Aus Respekt vor Mücken zum Branchenprimus

  05.06.2025 Buckten

Bestechend: Roger Hammernicks Insektenschutzgitter

Jährlich rund 30 000 Insektenschutzgitter werden durch die Firma G & H Insektenschutzgitter GmbH hergestellt und in die Schweiz geliefert. Das Unternehmen ist seit Anfang dieses Jahres in Buckten domiziliert. Gegründet wurde es vor einem Vierteljahrhundert vom Thürner Roger Hammernick.

Robert Bösiger

Wir schreiben das Jahr 1998: Roger Hammernick, ein junger Maler aus Basel, ist soeben mit seiner Familie aufs Land nach Ormalingen gezogen. Das Haus steht an der jungen Ergolz, was zwar idyllisch ist, zuweilen aber auch lästig. «Wenn mich eine Mücke sticht, bekomme ich sofort Ausschlag», sagt er und zieht einen Stift aus seinem Hosensack. «Ohne einen solchen Desinfektionsstift verlasse ich nie mein Haus.» So kommt es, dass sich Roger Hammernick dem Problem stellt und beginnt, sich mit damals gängigen Insektenschutzgittern zu befassen. Von keinem der Produkte ist er restlos überzeugt. «Die Idee war gut, die Ausführung unbefriedigend.»

Er informiert sich an der Swissbau, fährt sogar an eine Fachausstellung in Stuttgart mit seinem Malerkollegen, Giuseppe Girardi. Dort findet Hammernick ein Produkt, das er gerne bei sich installiert hätte. Weil die Firma Gessler & Bolch üblicherweise nicht in die Schweiz liefert, organisiert Hammernick eine Sammelbestellung. Der Lieferant macht mit und fragt Hammernick, ob er nicht die Vertretung in der Schweiz übernehmen wolle. Hammernick lässt sich in Stuttgart schulen. Tage später beschliesst Hammernick mit Malerkollege Girardi, eine gemeinsame Firma zu gründen – «G&H Insektenschutzgitter» ist geboren. «Weil ich gut überzeugen kann, habe ich mich an der Swissbau 1999 angemeldet. So konnten wir die ersten 150 Adressen von Interessenten generieren, ohne dass wir die entsprechenden Produkte im Angebot hatten», erinnert sich Roger Hammernick.

Berufliche Weichenstellung …
Die Nachfrage war da. Jetzt musste produziert werden. Das geschah in Birsfelden zunächst als Nebenbeschäftigung zum Malergeschäft. Schon bald stieg die Nachfrage markant und das Malergeschäft trat in den Hintergrund. Ab 2013 übernahm Roger Hammernick die Firma. Heute, etwas mehr als 25 Jahre nach der Gründung, ist G&H Insektenschutzgitter GmbH die unangefochtene Nummer 1 des Landes und Roger Hammernick, der gelernte Maler, höchst erfolgreicher Pionier auf diesem Gebiet.

Wer ist dieser Roger Hammernick? Das Licht der Welt erblickt er am 5. Juni 1967. Nach den Schulen erlernt er «als Legastheniker mit handwerklichem Geschick» den Malerberuf. Nach Weiterbildungen ist er Geschäftsführer eines Malerbetriebs in Büren. Im Juni 1992 macht er sich selbstständig und gründet das Malergeschäft «Male chic mit Hammernick», bis 1998 G&H als Nebenerwerb hinzukam. Hammernick: «Zwei, drei Jahre später habe ich realisiert, dass ich kaum noch Zeit hatte fürs Malergeschäft. Deshalb habe ich es verkauft, um mich voll auf G&H zu konzentrieren.»

… und für die Zukunft
Heute, mit 58 Jahren, befasst sich Hammernick erneut mit einer wichtigen Weichenstellung. Weil er sich mit 60 in den Unruhestand versetzen möchte, ist er daran, G&H Insektenschutzgitter seinen beiden Söhnen Janis (27) und Fabio (25) zu übergeben. Im Hinblick darauf hat er seine Firma in den vergangenen Monaten von Birsfelden nach Buckten ins Homburgertal verlegt. Zu gross waren die Platzprobleme in Birsfelden und die Verkehrssituation war – gelinde gesagt – suboptimal. In Buckten konnte er ein Grundstück erwerben, das für die Zukunft genügend Potenzial beinhaltet (siehe Kasten).

Das Gebäude in Buckten hat er von Alex Rösli erworben. Es handelt sich um eine Gewerbeliegenschaft, die ursprünglich den Gebrüdern Thommen für die damalige Scania Schweiz AG gebaut und vermietet wurde. Scania ist im Jahr 2010 nach Pratteln umgezogen. Anschliessend ist die Kanaltechnikfirma Arpe eingezogen, die zwischenzeitlich insolvent wurde.

Hier in Buckten, gleich an der Gemeindegrenze zu Rümlingen, werden die Insektenschutzgitter nun seit Anfang dieses Jahres hergestellt. Dieser Standort sei ein «Glücksfall», sagt Roger Hammernick. Er habe die vergangenen drei Jahre überall gesucht, sei aber lange nicht fündig geworden. «Um ein Haar wären wir in einen anderen Kanton abgewandert», verrät er. Buckten sei auch in verkehrstechnischer Hinsicht ein idealer Standort: Abgesehen von den zwei Autobahneinfahrten (in Diegten/Eptingen und Sissach) gebe es hier kaum je einen Stau, und die Nähe zum Wohnort sei ein zusätzlicher Vorteil. Es sind gut 40 Mitarbeitende, die in Buckten in Diensten von G&H stehen. Die meisten sind gemäss Hammernick im Oberbaselbiet zu Hause. Es sind vornehmlich Zimmerleute und Schreiner, die bei G&H im Aussendienst arbeiten. «Den Beruf des Insektenschutzgitterbauers gibt es halt nicht», sagt Hammernick.

In Gurmels (FR), Montlingen (SG) und in Küssnacht a. R. (SZ) bestehen Filialbetriebe, die weitere 27 Mitarbeitende beschäftigen. Von Buckten und Küssnacht werden die Kunden in der deutschen und italienischsprachigen Schweiz bedient. Gurmels ist für die Romandie und das französische Wallis zuständig. Die Region Ostschweiz bis ins Bündnerland wird durch Montlingen abgedeckt.

Für die Herstellung von Insektenschutzgittern braucht es im Wesentlichen Aluprofile für den Rahmen sowie Netze, die Mücken und andere Insekten fernhalten und zusätzlich gegen Pollen schützen.

Das grösste Kundensegment besteht nach Angaben von Roger Hammernick aus den Eigenheimbesitzern und Privaten, die ihre Liegenschaften mit Insektenschutzgittern und Lichtschachtabdeckungen ausrüsten möchten. Ebenfalls benötigen Restaurants, Alters- und Pflegeheime sowie auch die öffentliche Hand das Know-how von G&H. Zusätzlich kann G&H auf Wiederverkäufer wie etwa Schreinereien zählen.

Konkurrenzumfeld und Werbung
Angesprochen auf das Konkurrenzumfeld, gibt sich Roger Hammernick entspannt. «Als Nummer 1 sind wir die Gejagten.» Auch deshalb, weil G&H nicht zu den günstigen Anbietern zählt. «Wir sind die Einzigen, die alles komplett in der Schweiz herstellen», begründet er. Die Konkurrenzsituation bereite ihm kein Kopfzerbrechen, sagt er und ergänzt, dass er gegen jeden Preiskampf sei. Nach seiner Einschätzung hat es genügend Platz für alle, umso mehr, als das Marktpotenzial für Insektenschutzgitter schier unerschöpflich sei.

Was ist mit jenen, die sich in einem Baumarkt mit Material eindecken und dann selbst Insektenschutzgitter basteln und einbauen? «Die werden schon bald unsere besten Kunden sein», schmunzelt Hammernick. Im Übrigen führe G&H eine Reparaturabteilung, denn «das, was wir produzieren, wollen wir bei Bedarf auch wieder erneuern können». Ein Netz könne irgendwann auch einmal beschädigt oder spröde werden. Jeweils im Januar würden deshalb rund 70 000 Briefe an die Kundschaft versandt mit dem Hinweis auf die Reparaturabteilung im Fall der Fälle. «Wir bieten sogar einen Hol-Bring-Service an.»

Dass G&H Insektenschutzgitter landauf, landab Werbung betreibt und kulturelle und sportliche Veranstaltungen sponsert, geschehe aus Überzeugung. Hammernick: «Wir haben die Möglichkeiten und können etwas damit bewirken. Gleichzeitig steigern wir so als Firma unseren Bekanntheitsgrad.»

Reisen, Golfen, Atmen
Hat Roger Hammernick Pläne für die Zeit nach seiner Übergabe der Verantwortung an seine beiden Söhne? «Ja, klar», sagt er bestimmt: «Reisen, Golf spielen, einatmen, ausatmen – und mit meiner Partnerin das Leben geniessen», sagt er mit Blick auf Claudia Schneider, die ebenfalls bei G&H tätig ist. «Oder vielleicht noch für G&H an eine Messe gehen – falls die Jungen es dann noch möchten. Aber keinesfalls mehr operativ entscheiden.»


Gewerbepark Widenmatt

rob. Der Hauptsitz von G&H Insektenschutzgitter befindet sich seit Anfang 2025 in Buckten im Gewerbepark Widenmatt. Roger Hammernick konnte die Liegenschaft von Alex Rösli, Sissach, erwerben. Es handelt sich um eine Gewerbeliegenschaft, die ursprünglich den Gebrüdern Thommen gehörte, welche für Scania Schweiz AG das Gebäude und die Waschanlage erstellt hatten. Nach deren Wegzug mietete sich die Kanaltechnikfirma Arpe ein. Sie musste allerdings auf Ende 2023 schliessen; rund 40 Stellen gingen dabei verloren.
Arpe wurde 1986 gegründet, setzte früh Robotik-Anwendungen ein und war «Schweizer Pionier im Bereich der grabenlosen Kanalsanierung». Mitgründer war der Sissacher Alex Rösli. 2016 wurde Arpe an die Berner Arnold-Gruppe verkauft, die in den Bereichen Energie, Telecom, Verkehr und Wasser tätig ist und wiederum Teil der BKW-Gruppe (Bernische Kraftwerke) war. Die Arpe AG beschäftigte in ihren besten Zeiten über 1000 Mitarbeitende und generierte einen Umsatz von rund 20 Millionen Franken.
Das Arpe-Firmengebäude im Buckter Gewerbepark Widenmatt verblieb 2016 nach dem Verkauf des Unternehmens im Besitz des Mitbegründers Alex Rösli. Für den 10 500 Quadratmeter umfassenden Gewerbepark mit drei grösseren Gebäuden wurde zuletzt aber während längerer Zeit ein neuer Besitzer gesucht, was mit Roger Hammernick und der G&H Insektenschutzgitter GmbH letztlich gelungen ist.
Ebenfalls im Gewerbepark Widenmatt ansässig ist die im Bereich Metallverarbeitung für Maschinenbau und Werkzeugbau tätige Firma Hametec AG sowie der Stützpunkt der Spitex Oberes Homburgertal. Als weitere von hier aus operierende Unternehmen wären noch zu erwähnen: Rhomberg Sersa Rail AG, Rudarc AG, Sutter Treuhand sowie Lager von Cenovis und AVA Productions.

 


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