Kanton testet KI-Bot – mit Vorsicht
15.07.2025 BaselbietPilotprojekt beschränkt sich bewusst auf drei Themenbereiche
Der Kanton Baselland hat einen KI-Chatbot auf seiner Website lanciert. Das Pilotprojekt soll die Zugänglichkeit der Verwaltung verbessern. Der Kanton geht bewusst behutsam vor: Das Dialog-Programm kennt sich nur in ...
Pilotprojekt beschränkt sich bewusst auf drei Themenbereiche
Der Kanton Baselland hat einen KI-Chatbot auf seiner Website lanciert. Das Pilotprojekt soll die Zugänglichkeit der Verwaltung verbessern. Der Kanton geht bewusst behutsam vor: Das Dialog-Programm kennt sich nur in drei Bereichen aus und warnt Nutzer vor seinen Grenzen.
Peter Sennhauser
Der KI-Bot des Kantons Baselland (eine Art Dialog-Programm, das auf schriftliche Fragen in einem Chat-Fenster auf der Website Antworten gibt) tritt bewusst bescheiden auf: Er kennt sich nur in drei Themenbereichen aus und warnt die Nutzer gleich selbst vor seinen Grenzen. «Nicht immer richtig» steht prominent auf der Informationsseite. Seit April läuft der Pilotversuch, bei dem die Baselbieter Verwaltung testet, ob künstliche Intelligenz den Zugang zu Behördeninformationen verbessern kann.
Der Chatbot soll «die Nutzerinnen und Nutzer der kantonalen Internetseite schneller zu den gesuchten Inhalten führen», erklärt der zweite Landschreiber Nic Kaufmann auf Anfrage. Anders als bei einer herkömmlichen Suchmaschine können Bürger ihre Fragen in natürlicher Sprache stellen und erhalten Antworten, die aus den Inhalten der kantonalen Website generiert werden. Damit ist aber bereits Schluss mit «Generativer KI», also derjenigen Form von Künstlicher Intelligenz, die aus erlerntem Wissen Neues schafft: Der Bot soll und darf weder selber Lösungen «kreieren» noch das Wissen interpretieren, das ihm zur Verfügung steht. Moderne «Reasoning»-KI-Sprachmodelle sind dazu durchaus in der Lage.
Die Abgrenzung zur klassischen Suchfunktion ist dennoch strategisch: Während eine Suchmaschine Dokumente und Links auflistet, versucht der KI-Bot, eine direkte Antwort zu formulieren. «Neben der themenbasierten Navigation, der bisherigen Suchfunktion und der organisationsorientierten Suche soll damit eine weitere Möglichkeit für eine bessere Nutzung der Internetseite geschaffen werden», betont Kaufmann.
Beschränkter Wissensbereich
Derzeit beschränkt sich der Bot auf wenige Bereiche: Personalwesen, Passbüro, Gesetzessammlungen, Beglaubigungen und Apostillen. Diese Beschränkung ist bewusst gewählt, um die Pilotphase überschaubar zu halten und die Funktionsweise zu testen. «Der Pilot bedient sich klar hinterlegter Bereiche», sagt Kaufmann.
Das unterscheidet den Baselbieter Ansatz von umfassenderen KI-Projekten anderer Kantone. Technisch basiert der Baselbieter Bot auf «ChatGPT» von «OpenAI», die Datenverarbeitung erfolgt jedoch vollständig in der Schweiz. «Die Daten, einschliesslich der schriftlichen Dialoge mit dem Chatbot, werden in der ‹Google Cloud› in Zürich gespeichert», erklärt Kaufmann. «Die Verarbeitung durch das KI-Modell erfolgt in der ‹Microsoft Azure Cloud› mit dem Standort ‹Switzerland North›.»
Diese Lösung trägt den Datenschutzbedenken Rechnung, die bei KI-Anwendungen in der öffentlichen Verwaltung zentral sind. Eine aktuelle Comparis-Umfrage zeigt, dass 58 Prozent der Schweizer keine Gesundheitsdaten und 54 Prozent gar keine persönlichen Informationen an KI-Chatbots weitergeben wollen.
Datenschutz als Grundprinzip
Kaufmann betont, dass ausschliesslich öffentlich verfügbare Informationen verwendet werden. «Es handelt sich um öffentliche Daten, und die Nutzenden werden darauf hingewiesen, dass sie keine sensiblen Daten preisgeben sollen», so die Antwort auf Datenschutzfragen. Eine besondere technische Lösung sorgt für Anonymität: Bei jedem Zugriff wird eine zufällig generierte Sitzungsnummer vergeben, die nicht mit der IP-Adresse (dem Internet-Anschluss) der Nutzenden verknüpft werden kann. Texteingaben werden nur beim ersten Mal gespeichert und nach spätestens sechs Monaten gelöscht.
Gegen Manipulation und Missbrauch setzt der Kanton auf mehrschichtige Sicherheitssysteme. «Das Verhalten des Chatbots wird durch einen sorgfältig gestalteten Initial-Prompt gezielt eingeschränkt, um unerwünschte oder potenziell schädliche Interaktionen zu vermeiden», erklärt die Landeskanzlei. «Zusätzlich sorgt ein automatisiertes Content-Filtering-System dafür, dass unangemessene oder gefährliche Inhalte erkannt und blockiert werden.»
Anders als oft vermutet, steht bei dem Pilotprojekt nicht die Kosteneinsparung im Vordergrund. «Der Fokus liegt auf der Multi-Channel-Strategie und der Nutzerzentrierung. Im Zentrum steht der Kundinnen- und Kundennutzen und weniger allfällige Kosteneinsparungen», betont die Landeskanzlei.
Keine rechtlichen Auskünfte
Ein zentrales Element des Pilotprojekts ist die Qualitätskontrolle. «Der Pilotbetrieb wird durch die zuständigen Fachabteilungen ausgewertet. Zudem werden die Nutzenden um ein Feedback gebeten», erklärt die Landeskanzlei. Eine entsprechende Umfrage ist geplant.
Bei der kritischen Frage nach falschen Rechtsauskünften ist die Strategie klar: «Es werden keine rechtlichen Auskünfte erteilt», betont die Verwaltung. Ein Disclaimer weise darauf hin, dass der Bot einen limitierten Wissensumfang habe und bei Unsicherheiten Kontakt mit Kantonsmitarbeitenden aufgenommen werden solle.
Paradoxerweise lernt der Baselbieter KI-Bot nicht aus den Gesprächen mit den Bürgern. «Der zurzeit eingesetzte KI-Bot hat keine Lernfunktion», stellt die Landeskanzlei klar. Verbesserungen erfolgen über manuelle Anpassungen durch die Fachabteilungen.
Diese bewusste Beschränkung zeigt den vorsichtigen Ansatz des Kantons. Während andere Anbieter bereits über 200 Kundenprojekte in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt haben, tastet sich Baselland langsam an die neue Technologie heran.
Der Trend zu KI-Chatbots in der öffentlichen Verwaltung ist schweizweit erkennbar. Der Kanton Zürich führt eine umfassende Innovation-Sandbox für KI-Projekte und hat bereits KI-gestützte Triage-Systeme für Kantonsratsanfragen getestet. Auch die Stadt Bern setzt seit längerem erfolgreich einen Chatbot für Entsorgungsfragen ein, der in etwas mehr als einem Jahr über 33 000 aktive Sitzungen verzeichnet hat. In Deutschland testeten bereits verschiedene Kommunen KI-Lösungen, von parlamentarischen Datenabfragen in Berlin bis zu allgemeinen Verwaltungsinformationen in Heidelberg. Eine Evaluation des Pilotversuchs im Baselbiet ist für die nächsten Monate geplant. Ob und wie der Bot ausgebaut wird, hängt von den Nutzererfahrungen und dem gemessenen Mehrwert ab.