Zu «exotische» Steuerkurve anpassen
28.05.2021 Politik«Dem Kanton Baselland laufen die guten Steuerzahler davon», lautete kürzlich eine Schlagzeile in der «Basler Zeitung». Die Erträge aus den Einkommenssteuern würden gemäss Jahresbericht 2020 des Regierungsrats abnehmen, obwohl die Zahl der Einwohnerinnen ...
«Dem Kanton Baselland laufen die guten Steuerzahler davon», lautete kürzlich eine Schlagzeile in der «Basler Zeitung». Die Erträge aus den Einkommenssteuern würden gemäss Jahresbericht 2020 des Regierungsrats abnehmen, obwohl die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner zunimmt. Schuld daran dürften Wegzüge sein, denn gut Verdienende bezahlen im Baselbiet im interkantonalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Einkommenssteuern. Bei den Vermögenssteuern steht das Baselbiet ähnlich da: Auch sie sind im interkantonalen Vergleich relativ hoch. Diese beiden Faktoren erzeugen gemäss Regierungsrat einen Sog in die steuerlich attraktiveren Nachbarkantone.
Nicht nur die Erkenntnisse aus dem Jahresbericht sollten uns zu denken geben. Aus dem interkantonalen Wettbewerbsindikator, den die UBS alle zwei Jahre veröffentlicht, wissen wir schon länger, dass das Baselbiet beim Kostenumfeld und beim Arbeitsmarkt deutlich schlechter abschneidet als die meisten Kantone, nämlich im Rang 21. Und dies, obwohl wir über eine sehr gut funktionierende Wirtschaftsstruktur, grosse Innovationskraft und gute Erreichbarkeit verfügen. Unser Kanton würde sich deshalb in einer hervorragenden Ausgangslage befinden, um zu den wettbewerbsfähigsten Kantonen in der Schweiz zu gehören. In Realität werden diese Vorteile jedoch zu wenig genutzt, wie die schlechte Ausgangslage beim Kostenumfeld und bei den Fachkräften zeigt. Zu einer Verbesserung des Kostenumfelds für Unternehmen wird die sich in Umsetzung befindende Steuerreform 17 beitragen.
Im Jahresbericht hält der Regierungsrat aber auch den Handlungsbedarf bei den natürlichen Personen fest. Konkret kündigt er eine Einkommens- und Vermögenssteuerreform an. Die steile Progression der Steuerkurve soll im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten etwas abgeflacht werden.
Diese Reform wird komplex und auch in der politischen Diskussion alles andere als einfach. Die Linke kündigt denn auch schon vehementen Widerstand an. Dabei vergessen die linken Parteien die spezielle Situation, die das Baselbiet bei den natürlichen Personen hat. Neben der steilen Progression der Steuerkurve werden tiefe Einkommen gar nicht oder nur sehr schwach besteuert.
Mit der letzten grossen Steuergesetzesrevision für natürliche Personen im Jahr 2007 wurden Familien und Personen mit tiefen Einkommen um rund 40 Millionen Franken Einkommenssteuern beim Kanton und um 24 Millionen Franken bei den Gemeinden entlastet. So bezahlt heute eine Familie mit zwei Kindern dank des Kinderabzugs vom Steuerbetrag mit bis zu 51 500 Franken steuerbarem Einkommen keinerlei Einkommenssteuern mehr. Insgesamt sind es rund ein Fünftel, also 20 Prozent der steuerpflichtigen Personen, die im Baselbiet gar keine Steuern mehr bezahlen. Dass tiefe Einkommen entlastet wurden, ist eine gute Sache. Wenn wir im Baselbiet aber mittel- bis langfristig die gut situierten Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verlieren, kommt unser Kanton in ein strukturelles Ungleichgewicht, das nur sehr schwer wieder zu ändern ist. Nutzen wir also die an sich gute Ausgangslage bei den Standortfaktoren unseres Kantons und korrigieren wir vorausschauend und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten die – Zitat «Basler Zeitung» – «exotische Steuerkurve». Davon profitieren letztlich alle im Baselbiet.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.