Boxen | Mütter im Ring sind keine Ausnahme

An der Deutschschweizer und Tessiner Meisterschaft vermochten sich zwei Oberbaselbieterinnen besonders gut in Szene zu setzen: Tanja Schlienger und Mehtap Selmani holten Gold. Für Schlienger ist dieser Sieg besonders speziell – stand sie doch erst mit 29 Jahren zum ersten Mal im Ring.

Lukas Müller

Tolle Stimmung herrschte kürzlich an der Deutschschweizer und Tessiner Box-Meisterschaft in der Sporthalle Chliriet in Oberglatt. Mit dabei waren zwei Frauen vom Boxclub Sissach – Tanja Schlienger und Mehtap Selmani. Während Schlienger gegen Aurora Pierantozzi von Real Boxing Bettlach nach Punkten gewann, vermochte sich Selmani gegen Andrea Haug von der Boxing Factory Uetikon ebenfalls nach Punkten durchzusetzen. Für beide war es bereits der zweite Titel. Vor einigen Jahren hatten Tanja Schlienger und Mehtap Selmani mit dem Boxsport begonnen. Mehtap war erst 13-jährig, als sie das erste Mal einen Nachwuchskampf absolvierte – damals noch unter ihrem ledigen Namen Mehtap Üstündag. Tanja hingegen bezeichnet sich als Spätzünderin. Als sie erstmals in den Ring stieg, war sie bereits 29 Jahre alt.

Beide Frauen haben Kinder. «Wir sind als Boxerinnen mit eigener Familie keine Ausnahmen», betonen sie im Gespräch mit der «Volksstimme». Olivia Barbieri von der Box Academy Bern, Tina Asmussen vom Frauen-Boxteam Basel (sie hat mit dem Spitzensport aufgehört) und Nadia Barriga vom Frauen-Boxteam Basel sind in derselben Situation.

Während der ersten Schwangerschaft hat Tanja Schlienger übrigens noch relativ lange trainiert, um in Form zu bleiben. Ihr zweites Kind bekam sie während der Corona-Pandemie, in der das Training sowieso ausfiel. Mehtap Selmani wechselte während der Schwangerschaft vom normalen Boxtraining ins Fitnessboxen.

Im Frauenboxen hat sich in den vergangenen Jahren einiges bewegt. So stehen heute mehr Sparringpartnerinnen zur Verfügung. Mittels eines eigenen Chats können sich die Boxerinnen untereinander organisieren und so den Trainingsbetrieb optimieren. Wird im Training auch gegen Männer geboxt? «Jawohl, das ist so», bekräftigt Mehtap. «Im Box Club Sissach boxen wir trainingsmässig Runden gegen den amtierenden Deutschschweizer und Tessiner Meister, Leandro Miguel Francisco Das Neves, sowie gegen Jan Rentsch. Aber diese Klubkollegen ziehen gegen uns natürlich nicht voll durch. Sie wissen genau, was geht und was nicht.»

Beruf, Boxen und Familie
Mit ihren Kindern unternehmen Tanja Schlienger und Mehtap Selmani einiges. Diar, der 18 Monate alte Sohn von Selmani, vergnügt sich gerne auf dem Spielplatz, Adonis (4) und Juna (2) – die Kinder von Schlienger – sind gerne bei Ausflügen dabei und halten die Familie auch neben dem Boxen auf Trab. Beruf, Familie und Boxen gehen bei den frischgebackenen Deutschschweizer und Tessiner Meisterinnen Hand in Hand. Mehtap arbeitet im KV-Bereich, Tanja ist gelernte Maurerin und führt gemeinsam mit ihrem Lebenspartner ein eigenes Geschäft für Bohren und Fräsen. Sie ist dort für sämtliche administrativen Dinge zuständig. Die Faszination am Boxen ist für sie ungebrochen. Schlienger bringt das Ganze wie folgt auf den Punkt: «Der schönste Moment ist dann, wenn man einen harten Kampf gewinnt und nach dem Ertönen des Schlussgongs erkennt, wofür man all die Trainings bestritten hat.»

Gold für zwei Sissacherinnen

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