Die Lockrufe der Bürgergemeinde
10.06.2021 ArisdorfVergünstigtes Bürgerrecht soll zu neuen Impulsen verhelfen
Mit einer vergünstigten Einbürgerung möchte die Bürgergemeinde Arisdorf in diesem Sommer wachsen und erhofft sich so jüngere Mitglieder – und vor allem Impulse für das Leben in ...
Vergünstigtes Bürgerrecht soll zu neuen Impulsen verhelfen
Mit einer vergünstigten Einbürgerung möchte die Bürgergemeinde Arisdorf in diesem Sommer wachsen und erhofft sich so jüngere Mitglieder – und vor allem Impulse für das Leben in Arisdorf.
Jürg Gohl
Nein, als Hilfeschrei sei das nicht zu verstehen, sagt Thomas Wellauer, der Präsident der Bürgergemeinde Arisdorf. Diese erlässt unter dem Slogan «Mein Wohnort – Mein Bürgerort» einen Aufruf an alle Einwohnerinnen und Einwohner, für die Arisdorf vom Wohnort zur Heimat geworden ist, sich auch einbürgern zu lassen. Das geschehe «schnell und unkompliziert», fügt die Behörde in ihrem Aufruf noch an. Mit dem Bürgerrecht verleihe man auch «der Verbundenheit zu unserem Dorf» Ausdruck. Eine um 400 Franken vergünstigte Aufnahmegebühr soll den Nichtbürgern den Schritt erleichtern. Statt der üblichen 500 Franken pro Familie, Ehepaar oder Einzelperson fordert die Bürgergemeinde nur 100 Franken. Die zusätzlichen Abgaben an den Kanton (250 Franken für Baselbieter Bürgerinnen und Bürger, 300 Franken für Schweizer, dazu 40 Franken pro weiteres Familienmitglied) bleiben bestehen.
Keine finanzielle Absicht
Diese Einbürgerungsoffensive ist bis zum 31. August befristet und richtet sich an Personen, die bereits das Schweizer Bürgerrecht besitzen und seit mindestens sechs Jahren in Arisdorf leben. Das Gesuch wird zuerst vom Bürgerrat geprüft und danach an die kantonalen Behörden weitergereicht. Abschliessend befindet die Bürgergemeindeversammlung über die Aufnahme. Diese dürfte aber nur Formsache sein, zumal die Idee zur Einbürgerungsaktion von verschiedenen Einwohnerinnen und Einwohnern, auch nicht eingebürgerten, vorgebracht wurde. Dabei ging es ihnen nicht um Wachstum und schon gar nicht darum, ein Zusammenlegen mit der Einwohnergemeinde, wie das andernorts diskutiert wird oder bereits vollzogen wurde, zu verhindern. In Arisdorf steht die Bürgergemeinde finanziell auf gesunden Beinen. Neben Wald, Kulturland und Forstgebäuden besitzt sie etwa eine Überbauung. Zudem spült die Liestaler Deponie Höli, die gerade ins Visier der nationalen Wettbewerbskommission geraten ist und deren Zufahrt über Arisdörfer Boden führt, regelmässig Geld in den Beutel der Bürgergemeinde.
So kann sie immer wieder Dorfvereine und spezielle Projekte sowie die alljährliche Produktion der «Theatermühle» unterstützen. Zum Beispiel: 10 000 Franken gingen im Jahr 2017 an eine Trockenmauer, die der Verein «Leben in Arisdorf» realisierte und die 165 000 Franken kostete. Und als die Einwohnergemeinde 2009 ihre Heimatkunde herausgab, fügte ihr die Bürgergemeinde selbstbewusst ein Zwillingsbuch vom fast gleichen Umfang über sich selbst an.
Der reine Waldwirtschaftsbetrieb schliesst einmal mit einer schwarzen, einmal mit einer roten Null ab. Und die Bürgergemeinde kann noch damit prahlen, mit Myrtha Kuni die erste Bürgerrätin des ganzen Kantons ins Amt gewählt zu haben. Das Buch mit dem Titel «Septemberträume» mit Arisdörfer Geschichten, das Myrtha Kuni als Quereinsteigerin verfasste, wurde selbstverständlich ebenfalls finanziell unterstützt.
Mehr Sauerstoff
Der Hauptgrund für die Einbürgerungsaktion ist anderswo zu suchen. Das Stichwort «Impuls» bringt es am besten auf den Punkt. Wellauer erhofft sich von den Neuaufnahmen vor allem eine Verjüngung der Bürgergemeinde und Sauerstoff für das Dorfleben. Abgesehen vom traditionellen Turnverein und dem genannten «Leben in Arisdorf» lahmt das Vereinsleben ein wenig, das für Betrieb im Dorf sorgen soll. Die Jodler etwa fusionierten 2015 mit den Liestalern und sind jetzt ganz verschwunden.
Vom Aufruf, der wegen der Pandemie auf dieses Jahr verschoben wurde, erhofft sich Wellauer nicht bloss jüngere Leute, sondern vor allem solche, «die sich fürs Dorf engagieren» wollen, wie er sagt. Er selbst könnte gleich als Beispiel dienen: Bei der letzten landesweiten Einbürgerungsaktion zum Landesjubiläum erwarb der heutige Präsident im Jahr 1991 selber das Arisdörfer Bürgerrecht.