Ein Unwetter hat am Sonntag die Obstbauern heimgesucht
Etwas mehr als zwölf Stunden nachdem eine Gewitterzelle von Liestal über Sissach hinweg ins Fricktal gezogen ist, ist die Schadenseinschätzung schwierig. Wintersingen, Maisprach und Buus seien schwer getroffen, sagt ...
Ein Unwetter hat am Sonntag die Obstbauern heimgesucht
Etwas mehr als zwölf Stunden nachdem eine Gewitterzelle von Liestal über Sissach hinweg ins Fricktal gezogen ist, ist die Schadenseinschätzung schwierig. Wintersingen, Maisprach und Buus seien schwer getroffen, sagt der Experte vom Ebenrain.
Peter Sennhauser
«Katastrophal» ist das Wort, das David Schneider vom Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung benutzt, um die Hagelschäden zu beschreiben, welche eine massive Gewitterzelle am Sonntagabend hinterlassen hat. Wie bei allen Gewittern habe sich die Entladung lokal sehr unterschiedlich abgespielt. So sei die Region südlich von Liestal zunächst sogar trocken geblieben, während die Zelle kurz darauf bei Bubendorf massiven Hagelschlag gebracht, um dann über Ramlinsburg/Zunzgerberg bis nach Sissach wieder ruhigere Strecken zurückzulegen.
Bei der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung ist nur eine geringe Anzahl Meldungen eingegangen, sagt Sprecher Robin Hediger. Die meisten stammten aus der Region Liestal.
Früchte wurden aufgeschlagen
Extrem hat es dafür den Obstbau in den Dörfern nördlich und östlich von Sissach getroffen. Laut David Schneider sind in Wintersingen, Buus und Maisprach kaum mehr Früchte an den Hochstämmen, in den Kulturen mit Schutznetzen sehe es wohl etwas besser aus, sagt Schneider. Ein genaueres Bild habe er sich noch nicht verschaffen können, die Obstbauern in den betroffenen Gebieten waren noch nicht erreichbar – auch nicht für die «Volksstimme».
Für eine abschliessende, seriöse Einschätzung der Verluste brauche es mehr Daten. Die Früchte, Kirschen wie Zwetschgen, seien aber von den Hagelkörnern nicht nur eingedrückt, sondern entweder von den Bäumen geschlagen oder aufgerissen worden. Zwetschgenbäume, die noch nicht ausgedünnt worden seien, trügen jetzt vielleicht noch ausreichend Früchte, die gerettet werden können, aber die anderen seien wohl einem Totalausfall anheim gefallen. Bei den Kirschen sehe es auch nicht besonders gut aus, sagt Schneider. In den drei stark betroffenen Dörfern seien praktisch alle Früchte von den Bäumen geschlagen worden.
Noch schlimmer scheint es das Fricktal getroffen zu haben. Dort wurden offenbar auch Gebäude und Fahrzeuge durch den Hagel beschädigt. Bei der Aargauer Polizei sind am Sonntag mehr also 150 Schadenmeldungen eingegangen; 22 Feuerwehren waren laut Schweizer Depeschen-Agentur im Einsatz.
Hagel bis 5 Zentimeter
In den Sozialen Medien kursierten zahlreiche Videos und Fotos von teils pingpongballgrossen Hagelkörnern; gemäss den Radar-Karten des Bundeswetterdienstes «Meteoswiss» lagen die Hagelgrössen im Baselbiet allerdings grösstenteils unter dem Durchmesser von einem Zentimeter. Die Grafik zeigt aber östlich von Sissach auch mehrfaches Auftreten von Hagelkörnern in der Klasse bis 5 Zentimeter Durchmesser.
Aussergewöhnlich sei übrigens an diesem Wetterphänomen nichts; dass Anfang Juni mit der Erwärmung und den feuchten Luftmassen heftige Gewitter auftreten, sei meteorologisch normal, sagt Schneider.
Und immerhin: Für den Wein sei dieser Vorfall weniger schlimm, sagt Rebbau-Kommissär Urs Weingartner vom Ebenrain. Die Reben hätten noch nicht einmal geblüht, und das Bedrohliche für den Wein am frühen Hagelschlag sei allenfalls, dass Verletzungen an den Trieben zum Einfallstor für Pilzerkrankungen und dergleichen werden könnten. Angesichts des in den kommenden Tagen weiterhin feuchten Wetters sei dies ein realistisches Szenario.
Da man aber die Ernte ohnehin meistens leicht ausdünnen müsse, seien solche frühen Schäden nicht sehr relevant, wenn es um den Ertrag gehe. Zudem, so Weingartner, könne der Schaden nicht binnen 12 Stunden nach dem Ereignis abgeschätzt werden; das ergebe auch wenig Sinn angesichts des Umstands, dass weitere Gewittertage absehbar seien.