern die drei, ihre Formation wird immer Geschwister Weber heissen, wenn auch eines Tages niemand mehr so heissen sollte. Nicht nur das Jodeln verbindet die drei Schwestern, sondern auch ihr zweites Hobby, das Jassen. Einst waren sie auch begeisterte Motorradfahrerinnen, doch das hat sich mit Ausnahme der Jüngsten wieder gelegt.