Falte
Ha mi wiider emol im Spiegel betrachtet. Vo oobe bis unde. Füüdleblutt. Ich mach das nit so oft, also mi ganzheitlig im Spiegel aaluege. Ich weiss jo so ungfohr, wien ich usgseh. Und, sorry, bi aller Sälbschtliebi, e son en Augeweid bin i jetz wirgglig nümm. So isch das halt. Als Alte kriegsch Falte. Hesch eifach Glück, bisch kei Nashorn. Do kiemtisch scho als Buschi mit Falten uff d Wält.

Wäge mym Spiegelbligg han ich übrigens vier neui Falte bikoo. Lachfalte. Uff Augehöchi. Immerhin, han i dänggt, so Lachfalte sin e positiv Zeichen in der hüttige Zyt.
I ha denn s Wörtli «Lachfalte» googlet – und was liis i als erschts? «Lachfalten loswerden: So klappt's!»

Genau. Falte mues me loswärde. Si sin längscht nümmi numme Drame für d Dame, sondern meh und meh au für uns Männer. Zwor han i bis vor Kurzem no gmeint, gäge Falte hälfi eifach e weneli meh dringge. Also Wasser. Nit Wässerli! Lut myne Recherchen im Netz länggt das aber bi wytem nit! Die globali Antifalte-Walzi überrollt uns zuesätzlig mit Salbenen und Fixenen und Schönheits-Schnippslerinne und Schnippsler. Wäre mir faltefrei, lääge ganzi Induschtryyzwyyg brach. Unseri Falten erhalten Arbetsplätz. Me kas jo au emol vo däre Syte här betrachte.

Mit Falten isch es wie mit Ameise. Zerscht sehsch eini. Denn drei. Denn nomol drei. Und urplötzlig folgsch eren Ameisen-Autibahn, wo hinter de Kuchimöbel schnuerschtraggs in d Notvorrots-Kammere zu de Süessigkeite füehrt. Erschti Erkenntnis: S Überläbe vo den Ameisen isch uff all Fäll mol gsicheret. Während jetz aber die einte vo uns Mensche d Ameisen eifach als e notwändig Übel in Kauf nämme, sin die Minimonschter für en ander Teil vo der Menschheit schlicht e Katastrophe. Zweiti Ameisen-Erkenntnis: Wenn si mol do sin, bikunnsch si kuum me los.

Und scho simmer wiider bi de Falte. Eigentlig han i jo über ganz anderi Falte welle brichte. Nämlig über all die Falten im Stoff. Wie me si yyne bikunnt und wiider uuse. Syt jehär het mi d Vyylfalt vo de Faltewürf bi unseren alte Meischter fasziniert. Scho die antigge Steihauer hän därewäg fyyni Falten in harte Marmor gmeisslet, dass me hüt no meint, bim blosse draa Bloose müess der Stei aafoo flatteren im Wind.

Aber au die alte Moler hän ihri Figure gärn falteryych umhüllt, wie zem Byspiil d Jungfrau Maria, wo d Händ faltet im Dialog mit der Dreifaltigkeit. Ich dängg aber an my Mueter, wo vor Ewigkeiten in myni erschte Jeans sorgfältig Bügelfalten yyne glettet het. Genau! Sone Hutfalte-Glettyyse müesst me ha! Glettisch ei Mol über s Gsicht und scho sin dyni Falte büglet. Die faltefreie Visagene vo unseren Alt-Promis sehn jo au us, als wär e heiss Glettyyse drüber gfahre.

Do lueg i lieber im Spiegel, wie sich myni Falten entfalte. Und denn dängg i an d Brigitte Bardot, wo gsäit het: «Ich bi stolz uff myni Falte. Si zeige my Läben in mym Gsicht».

Aernschd Born wohnt in Reinach. Er ist Songpoet, Autor und Kulturschaffender.