Die Kirchenorgel wird nach 20 Jahren einer umfassenden Revision unterzogen

Orgelbauen und -revidieren ist ein eigentliches Kunsthandwerk. Die «Volksstimme» hatte Gelegenheit, einem Fachmann in Bennwil über die Schulter zu schauen.

Elmar Gächter

Dort, wo regelmässig Gottesdienste gefeiert werden, ist es in diesen Wochen weitgehend still, mindestens musikalisch. Anstelle eines mit Frühlingsblumen geschmückten Altartisches beherrschen Werkbank, Werkzeugkisten und verschiedenste Teile aus Holz und Zinn-Blei-Legierungen den Chorraum. Die Pfarrpersonen haben ihren angestammten Arbeitsplatz vorübergehend jenem Fachmann überlassen, der dafür sorgt, dass sich der Raum der St. Martin geweihten Pfarrkirche in Bennwil auch weiterhin mit wunderbaren Klängen füllen lässt. Mit ihrem Alter von bald 60 Jahren ist die Orgel ein eigentlicher Jungspund in diesem sakralen Bau, der am 29. April 1617 bis auf die Grundmauern niederbrannte und 1670 neu erbaut wurde.

Orgelbauer Emanuel Denzler spricht von einer klassischen Pfeifenorgel und nennt sie mit dem schlichten und einfachen Aufbau ein typisches Kind seiner Zeit. «Für uns zählt sie mit ihren 13 Registern, den Klangfarben der Orgel, zu den kleineren Instrumenten, wie sie in vielen Landgemeinden anzutreffen sind. Aber auch sie ist wie alle anderen ein Unikat.» Die weltweit grössten Orgeln weisen weit mehr als 100 Register auf.

Die Orgel der Kirche Bennwil ist 1965 in der Werkstatt der Orgelbau Wälti GmbH in Gümligen erbaut worden, die sie nun nach der letzten Revision vor rund 20 Jahren wieder reinigt und revidiert. Staub und Abnutzung wichtiger Teile können dem Instrument im Laufe der Zeit stark zusetzen und unter anderem seine gute Stimmhaltung gefährden. Es musste auch leichter Schimmelbefall im unteren Teil der Orgel festgestellt werden, was bei Nichtbehandlung zu Problemen geführt hätte.

Um grössere Schäden zu vermeiden, wird die Orgel in ihre Einzelteile zerlegt und gereinigt, so unter anderem alle 878 Pfeifen. Damit diese sauber gestimmt werden können, bestehen sie aus einer weichen Zinn-Blei-Legierung. Blei sei in elektronischen Teilen bereits verboten, glücklicherweise dürfe es zur Herstellung von Orgelpfeifen immer noch verwendet werden, so der Fachmann.

Laut Emanuel Denzler ist die Windlade eines der wichtigsten Teile einer Orgel. «Dort wird der von der Balganlage kommende Orgelwind zu den Pfeifen geleitet. Je nachdem, wie die Orgeltasten bewegt werden und in welcher Kombination die Registerschieber eingeschaltet sind, wird entschieden, welche Pfeifen ertönen sollen. Dies muss alles sehr gut ausgearbeitet werden.» Eine qualitativ hochstehende Orgel aus wertvollen Materialien könne sehr alt werden, die ältesten noch intakten Instrumente datierten aus dem 14. Jahrhundert. Wenn eine Orgel ersetzt werde, liege dies meist nicht am Material, sondern an äusseren Ereignissen wie beispielsweise Mäusen, die es auf das Leder der Blasbälge abgesehen hätten. Ein wesentlicher Faktor sei auch der Zeitgeschmack der Menschen, denn jede Generation bevorzuge ihre eigenen Klänge.

Der Orgelbauer bezeichnet seinen Beruf als Kunsthandwerk. «Im Orgelbau sind verschiedene Berufe in einem einzigen vereint. Man ist hauptsächlich Schreiner, aber auch ein wenig Spengler und Architekt, hat viel mit Physik zu tun und natürlich auch mit Musik. Eigentlich bringt man als einzelner Mensch gar nicht alles zusammen.»

Kein genormter Prozess
Orgelbau sei kein genormter Prozess und erfordere ein enorm breites Wissen. Bei der vierjährigen Lehre mit Blockunterricht im Ausbildungszentrum Arenenberg (TG) geht es um die Grundausbildung. Später im Berufsleben kann man sich in musikalischer oder technischer Richtung weiterbilden. «Heute gibt es noch rund 10 Lernende in der Schweiz, während es zu meiner Lehrzeit gegen zwei Dutzend waren. Man baut heute auch nicht mehr so viele Orgeln wie früher», hält Denzler fest. Dank sehr vielseitiger Grundausbildung sind die Berufsleute auch in andern Branchen sehr willkommen. Zudem sei Orgelbauer kein Beruf, der von Berufsberatern als Erstes empfohlen werde. «Dies wäre auch falsch, denn es braucht neben der handwerklichen Gabe auch eine gesunde Portion Geduld und Ausdauer.»

Emanuel Denzler sieht sich in seinem Beruf vor allem als Techniker. Klangmässig übergibt er für den zweiten Teil der Revision die Verantwortung an einen Arbeitskollegen, der darin über mehr Erfahrung verfügt. Für das Stimmen oder Intonieren der Orgel sei ein sehr feines Gehör nötig, jedoch nicht das absolute Musikgehör, wie so oft vermutet. Dafür brauche es viel Erfahrung und setze Kenntnisse in der Orgelliteratur voraus.

Denzler hat sich nach seiner Ausbildung zum Lehrer für die Zweitausbildung als Orgelbauer entschieden. Nach beruflichen Wanderjahren in den USA und Belgien arbeitet er seit 1999 in der Firma Wälti, wo er sich vor allem am Computer mit der Konstruktion von Orgeln befasst. Die Restauration der Orgel in Bennwil sei für ihn eher eine gern wahrgenommene Abwechslung. «Diese Vielseitigkeit in meinem Beruf macht es für mich ganz besonders interessant. Ich bin mit Leib und Seele Orgelbauer.» Die Arbeiten an der Orgel der Kirche Bennwil, für welche die Kirchgemeindeversammlung einen Kredit von 37 000 Franken gesprochen hat, werden spätestens am 2. Juni abgeschlossen.

Nacht der Kirchen

emg. Am Freitag, 2. Juni, ab 18 Uhr, können sich Interessierte in der Kirche Bennwil über die Revisionsarbeiten informieren lassen und dabei von Orgelbauer Thomas Wälti viel Interessantes über die Orgel erfahren. Der Anlass findet im Rahmen der kantonsweiten Nacht der Kirchen statt.

Wunderbarer Klang aus 878 Pfeifen

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