Public Viewing in Pandemie-Zeiten
10.06.2021 FussballLokale rüsten sich für die Europameisterschaft
Durch das Coronavirus werden grosse Public Viewings verunmöglicht. Doch es gibt trotzdem einige Restaurants, Bars oder Cafés im Oberbaselbiet, in denen man die Nationalmannschaften anfeuern kann.
Timo ...
Lokale rüsten sich für die Europameisterschaft
Durch das Coronavirus werden grosse Public Viewings verunmöglicht. Doch es gibt trotzdem einige Restaurants, Bars oder Cafés im Oberbaselbiet, in denen man die Nationalmannschaften anfeuern kann.
Timo Wüthrich
Nachdem das Turnier der besten europäischen Fussballnationalmannschaften im vergangenen Jahr wegen Reisebeschränkungen und vieler weiterer behördlicher Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus um ein Jahr verschoben wurde, steht nun morgen um 21 Uhr das Eröffnungsspiel an. Die Türkei versucht im römischen Stadio Olimpico gegen unser Nachbarland Italien drei Punkte zu holen. Die Schweiz wird am Tag darauf gegen Wales ihren ersten Ernstkampf bestreiten, dies in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans.
Doch etwas wird während dieser Europameisterschaft anders sein als sonst: Es wird keine grossen Public Viewings mit Tausenden von Zuschauern geben, bei denen sich Fans des runden Leders treffen und zusammen feiern oder verpassten Torchancen nachtrauern. Im kleineren Rahmen ist es aber in verschiedenen Gastronomiebetrieben im Oberbaselbiet trotz der Einschränkungen möglich, die Spiele der Europameisterschaft gemeinsam zu verfolgen.
Komplexe Regeln
So werden zum Beispiel in der «Braui» in Gelterkinden Spiele auf einer extra angeschafften Leinwand gezeigt. Wenn die Schweizer Nati ein Spiel hat, könnte sich Patrick Sonnbauer, der Wirt, vorstellen, die Türen des Lokals auch ausserhalb der üblichen Zeiten zu öffnen. Beispielsweise werde er aller Voraussicht nach am kommenden Samstag früher aufmachen als sonst. Doch es sei im Vergleich zu einer rauschenden EM-Party auf jeden Fall mit Umsatzeinbussen zu rechnen: Alle Gäste müssen sitzend konsumieren und im Innenbereich dürfen maximal vier Personen an einem Tisch sitzen. Grössere Familien mit Kindern sind von dieser Regel ausgenommen.
Auch muss der Abstand zwischen den einzelnen Tischen mindestens 1,5 Meter betragen, ausser es werden Abschrankungen wie Plexiglasscheiben angebracht. Die Maske darf nur am Platz abgelegt werden. Das heisst, dass bei einem Gang auf die Toilette der Mund und die Nase mit einer Hygiene- oder Stoffmaske bedeckt werden müssen.
Generell sind die Regeln komplex: Wenn das Public Viewing in die Kategorie Event fällt, darf die Grenze von 100 Personen in Innen- und 300 Personen in Aussenräumen nicht überschritten werden. Die Zuschauer müssen Abstand halten, Masken tragen und auf einem vom Veranstalter zugewiesenen Platz sitzen. Wenn das Public Viewing jedoch in einem Restaurant, Café oder einer Bar stattfindet, wie es bei allen befragten Oberbaselbieter Betrieben der Fall ist, gelten die oben aufgeführten Regeln der Gastronomie.
Im Notfall über die Strasse
Im Restaurant Roseneck in Gelterkinden wird bei guter Witterung ein Fernseher in die Gartenwirtschaft gestellt, in der 80 Gäste Platz finden, gibt Wirt Sasi Sellathurai Auskunft. Im Aussenbereich dürfen, anders als im Innenbereich eines Gastronomiebetriebs, maximal sechs Personen gemeinsam an einem Tisch bedient werden.
Die beim Sissacher Bahnhof gelegene «Lounge 11» bietet im unüberdachten Bereich eine Grossleinwand an. Zusätzlich habe das benachbarte Geschäft, Maurer Radio Television AG, der Bar angeboten, den grossen Fernseher im Schaufenster nutzen zu können. So können Gäste auf Plätzen, die nicht die beste Sicht auf die eigenen Bildschirme haben, die 90 Minuten eines Spiels über die Strasse verfolgen. Innerhalb der Bar befinden sich zwei Fernseher und dazu eine weitere Grossleinwand.
Das «Lindbergh Pub», ebenfalls in Sissach, ist auch dabei und stellt innerhalb des Lokals einen Fernseher auf, in der Garage nebenan werden mithilfe eines Beamers vor allem die Spiele mit Schweizer Beteiligung auf eine Grossleinwand projiziert. Auch die restlichen Spiele werden gezeigt, sofern sie innerhalb der Öffnungszeiten liegen, sagt Gastronom Lukas Abt.
Zutritt nur mit Registration
Im Liestaler Kulturhotel Guggenheim wird es auch ein Public Viewing geben. Genauer gesagt vor dem Lokal, denn dort wird eine LED-Wand aufgestellt, auf der alle Spiele zu sehen sind. Es wird auch einen Foodcorner geben, an dem sich die Gäste verpflegen können. Auch kann man im Garten des Cafés nebenbei Fussball schauen, denn dort werden ebenfalls zwei Bildschirme platziert werden.
Was einem beim «Einkehren» in eine Wirtschaft oder eine Bar nicht erspart bleibt, ist die Registrierungspflicht. Durch die Angabe der Kontaktdaten kann bei einer Ansteckung mit dem Virus zurückverfolgt werden, wer mit wem wann wo gesessen ist. Die Bevölkerung habe sich aber im Grossen und Ganzen an die Registrierung gewöhnt, es sei fast schon zur Normalität geworden, findet Eric Rütsche, der Geschäftsleiter des «Guggenheims».
Spurlos gehen die Massnahmen dennoch nicht am Europameisterschaft-Angebot im oberen Baselbiet vorbei: Die Männerriege des Turnvereins Wenslingen kann ihr ursprünglich geplantes Public Viewing im Gemeindesaal nicht durchführen. Aber am Ende ist nicht das Wichtigste, ob die Rot-Weissen in einer Bar, einem Restaurant, einem Café, mit Freunden beim Grillieren oder einfach ganz gemütlich zu Hause auf dem Sofa angefeuert werden. Hauptsache, die Schweizer Nationalmannschaft kommt so weit wie möglich.
Länger feiern während der EM
sda. Baselbieter Gastronomiebetriebe können während der Fussball-Europameisterschaft länger offen halten als üblich. An Spieltagen müssen Restaurants, Bars, Cafés oder Vereinslokale im Innenraum erst um 2 Uhr schliessen. Allerdings seien die Veranstalter von Anlässen sowie die Betreiber von Gastwirtschaften dafür verantwortlich, dass sie und ihre Gäste die geltenden Corona-Schutzmassnahmen einhalten und gebührend Rücksicht auf die weniger fussballbegeisterte Wohnbevölkerung nehmen würden, teilte die Baselbieter Sicherheitsdirektion am Dienstag mit. Auch in Basel-Stadt können Gastronomiebetriebe während der Fussball-Europameisterschaft länger offen halten als sonst üblich. Allerdings gilt im Stadtkanton vom 11. Juni bis 11. Juli eine weniger liberale Praxis. So ist in Restaurants, Bars und Cafés an Spieltagen 15 Minuten nach dem offiziellen Schlusspfiff Feierabend.
24 Teams spielen um den Titel
Gruppe A
Italien
Schweiz
Türkei
Wales
Gruppe B
Belgien
Dänemark
Finnland
Russland
Gruppe C
Niederlande
Nordmazedonien
Österreich
Ukraine
Gruppe D
England
Kroatien
Schottland
Tschechien
Gruppe E
Polen
Schweden
Slowakei
Spanien
Gruppe F
Deutschland
Frankreich
Portugal
Ungarn
24 Teams nehmen in sechs Vierergruppen an der Europameisterschaft teil. Die Gruppensieger sowie die Gruppenzweiten stehen sicher in den Achtelfinals. Von den sechs Gruppendritten qualifizieren sich zudem die vier Besten ebenfalls für die Runde der letzten 16 und treffen auf einen Gruppensieger.
Die Gruppenphase startet mit dem Eröffnungsspiel zwischen der Türkei und Italien morgen um 21 Uhr und dauert bis zum 23. Juni. Vom 26. bis 29. Juni finden täglich zwei Achtelfinals statt, am 2. und 3. Juli je zwei Viertelfinals. Nach je einem Halbfinal am 6. und 7. Juli folgt am Sonntag, dem 11. Juli, das Finalspiel im Wembley-Stadion.
Das Schweizer Kader
Tor: Yvon Mvogo (27 Jahre alt, spielt bei Eindhoven, 4 Länderspiele, 0 Tore), Jonas Omlin (27, Montpellier, 2, 0), Yann Sommer (32, Mönchengladbach, 61, 0).
Verteidigung: Manuel Akanji (25, Dortmund, 29, 0), Loris Benito (29, Bordeaux, 12, 1), Eray Cömert, 23, Basel, 6, 0), Nico Elvedi (24, Mönchengladbach, 26, 1), Jordan Lotomba (22, Nizza, 2, 0), Kevin Mbabu (26, Wolfsburg, 12, 0), Becir Omeragic (19, Zürich, 4, 0), Ricardo Rodriguez (28, Torino, 81, 9), Fabian Schär (29, Newcastle, 60, 8), Silvan Widmer (28, Basel, 16, 1).
Angriff: Breel Embolo (24, Mönchengladbach, 43,5), Christian Fassnacht (27, Young Boys, 8, 3), Edimilson Fernandes (25, Mainz, 22, 2), Remo Freuler (29, Bergamo, 29, 3), Mario Gavranovic (31, Dinamo Zagreb, 30, 14), Admir Mehmedi (30, Wolfsburg, 74, 10), Haris Seferovic (29, Benfica Lissabon, 74, 21), Xherdan Shaqiri (29, Liverpool, 91, 23), Djibril Sow (24, Frankfurt, 16, 0), Ruben Vargas (22, Augsburg, 12, 2), Granit Xhaka (28, Arsenal, 94, 12), Denis Zakaria (24, Mönchengladbach, 32, 3), Steven Zuber (29, Frankfurt, 37,8).
Der Schweizer Weg
wis. Die Schweiz startet am Samstag um 15 Uhr gegen Wales in die EM. Die Waliser sind auf Rang 17 des Fifa-Rankings vier Plätze hinter der Schweiz klassiert, haben aber an der Europameisterschaft 2016 mit der Halbfinalqualifikation auf sich aufmerksam gemacht und mit Gareth Bale einen Spieler von Weltformat in ihren Reihen. Das Spiel findet im aserbaidschanischen Nationalstadion in Baku statt.
Für das zweite Spiel am kommenden Mittwoch (21 Uhr) reist das Team von Vladimir Petkovic nach Rom. Gegner Italien ist nicht nur klarer Favorit in der Gruppe A, sondern kann die Gruppenspiele vor eigenem Publikum im Olympiastadion absolvieren. Die Italiener sind im Fifa-Ranking auf Rang 7 klassiert und gelten als Aussenseitertipp auf den Europameistertitel: Das Kader ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich verjüngt und hat in den zehn Qualifikationsspielen nicht nur zehn Siege gesammelt, sondern bei nur 4 Gegentoren 37 eigene Treffer erzielt.
Im Gegensatz zu den Italienern heisst es für die Schweiz danach wieder: Ab zum Flughafen. Spiel 3 findet am 20. Juni (18 Uhr) wieder in Baku statt. Mit Fifa-Rang 29 ist Gegner Türkei Aussenseiter in der Gruppe – wenn auch einer, der von den aserbaidschanischen Fans viel Unterstützung erfahren dürfte.
Falls sich die Schweiz für die EM 2024 qualifiziert, ist zumindest eins sicher: Mit Deutschland als Gastgeberland muss das Team sicher weniger reisen.