Begegnungszonengraben zieht sich durchs Dorf
19.06.2025 Bezirk Sissach, Bauprojekte, Baselbiet, SissachKnappe Mehrheit für Sanierung des Strassenbelags im Zentrum
Die Gemeindeversammlung hat beschlossen, den Belag in der Sissacher Begegnungszone teilweise zu erneuern. Der Plan der Gegner der Vorlage, auf die Reparatur zu verzichten und stattdessen die Gesamtsanierung anzugehen, ging fast auf: Nur zwei Stimmen fehlten.
Christian Horisberger
Wer die Sissacher Gemeindeversammlung öfter besucht, stellt fest, dass viele Teilnehmende so sitzen, wie sie stimmen. Die Befürworter von tendenziell «linken» Anliegen sitzen mehrheitlich links vom Mittelgang, rechts wird eher bürgerlich abgestimmt. So deutlich wie wohl noch nie kam dies am Dienstag bei der Abstimmung über den Kredit von 191 000 Franken für die Sanierung des Belags in der Begegnungszone zum Ausdruck. Fast alle Ja-Stimmen wurden in der rechten Saalhälfte gezählt, die Gegner der Vorlage sassen links vom Mittelgang, dem «Begegnungszonengraben». Die Abstimmung ging knapp aus: Mit 30 gegen 28 Stimmen bei 7 Enthaltungen obsiegte der Antrag des Gemeinderats zugunsten der Sanierung.
Vor dem Entscheid wurde munter über die Belagssanierung diskutiert. Strassenchef Stephan Marti hatte zum Vorhaben in der Begegnungszone, die er wohl wegen der oft hitzigen Debatten ironisch als eines seiner Lieblingsthemen bezeichnete, dargelegt, dass es in erster Linie darum gehe, die zentrale Entwässerungsrinne in der Strasse vor Schäden zu schützen. Dies mit dem Entfernen der Granitplatten und dem Ersatz des Strassenbelags auf einer Breite von je 1,2 Metern beidseits der Rinne auf der ganzen Länge des «Strichcodes» (die «Volksstimme» berichtete). Damit hätten die fortwährenden Flickarbeiten, die der Werkhof am Belag ausführen müsse, ein Ende; die neue Deckschicht würde mindestens zehn Jahre halten.
Dass dort «etwas gehen muss», bestätigte der frühere Sissacher Werkhof-Chef Max Huber. Die gut funktionierende Ablaufrinne müsse geschützt werden.
Lieber Gesamtsanierung
Werde auf die Sanierung verzichtet, bestehe das Risiko, dass die gesamte Strassenentwässerung ersetzt werden müsse, was doppelt so viel kosten würde wie jetzt die Sanierung, warnte Stephan Marti. Seine Rechnung überzeugte nicht alle Anwesenden. Im Namen der Mehrheit der Energie- und Abfallkommission empfahl Mitglied Stephan Klee den Verzicht auf die beantragte Belagssanierung. Stattdessen sei die Planung der Totalsanierung mit einer Entsiegelung und Begrünung der Begegnungszone rasch anzugehen. «Wir befürchten, dass diese Bestrebungen nach der Sanierung nach hinten geschoben werden.»
Auch Stefan Zemp (SP), welcher der neu gebildeten «Temporären Arbeitsgruppe Neugestaltung Begegnungszone» angehört, zieht eine langfristige Lösung einem «Provisorium» vor und bat die Versammlung um Geduld: Auf der Basis der Arbeit seiner Kommission werde wohl in zwei bis drei Jahren ein Gesamtprojekt für die Begegnungszone vorliegen. Bis dahin solle der Werkhof weiterhin die auftretenden Schäden punktuell ausbessern. Dem Szenario mit der Abflussrinne, die bei weiteren Beschädigungen der Strasse vollumfänglich ersetzt werden müsste, wollte Zemp keinen Glauben schenken. Die Rinne bestehe aus Chromstahl und könne geschweisst werden.
Gemeinderat Marti betonte, dass die zur Debatte stehende Massnahme den Bereich in der Strassenmitte betreffe. Die erwähnten Aufwertungen hingegen würden am Rand und nicht in der Strassenmitte vorgenommen. Daher müsse die Sanierung den Aufwertungsmassnahmen nicht im Weg stehen.
Als letzten Trumpf zog Stefan Zemp die Karte «Mega»: Die Veranstalter hätten mit der Begrünung der Begegnungszone von allen Seiten viel Anerkennung erhalten und viele Besucher hätten sich gewünscht, dass das so bleibe. Der Trumpf stach nicht, die Begegnungszone erhält im Herbst im Bereich der Strassenmitte einen neuen Belag. Die Arbeiten erfolgen in vier jeweils eine Woche dauernden Etappen, wobei der Verkehr im betroffenen Abschnitt jeweils im Einbahnverkehr geführt wird.
Viel Baustellenverkehr in Quartier
Kurz zu reden gab ein weiteres Tiefbauprojekt: der Ersatz einer alten Trinkwasserleitung und die Strassenerneuerung eines Abschnitts des oberen Teils des Kienbergwegs für 425 000 Franken. Dies nicht wegen des Projektinhalts, sondern wegen des Verkehrs. Anwohner Max Huber erwähnte, dass der gleichzeitige Baustellenverkehr zweier privater Bauprojekte das Quartier zu stark belasten könnte und regte an, das Vorhaben der Gemeinde, das diesen Sommer angepackt werden soll, zu verschieben. Marti unterstrich dessen Dringlichkeit aufgrund der schadhaften Leitung und des Zeitdrucks auch seitens der Elektra Sissach, die sich an der Baustelle beteiligen werde, um die Kapazität der Stromleitung zu erhöhen und eine neue Trafostation zu bauen. Dies, um privat erzeugten Solarstrom abnehmen zu können. Dem Kredit wurde einstimmig stattgegeben.
Abgeschrieben wurde der Antrag von Sabine Bucher auf Prüfung der Südfassade der Kunsteisbahn als Standort für eine Photovoltaikanlage. Die Abklärungen des Gemeinderats ergaben, dass die Besonnung der Wand zu schwach ist, um für einen Contracting-Partner als Standort für eine Anlage infrage zu kommen. Mit der neuen Sporthalle, dem Werkhof und wahrscheinlich auch dem Kunsteisbahn-Dach verfüge die Gemeinde über attraktivere Flächen. Einige Votanten bedauerten, dass der Gemeinderat das Contracting-Modell eigenen Investitionen oder Genossenschaftslösungen vorzieht.
Die weiteren zur Abstimmung stehenden Geschäfte gaben wenig zu reden, und sie wurden von der mit rund 70 Teilnehmenden schwach besuchten Versammlung durchgewinkt. So die Neufassung des aus dem Jahr 1928 stammenden Marktreglements. Darin sind drei Märkte im Jahr festgeschrieben – im Frühling, Sommer und Herbst. Damit korrigiert der Souverän den Gemeinderatsbeschluss vom Herbst 2023, den schwach besuchten Sommermarkt zu streichen. Philippe Widmer, auf dessen Antrag der Sommermarkt zustande gekommen ist, bedankte sich beim Gemeinderat für das griffige Reglement, das rasch entstanden sei. Nach dem einstimmigen Ja zum Reglement wird 2026 in der Woche vor den Sommerferien nach zweijährigem Unterbruch in Sissach wieder ein Sommermarkt stattfinden.
Explodierende Alterspflegekosten
Bei Ausgaben von gegen 40 Millionen Franken schliesst die Rechnung 2024 dank der Aufwertung des Finanzvermögens und der Auflösung von zwei Fonds mit einer schwarzen Null (die «Volksstimme» berichtete). Finanzchef Dieter Stebler und GPK-Präsident Hubertus Ludwig zeigten sich besonders besorgt über die starke Zunahme der Alterspflegekosten: Innert eines Jahres stiegen diese um 1,2 auf 3,3 Millionen Franken an. Rechnungsprüfer Ludwig deutete an, dass das Sissacher Altersheim einen stattlichen Gewinn mache, und kündigte an, dass seine Kommission helfen wolle, die Situation zu verbessern. «Diese Kostensteigerung ist nicht hinnehmbar», sagte er. Auf das Ergebnis der Bemühungen der RPK darf man gespannt sein.