Buebe brüele nit

Uf em Parkplatz vor em Zahnarzt brüelt e Zähjeerige. Är het dänk Angscht vor em Bohre. Sym Vatter ischs sichtlig pynlig. Und denn der Satz: «So hör mol uf, e rächte Bueb brüelt doch nit!» Das han I au mängisch ghört synerzyt: E Bueb brüelt nit, e Bueb schluckt d Tränen und bysst d Zeen zämme!

I ha glych vill brüelt as Bueb, trotz der Mahnig. Öbbe dört, won I as Häfelischüeler usprobier, öbb I das Stärnli unden in der elektrische Kaffimühli mit em Finger cha stoppe. Oder im Pfingschtlager mit de Wölfli, wo der Buur vom Hoof näb em Zältlager e Wurf jungi Büüsi mit der Schuufle z Tod schloot und uf e Mischthuffe gheyt. D Träne häi mi immer tröschtet.

Denn aber het mer eis Erläbnis s Brüele für vill Joor komplett ustriibe. Und dasch so cho:

E Summernoomittag. D Schanett isch vierzähni und will heimlig zu ihrem Fründ in d Stadt. I bi erscht dryzähni und sell uf ihres Puch-Töffli ufpasse. Derfür darf I mit ummefahre, won I will. Rückgoob am sächsi z Buebedorf bim «Rössli». I bi pünktlig, aber dört wartet numme die chlei Schweschter: D Schanett heeb aglüte, sii warti am Bahnhof z Lieschtel, schnäll, schnäll! I aso wiider los und im Garracho dur s Glind Richtig Lieschtel. Plötzlig drängt mi uf Hööchi Morgetal vo hinden en Auto vom Wäg ab und stoppt quer. E Maa mit rotem Chopf springt usen und schreyt: «Du Saucheib, jetz han di, du chlausch nie meh en Töff!» I kenn dä vom Gsee, dasch der Vatter vo der Schanett, wo schynbar meint, I heeb dä Töff klaut! Im Horror flücht I mit Vollgas ufs Fäld uuse Richtig Bach. Är mir hindedry und I ghör en uf Oschtschwyzerisch hächle: «Wänn ich dich verwütsch, död ich dich!» Aber I chan ehn abhänke und är lauft zum Auti zrugg. Und denn gseen I die schwarzi Pischtoolen und e Ladebewegig und är zyylt uf mi us dryssig Meter Dischtanz: «Chumm do herrä, süscht död ich dich!» I ghey der Töff aanen und duck mi hinder s Bachbord. Är chunnt mit der Pischtoolen über s Fäld, immer nööcher. Änen am Bach stoot der Mais hööch und I weiss no, I gump durs Wasser und renn dur d Maisreihe, renn in Todesangscht immer wyter und wyter, bis I undrem ene Huffen Escht e Versteck find. D Auge brenne vor Dräck und Träne.

Erscht wos dunkel wird, getrou mi hei und verzell, was passiert isch. Der Vatter säit, das syg halt d Stroof, wemme mit dryzähni scho Töffli fahr. Und d Mueter loot mer e Bad use, wie immer, wenn öppis Schlimms isch. Im Wasser schüttle mi Hüülchrämpf. Aber au alli Träne spüele die Pischtoolen und das «Wänn ich dich verwütsch, död ich dich!» nümm us mym Chopf.

Ab dört han I nümme chönne brüele, nit mol an Beärdigunge. Alles verstockt. Erscht nach dryssig Joor isch s zruggcho, gottseidank, und sitär lon I d Träne lo laufe, wenn immer sii chömme. Das tuet jedesmol so guet.

E Bueb brüelt nit – son e Mischt go verzapfe as Vatter! Är sell em doch au no grad yybläue: «Bueb, wenn s bym Bohre weh tuet, muesch halt z Zeen zämmebysse!»

Florian Schneider wurde 1959 geboren und stammt aus Reigoldswil. Er ist Sänger, Schauspieler und Liederschreiber und lebt mit Tochter Mina in Eptingen.

MUNDART

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