Kein Geld für Lebensretter-Lektionen
06.04.2023 Bildung, Gemeinden, LausenSchulrat lehnt Erste-Hilfe-Ausbildung für Primarschüler ab
Trotz einer vielversprechenden Probelektion will der Lausner Schulrat keine Erste-Hilfe-Lektionen für Primarschüler einführen. Dagegen wehren sich der Initiant und die lokale SVP.
Christian ...
Schulrat lehnt Erste-Hilfe-Ausbildung für Primarschüler ab
Trotz einer vielversprechenden Probelektion will der Lausner Schulrat keine Erste-Hilfe-Lektionen für Primarschüler einführen. Dagegen wehren sich der Initiant und die lokale SVP.
Christian Horisberger
Als Betriebssanitäter und «First Responder» trägt der Lausner Elektroingenieur Thomas Wenger dazu bei, dass Menschen in medizinischen Notlagen die grösstmögliche Überlebenschance haben. Mit Massnahmen wie Beatmung oder Herzmassage können «First Responder» oder Ersthelfer Patienten am Leben erhalten, bis die Profis von der Sanität eintreffen. Je mehr Menschen in Erster Hilfe geschult sind, desto höher ist die Überlebensrate von Personen in Lebensgefahr.
Vor diesem Hintergrund regte Wenger als Mitglied der Lausner Gemeindekommission beim Gemeinderat eine Erste-Hilfe-Ausbildung von Primarschülerinnen und -schülern an, um die Kinder für das Thema zu sensibilisieren. Das Rad neu erfunden hat Wenger damit nicht, wie er selber sagt. Im Tessin habe unter anderem die Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebenschance bei einem Kreislaufstillstand geführt. Zudem seien ihm mehrere Schulen bekannt, an denen auf Initiative von Lehrern Erste Hilfe unterrichtet würde.
Vom Gemeinderat wurde Wenger an den Schulrat, von diesem weiter an die Schulleitung verwiesen. Eine gemeinsam mit der Schulleitung geplante und von Mitgliedern des Lausner Samaritervereins durchgeführte Probelektion sei gut verlaufen, das Echo von Schulleitung und Lehrerschaft positiv gewesen, sagt Wenger. Trotzdem habe sich der Schulrat als Aufsichtsgremium der Primarschule schliesslich gegen die Einführung der Erste-Hilfe-Ausbildung ausgesprochen: Derlei sei im Lehrplan nicht vorgesehen, zudem würden die Kosten dagegen sprechen, lautete gemäss Wenger die Begründung. Eine Bestätigung oder Stellungnahme war vom Schulrat aufgrund der Ferienabwesenheit der Präsidentin nicht erhältlich.
2160 Franken im Jahr
Thomas Wenger hat für das Nein wenig Verständnis. Laut der Schulleitung könne der Kurs im Bereich Prävention angesiedelt werden, was mit dem Lehrplan kompatibel wäre, sagt er. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kanton oder sonst jemand interveniert hätte.» Auch das Kostenargument überzeugt ihn nicht. Drei Doppellektionen für drei 3. Primarklassen hätten die Schule im Jahr 2160 Franken gekostet, für Honorar und Verbrauchsmaterial des Samaritervereins. «Anstatt das Erste-Hilfe-Programm wegen der Kosten abzuklemmen, hätte der Schulrat diesen Betrag über das Budget bei der Bevölkerung beantragen können», findet er.
Und falls sich das Programm bewähren würde, hätte man es sogar «nach unten» ausbauen können. «Nicht, dass schon Erstklässler eine Herzmassage lernen sollen, sondern im Sinne eines spielerischen Heranführens der Kinder ans Thema Nothilfe», wie er sagt. Dafür bilde die Stiftung Ersthelfer Nordwestschweiz Lehrkräfte aus und stelle auch Unterrichtsmaterial zur Verfügung.
Wenger, Mitglied der SVP Lausen, will sich mit dem Nein des Schulrats nicht abfinden. In einem von Sektionspräsident und Landrat Reto Tschudin unterzeichneten Schreiben, das der «Volksstimme» vorliegt, fordert die Partei den Gemeinderat zum Handeln auf. Er solle den Entscheid des Schulrats formell und inhaltlich prüfen. Der SVP erscheine es fraglich, ob dem Schulrat die Kompetenz zusteht, einen Antrag, der an den Gemeinderat gestellt wurde, selbstständig abzulehnen. Dies erst noch mit dem Kostenargument, wo die Finanzkompetenzen doch beim Gemeinderat oder bei der Gemeindeversammlung lägen, wie die SVP weiter schreibt.
Gemeindepräsident Peter Aerni hat von dem Schreiben offiziell noch keine Kenntnis, wie er auf Anfrage sagt. Somit habe der Gemeinderat darüber auch noch nicht beraten können. Persönlich könne er den Entscheid des Schulrats nachvollziehen, so sinnvoll das Anliegen Wengers auch sein möge. Die Gemeinde befinde sich im ständigen Kampf mit dem Kanton, wenn dieser Aufgaben und Kosten auf sie abwälze. Auf die Schule kämen ebenfalls immer mehr Aufgaben zu. «Deshalb verstehe ich, dass der Schulrat ein Anliegen ausserhalb der Kernaufgaben der Schule nicht als oberste Priorität betrachtet.»