Hunderte Gräber und ein Streithammer
26.06.2025 Aesch, Region, Baselbiet, NaturArchäologie Baselland präsentiert Jahresbericht 2024
Die Archäologie Baselland stellte gestern den Bericht über ihre Arbeit im vergangenen Jahr vor. Im Oberbaselbiet stechen die Bauforschung bei Liegenschaften in der Liestaler Rathausstrasse und der Fund eines ...
Archäologie Baselland präsentiert Jahresbericht 2024
Die Archäologie Baselland stellte gestern den Bericht über ihre Arbeit im vergangenen Jahr vor. Im Oberbaselbiet stechen die Bauforschung bei Liegenschaften in der Liestaler Rathausstrasse und der Fund eines Streithammers bei der Farnsburg hervor.
Tobias Gfeller
Was bisher nur aus dem Oberbaselbiet – insbesondere aus dem Waldenburgertal – und aus dem Laufental bekannt war, hat die Archäologie Baselland im vergangenen Jahr bei der Bauforschung der Liegenschaft in der Rathausstrasse 52 in Liestal im Rahmen eines Umbaus gefunden. Konkret geht es um ein Brettschindeldach, im Volksmund «Tätschdach» genannt. Spuren an einer Wand zeigten eine auffällig flache Dachneigung, was auf eine ursprüngliche Belegung mit Brettschindeln schliessen lasse, erklärte Andreas Fischer, Leiter Archive und Öffentlichkeitsarbeit bei der Archäologie Baselland, gestern an der Jahresmedienkonferenz in Aesch. Für Liestal war der Nachweis des Brettschindeldachs eine Premiere. Datiert wurde die spezielle Dachkonstruktion auf das Jahr 1504.
An der Liegenschaft in der Rathausstrasse sind Spuren von mehreren historischen Ereignissen der Stadt Liestal zu erkennen. Über mehrere Stockwerke hinweg wurden in einer Wand Brandrötungen festgestellt, die gemäss Untersuchungen von der Niederbrennung des Städtchens durch Herzog Leopold von Habsburg-Österreich aus dem Jahr 1381 stammen. «Man konnte sogar Holzkohlereste aus dem Mörtel herausholen», verrät Andreas Fischer. Das zeige, dass die Grundstruktur der Stadt Liestal schon früh gestanden haben muss. Geändert habe sich später vorwiegend die Parzellierung der Gebäude, so Fischer.
Überrascht waren die Forscherinnen und Forscher von den geschwärzten Holzbalken, die von einem offenen Feuer stammen müssen. Es sei wahrscheinlich, dass hier schon früh ein Betrieb untergebracht war – zum Beispiel eine Bäckerei oder eine Werkstatt. Jahrhunderte später kaufte ein polnischer Offizier die Liegenschaft. Mit seiner militärischen Erfahrung unterstützte er im Jahr 1833 die Baselbieter im Kampf gegen die Städter.
«Eine grausame Waffe»
Für Aufsehen sorgte im Mai vergangenen Jahres der Fund eines Kopfes eines Streithammers unweit der Burgruine Farnsburg. Gefunden wurde das knapp 16 Zentimeter grosse Metallobjekt durch den ehrenamtlichen Mitarbeiter der Archäologie Baselland Daniel Erny.
Streithämmer kamen im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert vor und wurden an Lanzen befestigt. Andreas Fischer sprach von einer «grausamen Waffe», da mit ihr Gegner schwer verletzt oder sogar getötet werden konnten.
Der bei der Farnsburg gefundene Streithammer verfügt über eine kleine Spitze, damit die Gegner trotz verstärkter Schutzausrüstung verletzt werden konnten. Die Spitzen der Streithämmer wurden immer grösser. «Bessere Verteidigung benötigt bessere Waffen und umgekehrt. Die Entwicklung geht ja immer weiter», meinte Andreas Fischer.
Frühmittelalterliches Gräberfeld
Den Fokus der Jahresmedienkonferenz legte die Archäologie Baselland auf ein seit den 1950er-Jahren bekanntes Gräberfeld aus dem Frühmittelalter in Aesch. Im vergangenen Jahr konnten dank des Abrisses einer Liegenschaft weitere Gräber freigelegt werden. Kantonsarchäologe Reto Marti hob die hohe Qualität der Grabungen hervor.
Wie schon bei früheren Ausgrabungen von Gräbern in Aesch entdeckten Archäologinnen und Archäologen auch dieses Mal bei einem Skelett eine detailliert verzierte Gürtelgarnitur. Obwohl der Gürtel zur Reinigung noch im Salzwasser liegt, konnten die Zeichnungen auf Röntgenbildern in groben Zügen festgestellt werden. Die Qualität der Ausgrabungen in Aesch sei im germanischen Raum einzigartig, betonte Reto Marti.
Seit Beginn der Ausgrabungen wurden in Aesch rund 100 Gräber entdeckt. Reto Marti geht davon aus, dass es insgesamt mehrere Hundert oder sogar Tausend Gräber sein könnten. Klar ist: Die Grabstätten in Aesch haben archäologisch weit über das Birstal hinaus eine grosse Bedeutung.