Frischer als direkt vom Feld sind Erdbeeren nicht zu bekommen

Erdbeerfelder sind besonders bei Familien beliebt. Die Kinder erleben, wo landwirtschaftliche Erzeugnisse eigentlich herkommen, und beim Pflücken können sie hin und wieder eine Erdbeere im Mund verschwinden lassen. Ein Augenschein in Böckten.

Christian Horisberger

«D Ärdbeeri vos Freivogels sind eifach mmmhhh …» wirbt die Gelterkinder Bauernfamilie vom Hof Fluh auf ihrer Website für ihr Self-pic-Erdbeerfeld an der Grenze zwischen Gelterkinden und Böckten. Um herauszufinden, was unter «mmmhhh …» zu verstehen ist, besuchten wir mit einem grossen Tupperware-Becken ausgerüstet das Erdbeerfeld bei den Böckter Tennisplätzen.

Auf dem untersten Teil des Felds befinden sich sechs Personen, unter ihnen ein Mann mit einem kleinen Mädchen. Die Menschen kauern oder stehen über die grünen Stauden gebeugt und suchen zwischen den sattgrünen Blättern nach dem roten Gold: knallroten Erdbeeren, fest, süss, von der Sonne aufgewärmt und damit voll im Geschmack. Dem Reiz, sich eine Erdbeere auf dem Höhepunkt der Reife heimlich in den Mund zu stecken, kann man unmöglich widerstehen. Dessen sind sich die Betreiber des Felds durchaus bewusst. Bei Freveleien werde grosszügig ein Auge zugedrückt, sagt Klara Freivogel. Sie hütet an diesem Samstag das Feld und weist die Kundinnen und Kunden an, in welcher Reihe und auf welcher Höhe in der Gasse sie mit dem Pflücken beginnen sollen.

Freivogel ist auf dem Gelterkinder Hof Fluh, der das Erdbeerfeld betreibt, längst ins zweite Glied zurückgetreten. Das Sagen haben heute ihr Sohn Thomas und dessen Frau Valentine. Die Erdbeeren sind für «Klärli», wie sie in Gelterkinden genannt wird, aber noch immer eine Herzensangelegenheit. Der Anbau sei auf ihre Initiative zustande gekommen, erzählt sie. In den 1970er-Jahren habe sie mit ihrem Mann damit angefangen und die Früchte an den Handel geliefert. Bis zu dem Tag, als ein Händler die Früchte des Gelterkinder Betriebs als «zu rot» taxierte und dafür nur noch einen Bruchteil des normalen Preises zahlen wollte. Der «Fluh»-Bauer machte Absatz kehrt und aus der Not heraus – man setzte die verderbliche Ware an einem improvisierten Marktstand ab – war der Direktverkauf geboren. Das war in den 1980er-Jahren. Es blieb dabei und dem Trend folgend kam vor rund 25 Jahren das Selberpflücken hinzu.

Arbeitsintensive Kultur
Wenn die Früchte reif sind, ist die meiste Arbeit bereits getan: Das Pflanzen im Sommer des Vorjahrs, das Jäten von Hand, das Streuen von Stroh. Diesen Frühling habe man mit Nässe – sogar Matsch – gekämpft. Ist es trocken und heiss wie jetzt, muss auch bewässert werden. Dank der aktuell günstigen Witterung befindet sich die Plantage in einem tadellosen Zustand: keine Nässe, keine Fäulnis, keine Schnecken. Die Früchte sind gross und reichlich.

Im Nu ist das Becken gefüllt. Was für eine Qual, die noch roteren, noch grösseren, und bestimmt noch süsseren Erdbeeren weiter vorne in der Reihe hängen lassen zu müssen … aber an die Kasse! Die geernteten zwei Kilogramm kosten 12 Franken. Kauft man die Erdbeeren gepflückt in der Schale, ist der Preis doppelt so hoch: Eine 500-Gramm-Schale kostet also 6 Franken – gemäss den Empfehlungen des Branchenverbands, wie Klara Freivogel sagt.

Um die Saison möglichst in die Länge zu ziehen, pflanzen die Freivogels vier Sorten mit unterschiedlichem Reifezeitpunkt an. Die ersten Beeren waren vor rund 10 Tagen rot, die letzten werde man bereits in 14 Tagen pflücken können. Wer sich selber davon überzeugen lassen will, was es mit dem «mmmhhh …» auf sich hat, sollte mit einem Besuch auf dem Feld nicht allzu lange warten.

So rot, so süss, so verführerisch

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