Familientradition bringt Durchbruch

  19.06.2025

In meiner Familie ist es Tradition, an Auffahrt gemeinsam zu zelten und sportlich aktiv zu sein. Heuer hatten wir uns neben Klettern und Biken ein spezielles Projekt überlegt: Wir schraubten eine Snowboardbindung auf ein Longboard – natürlich im selben Abstand und Winkel wie bei meinem Snowboard. Dann zog ich einen Teil der Eishockeyausrüstung meines Bruders an. Zusätzlich trug ich Schoner, einen Helm und die Snowboard-Boots. Ich muss zugeben, mein Erscheinungsbild war gewöhnungsbedürftig, aber ich war gut gepolstert!

Zu viert zogen wir los. Auf der Strasse kam ich gut zurecht, unser Ziel war jedoch der Pumptrack. Dort tasteten wir uns langsam voran – hinten und seitlich von helfenden Händen gestützt, rollte ich vorsichtig durch die Strecke. Mit jeder Runde ging es besser, und wir reduzierten die Unterstützung. Irgendwann klappte es sogar ein kurzes Stück ganz frei, während zwei Personen zur Sicherheit nebenher rannten.

Viele Para-Snowboard-Athletinnen und -Athleten verbringen im Sommer viel Zeit auf dem Skateboard. Da dies mit meiner Einschränkung jedoch schlichtweg unmöglich ist – ich kann die Kontrolle und auch die Kraft nur über die Bindung übertragen – war das bisher keine Option. Abspringen wäre mit meinen Beinen ohnehin nicht möglich gewesen. Natürlich ist die Sache auch mit der Bindung ein bisschen gefährlich, doch wir waren alle erstaunt, wie gut es dann doch funktioniert hat. Seither war ich einige Male mit meinem Mann auf Pumptracks. Nicht jeder eignet sich für mich. Doch mit einer Begleitperson klappt es mittlerweile wunderbar. Für meine Begleitung sind die Stunden auf dem Track ebenfalls anstrengende Workouts. Selber kann ich auch sehr profitieren: Die Bewegungen sind die gleichen wie auf dem Board und sie könnten mich auf ein neues Level bringen.

Neben dem Volltreffer im Training begeisterte mich vor Kurzem noch etwas anderes: Der Elan, mit dem die Tourismusregion Lenk ihr Ziel verfolgt, die Bergbahnen Stück für Stück barrierefreier zu gestalten. So hatte ich vergangenes Wochenende die Ehre, das Band zur Eröffnung des hindernisfreien Rundwegs zu zerschneiden und damit den Weg zu eröffnen.

Die 6,3 Kilometer lange Route führt quer durchs Dorf, am Lenkerseeli und dem Spielplatz vorbei sowie durch ein Waldstück. Herrlich, auch im Rollstuhl eine kleine Wanderung in solch einem Panorama zu unternehmen! Ich hoffe, das motiviert weitere Gemeinden, noch viele schöne hindernisfreie Wege entstehen zu lassen und die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.

Romy Tschopp


Vom Rollstuhl aufs Snowboard: Die Sissacherin Romy Tschopp wurde 1993 geboren und ist die erste Schweizer Para-Snowboarderin, die an Paralympischen Spielen teilnehmen konnte. Sie wurde 2023 Vizeweltmeisterin im Snowboardcross.


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